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Nach vierzig JahrenEisdiele „Il Paradiso“ in Much wechselt Besitzer

Lesezeit 3 Minuten
EIne rothaarige Frau mit Brille, Giuseppa Collina, sitzt vor der Eisdiele „Il Paradiso“

Das Eiscafé von Giuseppa Collina war Anziehungspunkt für Generationen von Muchern. Nun macht sie Schluss.

Much verliert eine Instanz: Die Eisdiele „Il Paradiso“ wechselt den Besitzer. Nach vierzig Jahren hört Giuseppa Leanza-Collina auf.

Das muss das Paradies sein: jeden Tag Eis und Cappuccino! Für Giuseppa Leanza-Collina 40 Jahre lang ein Hochgenuss. Nun ist Schluss, sie übergibt „Il Paradiso“ ihren Nachfolgern. Generationen von Muchern hat sie glücklich gemacht, Schüler fütterten einst die Juke-Box mit 50-Pfennig-Münzen, Paare lernten sich hier kennen und lieben.

Doch bevor die 65-Jährige den Bällchenlöffel aus der Hand legt, lädt sie für Sonntag, 26. März, ihre Kunden ein. Es ist ein historisches Datum, erzählt die zierliche Signora. „Am 26. März 1983 haben wir eröffnet, es war schönes Wetter.“ Sie war 25, ihr Mann Bruno 23, Tochter Loredana drei Jahre alt. Das Paar kam aus Köln nach Much, sprang für den Schwager ein, der hatte kurz zuvor ein Café am Kirchplatz eröffnet, dann aber einen Herzinfarkt erlitten und scheute den Stress.

Giuseppa, tätig als Sekretärin, investierte alle Ersparnisse in eine neue Eismaschine. Bruno, ein Büromensch, hatte zuvor in Eissalons der Familie ausgeholfen. Sie fuchsten sich ein. „Die Möbel, die Eistheke übernahmen wir gebraucht, erst später wurde renoviert, dann kauften wir das Haus.“ Zehn Sorten Eis gab es anfangs, 40 Pfennig kostete eine Kugel, 3,50 Mark ein großer Eisbecher. Sie sei die treibende Kraft gewesen, ihr Mann stand eher in der Öffentlichkeit, liebte den Kundenkontakt.

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Fünf Jahre nach Eröffnung wurde Sohn Riccardo geboren. Nach 20 Jahren trennte sich das Paar, Giuseppa Leanza-Collina stemmte den Betrieb allein, unterstützt von den Kindern, der Sohn, ein gelernter Koch, stieg vor vier Jahren voll mit ein, er wolle sich nun beruflich aber anders orientieren: „Er liebt die Natur, will draußen arbeiten.“ Tochter Loredana ist Polizistin. Die 80er- und 90er Jahre seien „golden“ gewesen, „bis der Euro kam“.

Collinas investierten viel Zeit: Sie arbeiteten von Mitte Februar bis Mitte November sieben Tage die Woche, ohne Ruhetag. „La dolce vita“, das süße Leben, bedeutete auch harte Saisonarbeit. „Unser Leben spielte sich hier ab, unser Besuch kam ins Café.“ In der Winterpause fuhren sie nur anfangs nach Italien, zu den Schwiegereltern in die Marken, bis die Tochter in die Schule kam. Urlaub habe sie nur sporadisch gemacht, sagt sie, sei zwar „Italienerin durch und durch“, fahre aber nicht mehr in die alte Heimat. In Much fühle sie sich wohl: „Es ist so ähnlich wie mein Dorf auf Sizilien nahe Catania.“

Angst vor Langeweile? Kennt sie nicht. Leanza-Collina sprüht vor Energie, sie machte, so ganz nebenbei, schon vor Jahren eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin, zur Psychotherapeutin, dann zur Heilpraktikerin, hat eine eigene Praxis. Die zieht nun mit um ins neue Heim nach Much-Feld. Das Haus am Kirchplatz, in dem die Familie auch wohnte, will sie vermieten. Das Eiscafé ist schon verpachtet an ihre Nachfolger. Roxana und Vasile Lazar sprechen zwar Italienisch, stammen aber aus Rumänien. Sie bringen einschlägige Erfahrung mit, die Familie hat drei Eiswagen in Gummersbach.

Einige Sorten, wie Hanuta, Bounty und Rum-Krokant, haben sie neu eingeführt. Die Chefin lobt die Qualität: „Es ist fast besser als meins.“ 24 Sorten umfasste Collinas Theke am Schluss, es gab auch Experimente, die schief gingen, verrät sie schmunzelnd: „Das Ziegenmilcheis schmeckte wohl zu anders, und unser biotonisches Eis, eine Weltneuheit, war zwar gesund, doch die Bakterien darin schreckten viele ab.“

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