Das Leben in Stein gemeißeltPersönlich gestaltete Grabsteine werden beliebter

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Muschelkalk hat der Steinmetz Edmund Heller für den geschwungenen Stein auf dem Grab seiner Eltern verwendet.

Muschelkalk hat der Steinmetz Edmund Heller für den geschwungenen Stein auf dem Grab seiner Eltern verwendet.

Rhein-Sieg-Kreis – Antoine de Saint-Exupérys kleiner Prinz fällt sofort ins Auge. Der Grabstein mit dem Jungen unterm Sternenhimmel ist bunt und mithin eine Ausnahme in den Reihen der zumeist grauen Nachbarn. Doch auch bei diesen Grabmalen herrscht kein Einerlei. Wer aufmerksam über den Friedhof in Hennef-Warth oder andere Friedhöfe geht, entdeckt auf den Steinen neben üblichen Inschriften individuelle Elemente und zunehmend Persönliches.

Das geht hin bis zum Bildnis der oder des Verstorbenen. „In den letzten drei bis fünf Jahren hat sich das gesteigert“, berichtet der Hennefer Steinmetzmeister Edmund Heller von einem Trend. Porträt-Gravuren würden vor allem von aus Ost- und Südeuropa stammenden Kunden nachgefragt, sagt Markus Weisheit, der seine Steinmetz- und Bildhauerwerkstatt in Siegburg hat, bei solchen Wünschen aber abwinkt. Die sogenannten Fotogravuren werden mit Hilfe spezieller Maschinen im Strahlverfahren auf den Stein gebracht.

Mit dem Dremel graviert Steinmetz Dennis Stasiak den polierten Granitstein, sein Chef Edmund Heller schaut ihm über die Schulter.

Mit dem Dremel graviert Steinmetz Dennis Stasiak den polierten Granitstein, sein Chef Edmund Heller schaut ihm über die Schulter.

Hobbys und Berufe verewigt

In Hellers Betrieb wird von Hand graviert. Dennis Stasiak setzt den Dremel an. Mit dem an einen Zahnarztbohrer erinnernden Werkzeug „zeichnet“ er auf Granit die Hände aus Michelangelos berühmtem Deckenfresko „Die Erschaffung Adams“ nach. „Das geht nur auf einem polierten Stein“, erklärt der 33-Jährige. Kreuze und Dürers betende Hände seien klassische Motive. Dazu kämen Bäume und mittlerweile sehr häufig Rosen in allen erdenklichen Varianten. Aber auch Tiere seien gefragt. Eine Eule, die er für ein Grabmal auf dem Uckerather Friedhof graviert habe, sei ihm besonders gut gelungen, erzählt Stasiak.

Prägende Erlebnisse und Reisen

Eine Fotokamera, ein Fußball, ein Motorrad – hier und da lassen Grabsteingravuren auf Dinge und Hobbys schließen, die im Leben der nun auf dem Friedhof Ruhenden eine bedeutende Rolle spielten. Mitunter ist auch der Beruf in Stein gemeißelt. So ist auf dem Niederpleiser Friedhof eine Urnengrabplatte mit einem Taxi zu sehen, woanders ein Traktor oder eine Brille – für einen Landwirt und einen Optiker?

Die Erinnerung an Afrika-Urlaube weckt diese Stelenplatte in Hangelar.

Die Erinnerung an Afrika-Urlaube weckt diese Stelenplatte in Hangelar.

Die erlebnisreichen Urlaube, die sie mit ihrem Mann in Afrika verbracht hat, kamen Ulla Möller-Risto in den Sinn, als sie überlegte, welches Motiv sie wählen könnte. Die Urne mit der Asche ihres Mannes steht in einer Stelenkammer auf dem Hangelarer Friedhof. Die Frontplatte zeigt eine Savanne-Szene mit Silhouetten von Bäumen, Elefanten, Giraffen, Nashorn und Löwe.

Material und Form

Eine Narrenkappe, wie könnte es anders sein, ziert das Grabmal des Anfang vergangenen Jahren gestorbenen Ehrenpräsidenten der Hennefer Karnevalsgesellschaft „Quer durch de Waat“, Heinz Günter Halm. Durch die geschwungene Form und die Art des Steins fällt auf dem Warther Friedhof auch das Grab der Eltern von Steinmetz Edmund Heller auf.

Eine Narrenkappe ziert die Grabplatte des Ehrenpräsidenten der KG „Quer durch de Waat“, Heinz Günter Halm.

Eine Narrenkappe ziert die Grabplatte des Ehrenpräsidenten der KG „Quer durch de Waat“, Heinz Günter Halm.

In Muschelkalk hat er das Thema „Maria, breit den Mantel aus“ umgesetzt. In Schwabstedt/Nordfriesland befindet sich ein anderes außergewöhnliches Grabmal, das der 64-Jährige gestaltet hat: eine „Welle“ aus Cortenstahl mit einem kleinen plätschernden Brunnen davor.

QR-Code im Grabstein

Einen QR-Grabstein hat Heller indes noch nicht angefertigt. Solche kamen in Deutschland erstmals 2012 auf. Der im Grabmal integrierte QR-Code ermöglicht es Friedhofsbesuchern, durch Scannen mit dem Smartphone über das Internet mehr Informationen über einen Verstorbenen nebst Bildern oder gar Videos abzurufen. Ein Ausdruck der allgegenwärtigen Digitalisierungswelle, die abseits der Großstädte jedoch noch an den Grabmalen abprallt.

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Überhaupt kommt die Idee bei den Steinmetzen nicht gut an. „Ein Grabmal kann die Persönlichkeit widerspiegeln“, sagt Markus Weisheit, der die Hinterbliebenen auffordert, Gedanken, Geschichten und Gefühle zu äußern, um Ideen für einen „einzigartigen Grabstein“ entwickeln zu können. Fotogravuren sieht der 54-Jährige skeptisch, „und ein QR-Code kommt schon mal gar nicht in Frage“.

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