Den Fluss entfesselnSieg wird bei Hoppengarten renaturiert – Lebensraum für Tiere

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Mehr Raum zum Mäandern: Die Kölner Bezirksregierung lässt die Sieg bei Hoppengarten renaturieren.

Mehr Raum zum Mäandern: Die Kölner Bezirksregierung lässt die Sieg bei Hoppengarten renaturieren.

  • Um der Sieg wieder mehr Raum zu geben, wird am südwestlichen Flussufer momentan fleißig gebaggert
  • Damit soll auch neuer Lebensraum für Fische und andere Tiere entstehen
  • Die Vergangenheit hat gezeigt, dass solche Renaturierungs-Projekte allerdings nicht immer erfolgreich sind

Windeck – Den Fluss entfesseln, das ist seit Jahren das Konzept der Kölner Bezirksregierung. Die Sieg soll die Möglichkeit bekommen, sich wieder aus ihrem Bett zu bewegen und möglicherweise auch den Flusslauf zu ändern. Bei Hoppengarten wird dieser Plan derzeit mit Baggerschaufeln am südwestlichen Flussufer verwirklicht.

Renaturierung soll Lebenraum schaffen

Mit Wasserbausteinen fixiert, gradlinig und monoton verlaufe der Fluss seit Ausbaumaßnahmen in der 70er Jahren, argumentiert die Bezirksregierung. Die Gewässerbreite variiere kaum, und der Flussabschnitt biete Fischen „keinen geeigneten Lebensraum“, heißt es in einer Mitteilung der Pressestelle.

Um diesen Zustand zu verbessern, sorge die Bezirksregierung für eine Renaturierung und schaffe damit neue Lebensräume. Konkret wird das Bett der Sieg an zwei Stellen mit einer Länge von 50 Metern um zehn bis 15 Meter verbreitert. Das schaffe die „Grundlage für wechselnde Strömungsmuster“.

Erde wurde am Ufer abgebaggert und wenige Meter weiter am Rand des Tales wieder aufgeschüttet.

Erde wurde am Ufer abgebaggert und wenige Meter weiter am Rand des Tales wieder aufgeschüttet.

Die Arbeiten sind bereits weit fortgeschritten. Erde wurde aufgenommen und mit Lastwagen wenige Meter weiter am Rand des Tales wieder aufgeschüttet. Von den Pflanzen ist – wie vorher angekündigt – bis auf einen Streifen unmittelbar am Flussufer nicht viel übriggeblieben. Nichtheimische Knöterichpflanzen wurden gemulcht, damit sich eine Grasnarbe heranbilden kann.

Streitbarer Ort

Einfach hatte es die Obrigkeit mit den Bewohnern des kleinen Dorfes Röcklingen an der Oberen Sieg offenbar nie. Schon im 19. Jahrhundert beugten sich die Bauern dort nicht der Anweisung, die Herchener Siegauen den Landwirten in Herchen zu überlassen.

Sie zogen bis vor das Reichsverfassungsgericht in Leipzig – mit Erfolg, so wird im Dorf erzählt. Vor rund 15 Jahren erhob sich im Ort vehementer Protest, als die Kölner Bezirksregierung in der Sieg Totholz platzieren wollte, um den Fluss zu renaturieren. Der Plan wurde zu den Akten gelegt. Mit dem Spitznamen „Insel Krekelia“ können die Röcklinger seitdem gut leben. (sp)

Diese wiederum soll als Nahrungsgrundlage für Highland-Rinder dienen, die ihrerseits helfen, die Neophyten von diesem Abschnitt der Sieg fernzuhalten. Nach Angaben der Bezirksregierung „hat die Maßnahme nachweislich keinen nachteiligen Einfluss“ auf den Hochwasserschutz des Dorfes Hoppengarten. Der Ort liegt auf der anderen Seite der Siegtalstraße (L 333) oberhalb des anderen Ufers der Sieg .

Fluss hatte füher gleich mehrere Arme

Nach dem Siegufer bei Hoppengarten steht für die Bezirksregierung in den Siegauen zwischen Röcklingen und Herchen das nächste, ungleich größere Projekt auf der Agenda. Dort bietet sich für die Sieg noch mehr Fläche, um das Bett bei Hochwasser zu wechseln. Historische Karten und ein Blick in die Landschaft zeigen, dass der Fluss früher gleich mehrere Arme hatte.

Um ihre Pläne umzusetzen und den Abschnitt der Sieg zwischen Röcklingen und Herchen nach den Vorgaben einer EU-Wasserrichtlinie zum renaturierten „Strahlpunkt“ zu machen, hatte die Bezirksregierung im Zuge einer Flurbereinigung die meisten Grundstücke dort in den Besitz des Landes überführt. Aktuell wurden dort bereits Probebohrungen durchgeführt. Die Bürger wurden darüber informiert, dass zunächst Versorgungsleitungen verlegt werden müssten, bevor die Sieg mehr Raum bekomme.

„Renaturierende Eingriffe“ nicht immer erfolgreich

In Röcklingen wurde das Projekt seinerzeit von einzelnen Dorfbewohnern kritisch gesehen. Bis heute trauen sie den Aussagen der Kölner Bezirksregierung nicht. Deren Eingriffe verliefen nämlich nicht immer erfolgreich, hieß es. Oberhalb des Ortes habe es früher einen Altarm der Sieg gegeben, der damals ideale Laichplätze für die Fische des Flusses geboten habe. Nach „renaturierenden“ Eingriffen der Kölner Behörde sei der Altarm verlandet. Inzwischen hätten Neophyten – also zugewanderte Pflanzen wie Bärenklau und Springkraut – die einstige Idylle überwuchert.

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„Vor ein paar Jahren wurde uns strengstens verboten, am Siegufer zu mähen. Jetzt werden wir um freiwillige Einsätze gebeten, um den Bärenklau zu bekämpfen“, berichtet der Röcklinger Karl-Heinz Andree. Den Kampf gegen das Projekt in der Röcklinger Siegaue hat er inzwischen aufgegeben. Da seien Fristen ungenutzt verstrichen, jetzt sei es zu spät.

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