Infektionen können unter anderem durch zufällige Kotabgabe in der Luft von Zugvögeln auf den Boden in die Betriebe gelangen.
Hühner bleiben länger im StallGeflügelpest bedroht Tierbestände im Rhein-Sieg-Kreis

Die Hühner auf dem Geflügelhof Wirtz dürfen frei herumlaufen. Wenn es regnet, gehen sie in ihren Stall. (Archivbild)
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Der Zug der Kraniche in den Süden ist für viele Menschen das untrügliche Zeichen, dass der Herbst endgültig angekommen ist. Franz-Josef Telohe aus Niederkassel vom Geflügelhof Wirtz erinnert sich noch gut daran, wie sein Vater ihm in Herbst die Tiere hoch am Himmelt zeigte. „Wenn sie früh ziehen, beginnt der Winter eher“, so die alte Bauernregel. Doch in diesem Jahr hat er andere Gedanken, wenn er die Kraniche sieht: „Hoffentlich fliegen sie nicht direkt über meinen Hof.“ Die Vogelgrippe ist im Oktober 2025 ausgebrochen, sie hat Deutschland schon erreicht. Geflügelpest wird sie umgangssprachlich auch genannt. In einem Betrieb in Rees am Niederrhein mussten wegen der Tierseuche knapp 19.000 Puten getötet werden. In Essen meldeten die Behörden bei einer gefundenen toten Kanadagans einen Fall von Vogelgrippe. Im Kreis Soest wurde ein toter Kranich positiv auf die Geflügelpest getestet.
Vögel koten im Fliegen. Ihre Hinterlassenschaften landen am Boden. Ist der Kot mit Krankheitskeimen belastet, ist er eine gefährliche Infektionsquelle. Das Grippevirus überlebt zwar in den Ausscheidungen nicht allzu lange, bei Sonnenschein stirbt es schon nach wenigen Stunden ab. Doch bei bedecktem Himmel dauere es zumindest 24 Stunden, so der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Die Vogelgrippe ist für uns Geflügelzüchter wie ein Damoklesschwert, wir wissen nicht, was nächste Woche ist.
Das genügt, wenn frei laufende Gänse oder Hühner mit infiziertem Kot in Berührung kommen. „Die Vogelgrippe ist für uns Geflügelzüchter wie ein Damoklesschwert, wir wissen nicht, was nächste Woche ist“, schildert Telohe. Die Wasser- und Futtertröge auf den Weiden rund um den Hof wurden zur Vorsicht abgebaut, um keine durchziehenden Vögel anzulocken. Auch die Maisfelder sind inzwischen umgepflügt, damit gefiederte Besucher kein Futter finden.
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Tausend Gänse und 15.000 Hühner sind aktuell von einer möglichen Ansteckungsgefahr betroffen. Der Schaden wäre immens. „Nicht nur, dass wir das Fleisch nicht mehr verkaufen könnten, auch die Lieferung von frischen Eiern würde für mindestens sechs Monate unterbrochen, bis neue Hühnern wieder legefähig sind“, sagt Telohe.
„Dem Veterinäramt sind bislang keine Fälle oder Verdachtsfälle von Vogelgrippe im Rhein-Sieg-Kreis bekannt“, teilt die Pressestelle des Kreises auf Anfrage der Redaktion am Freitagnachmittag, 24. Oktober, mit. Doch die Geflügelzüchter sind wachsam. „Unsere Hühner und Enten konnten bislang schon morgens um 7 Uhr auf die Weiden“, berichtet Telohe. Jetzt werden die Tore erst um 10 Uhr geöffnet. Vorher wird kontrolliert, ob vielleicht in der Nacht verendete Vögel auf den Flächen liegen.

Gänse auf der Weide am Geflügelhof Wirtz. (Archivbild)
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Das Federvieh reagiert ungehalten auf diese längere morgendliche Einstallung. „Die Tiere laufen aufgeregt herum, weil sie rauswollen“, sagt Telohe. Aber in diesem Fall gehe die Sicherheit vor. Eines sei ihm allerdings nicht gelungen: „Mit Einbruch der Dunkelheit geht’s in den Stall, damit die Tiere nachts sicher vor Raubtieren wie zum Beispiel Füchsen sind“, so der Geflügelzüchter. Der Versuch, die Gänse am späten Nachmittag früher in ihr Schlafquartier zu locken, um eine Infektionsgefahr zu senken, sei nicht geglückt.
Bei Wildvögeln sind zurzeit nur Kraniche vom Grippevirus betroffen, teilt die Bundestierärztekammer mit. Telohe geht aber auf Nummer sicher. Wildgänse, die auf den Wiesen rund um seinen Hof Station machen, vertreibt er trotzdem. Eine Infektion, die eine behördlich angeordneter Keulung seiner Tiere nach sich ziehen würde, habe er „zum Glück noch nie gehabt“. Bei der Keulung wird der komplette Tierbestand getötet.
Hygienemaßnahmen: Schutzkittel im Stall tragen und Schuhe bei Betreten wechseln
4000 Hühner leben in Bodenhaltung auf dem Hof von Matthias Trimborn in Lohmar. Auch er achtet auf Hygienemaßnahmen, um das Geflügel vor dem Virus zu schützen. „Bevor der Stall betreten wird, müssen die Schuhe gewechselt und ein Schutzkittel angezogen werden“, so der 48-Jährige zu Maßnahmen, die das ganze Jahr über beachtet werden. Das regelmäßige Wechseln der Fußmatten gehöre ebenfalls dazu. „Der Stall wird wie eine geschlossene Einheit behandelt.“ Dadurch sinke die Infektionsgefahr. Vogelgrippe habe er zum Glück noch nicht auf seinem Hof gehabt.
Die Bundestierärztekammer weist darauf hin, dass es jetzt darauf ankomme, die Weiterverbreitung der Seuche zu minimieren und die Folgen für Handel und Wirtschaft so gering wie möglich zu halten. Zugleich gelte es, unnötiges Tierleid zu verhindern. Nicht nur die mittlerweile regelmäßig auftretenden Ausbrüche der Vogelgrippe stellen die Veterinärverwaltungen vor Herausforderungen. Auch die Afrikanische Schweinepest, Blauzungenkrankheit, der Ausbruch von Maul- und Klauenseuche Anfang des Jahres, Ausbrüche von Lumpy Skin Disease in Frankreich und Italien sind Mahnung für erhöhte Aufmerksamkeit und schnelles Reaktionsvermögen, so die Mitteilung.

