SchlebuschStadt will alte Deponien von Dynamit Nobel kaufen - für zwei Euro

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Nördlich des Willy-Brandt-Rings gegenüber der Einfahrt zum  Hornpottweg  liegt die ehemalige  Petersberger Deponie, sie ist  15 Meter mächtig. Die Stadt will sie kaufen.

Leverkusen – Zwei innerstädtische Grundstücke, zusammen 59 350 Quadratmeter groß, für zwei Euro: Dass daran etwas faul sein muss, kann man eigentlich schon riechen. Das Stichwort riechen ist gar nicht verkehrt, denn das sind zwei alte Müllkippen aus dem Immobilienbesitz der Firma Dynamit Nobel.

Symbolischer Preis

Selbst zu dem symbolischen Preis ist das ein seltsames Geschäft. Die Stadtverwaltung will die Grundstücke dennoch kaufen und möchte die Politik davon am Montag in nichtöffentlicher Sitzung überzeugen. Uns liegen die Papiere vor.

Zum Verständnis muss man die ganze Operation betrachten, die hinter dem Zwei-Euro-Deal steckt, denn die zwei Problemgrundstücke sind quasi eine Dreingabe. Dynamit Nobel will insgesamt vier Grundstücke verkaufen, aber nur im Paket. Für die zwei anderen Grundstücke gibt es andere Käufer, mit denen sich die Verwaltung zusammentun will:

  • Ein Schieß-Gelände im Landschaftsschutzgebiet, das sich der Schießsport-Verein Bayer mit der Leverkusener Jägerschaft an der Kalkstraße teilt. Das wollen die beiden Vereine kaufen, um es weiter nutzen zu können. Der Preis liegt etwas über einer halben Million Euro.
  • Ein Stück Grünfläche und Wald südlich der ehemaligen Feuerwache an der Stixchesstraße, 26 000 Quadratmeter, etwa zu je 58 Cent, das sind reale Preise, die städtische Müll-Gesellschaft Reloga will kaufen. Nutzbar ist es als Grünfläche.
  • Die fast 50 000 Quadratmeter große ehemalige Deponie Petersberg, gelegen zwischen dem Willy-Brandt-Ring, der Eisenbahnstrecke und der Petersbergstraße in Schlebusch. Verfüllt wurde sie seit den 1920er-Jahren bis 1970. Das Resultat: eine 15 Meter dicke Altlast, eine verfüllte Kiesgrube. Diesem Fleckchen Erde bescheinigt die städtische Untere Bodenschutzbehörde (UBB), dass sie „erhebliche Bedenken“ bezüglich des Grunderwerbs habe. Neben viel Bauschutt und Hausmüll, weshalb sich „leicht erhöhte Methan-Gehalte in der Bodenluft“ messen ließen, fanden sich in Proben Teerpappe, Kunststoffe, Straßendecken-Bruch, Schlacke. Das Gutachten bescheinigt lokal deutlich erhöhte Werte an polycyclischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW). Eine potenzielle Gefährdung des Grundwassers könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden, heißt es im Gutachten, das uns ebenfalls vorliegt. Für Menschen gehe erstmal keine Gefahr von der Altlast aus, aber darin zu graben oder darauf zu Bauen gehe keinesfalls.
  • Ein 10 000 Quadratmeter großes Grundstück in Küppersteg mit einer acht Meter mächtigen Altlast unter einer Grünfläche nördlich des Bergsees im Dreieck zwischen der Schlebuscher Straße, der Eisenbahn und der Autobahn 1. Pak fand man auch dort, aber die Kippe ist nicht so giftig wie die Petersberger. Dort lagern Bauschutt, Schlacken, Aschen, Glas, Kohle- und Plastikreste. Eine Gefahr fürs Grundwasser sehen Gutachter dort nicht.

Verwaltung: Es gibt weitere Interessenten

Für das Paket soll es außer der Stadtverwaltung noch weitere Interessenten geben, sagt Dezernent Michael Molitor auf Anfrage. Er wirbt für den Kauf des Pakets. Was hat die Stadt davon? Erstens verlieren Schießverein und die Jäger nicht ihr Gelände, sagt Molitor. Was mit der Wiese südlich der Feuerwache einmal wird, darüber kann man nur spekulieren: Könnte dort später einer Erweiterung des Handwerker-Gewerbegebiets kommen? Dazu äußert er sich nicht.

Molitor sagt, dass Altlasten manchmal besser in städtischem Besitz aufgehoben seien. Falls man irgendwann sanieren müsse, würde die öffentliche Hand bezuschusst.

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Teile der Politik rätseln, weshalb man sich diesen Kauf antun möchte. CDU und SPD und anscheinend auch die FDP sollen offen für eine Zustimmung zu dem seltsamen Kauf sein. Bei anderen Parteien hat man noch Informationsbedarf, weder den Grünen, noch der Bürgerliste oder der Klimaliste genügen die bisherigen Begründungen für eine Zustimmung. Dass die Stadtverwaltung ganz dringend Ausgleichsflächen sucht, damit anderswo Flächen neu versiegelt werden können, ist bekannt. Sollten die Altlasten dafür herzurichten sein, wäre das vielleicht auch ein Grund, den Molitor nicht bestreitet.

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