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Jürgen Kohler im GesprächWie geht es nach seinem Dienstende bei Viktoria Köln weiter?

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Jürgen Kohler

Jürgen Kohler

Zwei Jahre lang hat Jürgen Kohler die U19-Fußballer des FC Viktoria Köln trainiert. Als Interimscoach führte er zudem die Profis der Viktoria in die 3. Liga. Im Gespräch mit Daniel Mertens blickt der 54-Jährige auf diese Zeit zurück.Herr Kohler, wie fällt Ihr Fazit nach der Zeit als Trainer bei der Viktoria aus?Kohler Es waren zwei sehr schöne Jahre. Gerade im ersten Jahr haben wir viele Spieler weiterentwickelt. Die Jungs haben einen großen Schritt nach vorne gemacht und einen tollen Fußball gespielt. Mit Dario De Vita und Timo Hölscher haben im vergangenen Sommer zwei Spieler den Sprung in den Profi-Kader geschafft.Nach dem Aufstieg mit der U19 ist Ihnen mit den Profis der Aufstieg in die 3. Liga gelungen.Das war damals eine ganz schwierige Situation für den Verein, aber auch für mich. Ich wäre der große Verlierer gewesen, wenn es nicht geklappt hätte. Der Aufstieg war extrem wichtig für den gesamten Verein, ein Meilenstein. Wäre es schiefgegangen, würde es die Viktoria in der heutigen Form wohl nicht mehr geben.

Zur Person

Jürgen Kohler, am 6. Oktober 1965 im pfälzischen Lambsheim geboren, kam 2018 zur Viktoria. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn startete Kohler seine Trainerkarriere 2002 als Coach der deutschen U21-Nationalmannschaft.

Es folgte 2004 ein zweijähriges Intermezzo als sportlicher Leiter bei Bayer Leverkusen. Weitere Trainerstationen waren der MSV Duisburg, VfR Aalen, die U19 des Bonner SC, SpVgg. Wirges, SC Hauenstein und der VfL Alfter. In seiner aktiven Karriere spielte Kohler für Waldhof Mannheim, den 1. FC Köln, Bayern München, Juventus Turin  und Borussia Dortmund. Kohler wurde 1990 Welt- und 1996 Europameister. Mit Juve gewann er 1993 den UEFA-Pokal, mit dem BVB 1997 die Champions League. (dm)

Wie konnten Sie damals in der kurzen Zeit noch auf die Mannschaft einwirken?Die Spieler mussten sehr hart trainieren, um die körperliche Frische zu bekommen. Das Team hat super mitgezogen. Zugleich mussten wir im psychologischen Bereich alle Register ziehen.Wo steht die Viktoria heute im Nachwuchsbereich?Durch die Nähe zum 1. FC Köln und zu Bayer Leverkusen ist die Viktoria natürlich im Nachteil. Die Zertifizierung als Nachwuchsleistungszentrum ist ein großer Mehrwert für den Verein. Es gibt jedoch auch strukturelle Probleme, etwa bei der Zahl der zur Verfügung stehenden Fußballplätze.Wäre ein weiteres Engagement von Ihnen bei der Viktoria vorstellbar gewesen?Mir war es wichtig, eine sportliche Perspektive zu sehen. Die Vereinsverantwortlichen und ich haben uns zusammengesetzt, das Für und Wider besprochen und sind gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, die Zusammenarbeit zu beenden.

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Was müsste sich Ihrer Meinung nach grundsätzlich in der Fußball-Ausbildung in Deutschland ändern?Wir müssen mehr auf Individualisierungen setzen. Die Trainer müssen lernen, die Spieler wieder spezieller für ihre Position auszubilden, wenn die Clubs dauerhafte Weltklassespieler formen möchte. Heute muss der Innenverteidiger der erste Spielmacher sein. Dabei darf man aber die Basics nicht vergessen. Ich beobachte heutzutage häufig, dass die Abwehrspieler falsch zum Ball oder zum Gegenspieler stehen.Sind die Spielertypen heutzutage anders als zu Ihrer aktiven Zeit?Bei vielen Spielern fehlt mir die notwendige Fokussierung. Die allermeisten Spieler verschwinden nach dem Training sofort in der Kabine. Kaum jemand bleibt noch auf dem Platz, um freiwillig Sonderschichten zu schieben. Das ist aber genau das, was die Jungs brauchen, um erfolgreich zu werden.Wird den jungen Talenten heutzutage zu viel durch den Verein abgenommen?Ich denke schon. Die Spieler treffen zu wenig eigene Entscheidungen in ihrem Leben. Ich musste damals mein Auto noch selbst anmelden und saß nach dem Umzug persönlich beim Einwohnermeldeamt. Den Spielern heute wird zu wenig Eigenverantwortung gegeben.Wie geht es für Sie in der kommenden Saison weiter?Ich bin relativ offen. Im Junioren-Bereich käme nur ein Bundesligist in Betracht. Dort finde ich als Trainer bessere Voraussetzungen vor, um eigene Ideen umsetzen zu können. Grundsätzlich muss mir die Arbeit Spaß machen. Ich habe bei der Viktoria aber nicht aufgehört, weil ich schon etwas anderes in der Hinterhand habe.