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Eklat bei KongressNach UEFA-Boykott – Wie reagiert FIFA-Boss Infantino?

Lesezeit 3 Minuten
UEFA-Chef Ceferin (l.) und FIFA-Boss Infantino haben Gesprächsbedarf.

UEFA-Chef Ceferin (l.) und FIFA-Boss Infantino haben Gesprächsbedarf.

Geschlossen verlassen Europas führende Fußball-Funktionäre den FIFA-Kongress. Jetzt muss Infantino zeigen, wie er mit der Kritik umgeht.

Nach der Kaffee-Pause blieben viele Plätze auf dem Podium leer. Doch Europas Fußball-Funktionäre hatten sich nicht etwa zu lange am Buffet bedient. Gemeinsam verließen DFB-Chef Bernd Neuendorf und die weiteren von der UEFA entsandten Council-Mitglieder den FIFA-Kongress in Asunción vorzeitig. Die Aktion war geplant und hatte einen speziellen Grund. Das war passiert in der Hauptstadt Paraguays: 

Warum haben die UEFA-Delegierten den FIFA-Kongress verlassen?

Mit ihrer Aktion wollten UEFA-Präsident Aleksander Čeferin, DFB-Chef Neuendorf und deren Kollegen offenkundig ein Zeichen setzen, dass ihre Geduld mit Weltverbandschef Gianni Infantino begrenzt ist. Schon die Nahost-Reise des FIFA-Chefs als Begleiter von US-Präsident Donald Trump war ihnen sauer aufgestoßen. Die Council-Sitzung musste deshalb verschoben werden, im Vorfeld des Kongresses fehlte Infantino bei vielen Pflichtterminen. 

Geltungssucht lautete ein unterschwellig geäußerter Vorwurf. Infantino habe den „inneren Kompass“ verloren, zitierte die englische Zeitung „The Times“ einen Kongress-Teilnehmer.

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FIFA-Chef Infantino (l.) braucht nun ein gutes Krisenmanagement.

FIFA-Chef Infantino (l.) braucht nun ein gutes Krisenmanagement.

Bis zur akuten Verspätung am Kongresstag wurden das Präsidentenverhalten zähneknirschend toleriert. Die Panne mit dem Timing des Privatjets lag wohl nicht im unmittelbaren Verantwortungsbereich von Infantino. Aber das Verspätungsrisiko für einen Ego-Trip an den Golf überhaupt in Kauf genommen zu haben, verübeln ihm Europas Funktionäre. 

Die Show des Schweizers im Trump-Tross können viele nicht ertragen. „Eine kurzfristige Änderung des Zeitplans, die scheinbar nur privaten politischen Interessen dient, tut dem Fußball keinen Gefallen und scheint seine Interessen hinten anzustellen“, hieß es von der UEFA. 

Warum ist diese Aktion überhaupt von Bedeutung?

Letztlich war die Absenz der Europäer für den FIFA-Kongress unbedeutend. Die Funktionäre sitzen eher zur Staffage auf dem Podium, ähnlich wie Politiker bei einem Parteitag. Infantino zog das Programm auch durch, als sei nichts passiert. Doch der Symbolcharakter ist entscheidend. Indirekt entzogen die Funktionäre dem FIFA-Boss das Vertrauen. Das signalisierte Motto: Wir machen bei Deinen Spielchen nicht länger mit. Wir haben unsere eigene Agenda. 

„Wir alle stehen im Dienst des Fußballs – von der Straße bis zum Podium. Die UEFA-Mitglieder des FIFA-Rates sahen es als notwendig an, bei dieser Gelegenheit zu betonen, dass der Fußball an erster Stelle steht, und vom Kongress wie ursprünglich geplant abzureisen“, hieß es. Neuendorf und Co. gingen um die Uhrzeit, zu der die Sitzung ohne die Infantino-Verspätung vorbei gewesen wäre.

Der Protest fällt in eine Zeit, in der die schlimmsten Grabenkämpfe zwischen Infantino und den Europäern eigentlich beendet schienen. Ob Mammut-WM mit 48 Teilnehmern oder neue Club-WM mit der Premiere in diesem Sommer in den USA. Alle Konfliktzonen schienen beseitigt. Wie brüchig der Burgfrieden sein kann, trat nun symbolkräftig zutage. 

Was ist die Rolle von DFB-Präsident Neuendorf?

Für Neuendorf kommt der neue Konflikt zur Unzeit. Gerade hatte der DFB mit der FIFA die schlimmsten Streitereien überwunden. Die Zeit der Frontal-Konfrontation bei der WM 2022 in Katar ist vorbei. Man hatte sich in Sachfragen arrangiert, auch weil Neuendorf ein kluges Annäherungsprogramm durchschritt. Der DFB-Chef wird sich bei der Aufarbeitung in der Causa Asunción öffentlich vermutlich zurückhalten. An der Solidarität mit den Europäern um Ceferin ist aber nicht zu rütteln. Die ist für den deutschen Fußball wichtiger. 

Wie geht es jetzt weiter zwischen den Fußball-Streithähnen?

Viel hängt von Infantinos Krisenmanagement ab. Reagiert der FIFA-Boss pikiert oder beleidigt, könnte es zu dauerhaften Auseinandersetzungen kommen. Sein schönes FIFA-Motto, „Vereine die Welt durch den Fußball“, wurde jedenfalls ramponiert. Reagiert Infantino dennoch mit Nachsicht und Größe, kann er die Geschehnisse womöglich herunterspielen. Der Schweizer ist ein Machtmensch, er wird abwägen, was ihm in den kommenden Monaten mehr nützt. Bei der anstehenden Club-WM werden gerade Europas Top-Clubs wie der FC Bayern München in den USA die Werbemaschine ankurbeln. (dpa)