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„Putins Scharade nicht durchschaut“Trump rudert doppelt zurück – und Moskau droht sofort

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Kremlchef Wladimir Putin am 15. August zusammen mit US-Präsident Donald Trump. Ein Treffen der beiden Staatschefs sei vorerst „unnötig“, heißt es mittlerweile aus Moskau. (Archivbild)

Kremlchef Wladimir Putin am 15. August zusammen mit US-Präsident Donald Trump. Ein Treffen der beiden Staatschefs sei vorerst „unnötig“, heißt es mittlerweile aus Moskau. (Archivbild)

Trump erteilt Tomahawk-Lieferungen an die Ukraine eine Absage. Auch bei Atomwaffen rudern die USA zurück. Moskau bleibt derweil auf Kurs. 

Erst machten Parteikollegen Druck, dann erklärte auch das Pentagon: Die USA verfügen über eine ausreichende Menge an Tomahawk-Marschflugkörpern, um einige der weitreichenden Waffen an die Nato und damit an die Ukraine abzugeben. Die Entscheidung über eine Lieferung von Tomahawks, betonte das nun als „Kriegsministerium“ firmierende US-Verteidigungsministerium am Wochenende, liege nun allein bei US-Präsident Donald Trump.

Der Republikaner hatte den Schritt selbst vor einigen Wochen ins Spiel gebracht – und damit durchaus nervöse Reaktionen in Russland ausgelöst. Kremlchef Wladimir Putin kommentierte die Überlegungen in Washington mehrfach öffentlich – und stellte mit dem Marschflugkörper Burewestnik und der Unterseedrohne Poseidon gleich zwei neue atomgetriebene „Weltuntergangswaffen“ vor.

Tomahawk-Absage von Donald Trump: „Nein, nicht wirklich“

Zuvor hatte Trump erstmals seit seinem Amtsantritt harte Sanktionen gegen Russland verhängt. Moskau verschärfte das Säbelrasseln daraufhin, so die Einschätzung vieler Experten, um wenigstens eine Tomahawk-Lieferung zu verhindern – und das offenbar mit Erfolg. „Nein, nicht wirklich“, sagte Trump nun gegenüber Reportern in der Air Force One als er gefragt wurde, ob er einen Verkauf der Raketen in Erwägung ziehe.

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„Manchmal muss man sie kämpfen lassen“, hieß es weiter vom US-Präsidenten. Für beide Seiten sei der Krieg hart, erklärte Trump. Putin habe mittlerweile möglicherweise „eine Million Soldaten“ verloren, erklärte der US-Präsident. In einem CBS-Interview schlug Trump unterdessen respektvolle Töne gegenüber dem Kremlchef und seinem wichtigsten internationalen Verbündeten an, dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping.

Trump über Putin und Xi: „Mit diesen Leuten ist nicht zu spaßen“

„Beide sind sehr starke Führungspersönlichkeiten“, erklärte Trump gegenüber der Presse. „Mit diesen Leuten ist nicht zu spaßen, man muss sie sehr ernst nehmen“, fügte der Republikaner an. Die beiden Staatschefs seien „nicht die Sorte Leute, die hereinkommt und über das schöne Wetter redet“, führte Trump aus. Beide seien „starke, kluge und ernsthafte Führungspersönlichkeiten“, schwärmte der Republikaner weiter und behaupte erneut, mit ihm als Präsidenten wäre es niemals zu Russlands Krieg gegen die Ukraine gekommen.

Shakehands in Alaska: Kremlchef Wladimir Putin reicht US-Präsident Donald Trump beim Treffen im August in Anchorage die Hand. (Archivbild)

Shakehands in Alaska: Kremlchef Wladimir Putin reicht US-Präsident Donald Trump beim Treffen im August in Anchorage die Hand. (Archivbild)

Dass er bei seinen Friedensbemühungen bisher keinen Erfolg gehabt habe, liege vor allem daran, dass es nur wenig Handel zwischen den USA und Russland gebe und Strafzölle deshalb nur eine geringe Wirkung auf Moskau hätten. „Ich glaube, er will mit uns Handel treiben und viel Geld für Russland verdienen“, erklärte Trump schließlich mit Blick auf Putin. „Das finde ich großartig, genau das gefällt mir. Ich glaube, er will wirklich Geschäfte mit den USA machen“, führte der 79-Jährige aus.

Kreml hält Treffen von Trump und Putin für „unnötig“

Aus Moskau waren unterdessen noch kurz vor der jüngsten Wortmeldung des US-Präsidenten andere Töne gekommen. Der Kreml halte ein weiteres Treffen mit dem Amerikaner derzeit für „unnötig“, erklärte Regierungssprecher Dmitri Peskow am Sonntag. Gleichzeitig erhöht die russische Armee den Druck an der Front in den letzten Tagen spürbar, vor allem rund um die Stadt Pokrowsk kommt es zu erbitterten und verlustreichen Gefechten.

Während Moskau an seinem unnachgiebigen Kurs festhält, legte Trump nicht nur bei den Tomahawks eine Kehrtwende hin, sondern sorgte auch hinsichtlich der von ihm angekündigten Atomwaffentests für neue Verwirrung. Trump hatte in der letzten Woche angekündigt, amerikanische Nuklearwaffen testen zu wollen, nachdem Russland erfolgreichste Tests der Unterseedrohne Poseidon bekannt gegeben hatte.

„Russland nimmt Tests vor, China nimmt Tests vor“

„Ich möchte nicht das einzige Land sein, das keine Tests durchführt“, erklärte Trump nun gegenüber CBS. „Russland nimmt Tests vor, China nimmt Tests vor, aber sie sprechen nicht darüber“, sagte Trump in dem Sonntag ausgestrahlten Interview. „Man weiß nicht unbedingt, wo sie testen. Sie testen weit unter der Erde, wo die Menschen nicht genau wissen, was bei den Tests vor sich geht“, behauptete der US-Präsident.

Die USA würden deshalb künftig „Atomwaffen testen, so wie es andere Länder auch tun“. Was das bedeutet, hatte unterdessen US-Energieminister Chris Wright zuvor klargestellt. Es seien lediglich „Systemtests“ und keine „nuklearen Explosionen“ geplant, erklärte Wright am Sonntag gegenüber dem Sender Fox News.

Moskau testet Burewestnik und Poseidon

Es würden alle Teile einer Atomwaffe getestet, ohne jedoch einen nuklearen Sprengsatz zu zünden, betonte der Energieminister. Der letzte US-Waffentest mit nuklearen Sprengköpfen erfolgte im Jahr 1992.

Moskau hatte nach Trumps Ankündigung derweil betont, dass es sich bei den Tests von Burewestnik und Poseidon nicht um Atomwaffentests gehandelt habe. Beide Waffen sind zwar dafür konzipiert, Atomsprengköpfe zu tragen, diese seien bei den jüngsten Tests jedoch nicht eingesetzt worden, betonte der Kreml, der sich über den neusten Sinneswandel beim US-Präsidenten freuen dürfte.

Freude in Moskau: „Entscheidung gegen die Ukraine getroffen“

Der US-Präsident habe mit seiner Absage an eine Tomahawk-Lieferung eine „Entscheidung gegen die Ukraine getroffen“, titelte etwa die russische Zeitung „Gazeta“ am Montag auf ihrer Webseite.

In den USA wurde unterdessen Kritik an Trumps Schlingerkurs laut. Der Senatsausschuss für auswärtige Beziehungen hatte sich kurz vor Trumps Wortmeldung für eine Lieferung der US-Marschflugkörper ausgesprochen. „Präsident Trump sollte unverzüglich Tomahawk-Marschflugkörper an die Ukraine liefern“, hatte die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen erklärt. „Solange Putin nicht einlenkt, sollten die Vereinigten Staaten der Ukraine das geben, was sie zur Selbstverteidigung benötigt“, fügte die Ausschussvorsitzende an.

Kritik an Trump: „Nicht in der Lage, Putins Scharade zu durchschauen“

Steven Pifer, ehemaliger US-Botschafter in der Ukraine, fand derweil am Montag schließlich noch deutlichere Worte. „Selbst jetzt scheint Trump nicht in der Lage zu sein, Putins Scharade zu durchschauen“, kommentierte der amerikanische Osteuropa-Fachmann die jüngsten Ausführungen des US-Präsidenten auf der Plattform X.

Wenig später stellte Moskau schließlich klar, dass Trumps Rückzieher bei Tomahawks und Atomwaffentests keinen Kurswechsel im Kreml bewirken werden. In der Ukraine werde es für die USA genauso kommen „wie in Afghanistan“, schrieb der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew am Montagmorgen in seinem Telegram-Kanal.

Erst rudert Trump zurück, dann poltert Medwedew los

„Es wird eine Rückkehr unserer Bürger und der russischen Macht auf die angestammten russischen Gebiete geben“, schrieb Medwedew weiter und bekräftigte damit mal wieder, dass Moskau die Souveränität der Ukraine auch in Zukunft nicht anerkennen zu gedenkt – und an seinen imperialistischen Kriegszielen unbeirrt festhalten will.

Je mehr Geld der Westen für die Unterstützung der Ukraine ausgebe, desto „schlimmer wird das Ende der Geschichte für das Regime der blutigen Clowns in Kyjiw sein“, drohte Medwedew und fügte unmissverständlich an: „Und desto größer wird das Gebiet sein, das letztendlich zu unserem Mutterland Russland zurückkehren wird.“