Aktuelle StudieUmsatz mit Immobilien in Deutschland sinkt erstmals seit 2009

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Symbolbild

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Hamburg – Der Umsatz mit Immobilien in Deutschland dürfte laut einer Studie dieses Jahr erstmals seit der globalen Finanzkrise 2009 sinken. Nach einem Rekordjahr 2021 hätten sich die Bedingungen am Markt gedreht, heißt es in einer neuen Analyse des Hamburger Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung.

Demnach dürfte der Umsatz mit Wohnungen, Häusern, Gewerbeimmobilien und Grundstücken dieses Jahr um sieben Prozent auf 313,5 Milliarden Euro fallen und die Zahl der Käufe auf unter 900000 sinken. Auf Basis der Daten für das erste Halbjahr erwarte man 2022 „erstmals seit 2009 wieder einen Rückgang des Geldumsatzes am deutschen Immobilienmarkt“.

Hohe Finanzierungskosten, hohe Inflation

Seit Mai würden die Kauffallzahlen, Umsätze und insbesondere großen Transaktionen, gemessen am Vorjahreszeitraum, fallen, sagt Sebastian Wunsch, Leiter des Bereichs Immobilienwirtschaftliche Analysen bei Gewos.

Weniger Fläche fürs Geld

Vor fünf Jahren bekamen Käufer für 300000 Euro auch in Großstädten eine geräumige Bleibe leisten. Heute reicht das gleiche Budget manchmal nur noch für eine Singlewohnung, hat das Portal Immowelt auf der Basis von Angebotspreisen ermittelt.

In Köln etwa gibt es für das Geld aktuell noch 56 Quadratmeter Wohnraum, was einer Zwei-Zimmer-Wohnung entspricht. Vor fünf Jahren waren es noch 35 Quadratmeter mehr. Ähnlich sieht es Berlin aus. Gerade einmal Single-Appartements gibt es für 300000 Euro in München (32 Quadratmeter), wo es allerdings auch 2017 nur 47 Quadratmeter gab. Die größten Flächeneinbußen gab es in vergleichsweise günstigen Großstädten wie Leipzig, Essen oder Dortmund. (raz)

Der Immobilienkauf werde für Selbstnutzer immer schwieriger, da die Finanzierungskosten stiegen und die hohe Inflation die Kaufkraft schmälere. Investoren wiederum warteten aus Unsicherheit ab. Für die Studie hat Gewos Daten zu abgeschlossenen Grundstückkaufverträgen bei den Gutachterausschüssen und die damit verbundenen Umsätze analysiert. Etwas glimpflicher dürfte laut Gewos dieses Jahr der Markt für Wohnimmobilien davonkommen, der für fast 80 Prozent der Transaktionen hierzulande stehe. Der Umsatz mit Wohnungen und Häusern werde wohl um 5,6 Prozent auf knapp 240 Milliarden Euro sinken.

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Doch der Druck am deutschen Wohnungsmarkt bleibe wegen starker Zuwanderung groß, und der Neubau stocke wegen hoher Bau- und Kreditkosten. „Ein flächendeckender Preisrückgang, geschweige denn ein plötzlicher Preisverfall“ sei nicht zu erkennen, so Gewos. Man erwarte eine Abschwächung der Preisanstiege von Wohnimmobilien auf unter drei Prozent. „Regional und in bestimmten Lagen und Teilmärkten – etwa bei unsanierten Bestandsimmobilien – sind auch Preisrückgänge nicht auszuschließen.“

Im vergangenen Jahr war der Umsatz mit Immobilien noch auf den Rekordwert von 337 Milliarden Euro gestiegen – ein Plus von 14,5 Prozent zum Vorjahr. Während die Zahl der Kauffälle mangels Angebot leicht sank, schossen die Preise für Eigenheime und Eigentumswohnungen um rund 13 Prozent hoch. (dpa)

Kommentar zum Thema

Irgendwann endet jeder Boom. Nur stürmisch nach oben mit Immobilienpreisen und Mieten kann es auf Dauer kaum gehen. Erste Hinweise auf eine Beruhigung des Marktes gab es schon vor zwei Jahren. Seitdem verharrt die mittlere Bestandsmiete in Köln bei 12,75 Euro pro Quadratmeter. Das hat Einfluss auf die Immobilienkäufe, zumindest bei denen, die auf Betongold zur Altersvorsorge setzen. Locker wurden in Köln Multiplikatoren von 40 auf die Nettokaltmiete aufgerufen. Dann dauert es 40 Jahre, bis Mieteinnahmen den Kaufpreis erbringen.

Angesichts stagnierender Mieten denkt da manch einer über andere Arten der Altersvorsorge nach. Steigende Hypothekenzinsen lassen Selbstnutzer neu rechnen und einen geplanten Kauf zumindest verschieben. Andere weichen auf günstigere Lagen etwa im Umland der großen Städte aus.

Ob wir aber schon eine Trendumkehr und sinkende Preise sehen, ist fraglich. Die wird es in manchen Lagen geben. In Großstädten wird aber gerade jetzt noch weniger gebaut als nötig, auch weil Bauträger wegen hoher Handwerkerkosten ihre Projekte verschieben. Weniger Wohnungsbau ist aber die Knappheit von morgen - mit womöglich wieder steigenden Mieten und Immobilienpreisen.

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