Auto-Ökonom Ferdinand Dudenhöffer rechnet mit der deutschen Politik ab: Der Autogipfel beim Kanzler sei „Gegackere“, die Diskussion ums Verbrennerverbot „kontraproduktiv“.
Autopapst Dudenhöfer„Unsere Politiker spielen mal wieder den lieben Gott“

Ein Symbol markiert einen Parkplatz für Elektroautos an einem öffentlichen Schnellladepunkt. Vertreter von Politik, Herstellern und Zulieferern, Verbänden und Gewerkschaft sowie der Bundesländer mit Autoindustrie kamen zu einem sogenannten Autogipfel zusammen.
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Auto-Ökonom Ferdinand Dudenhöffer gehörte früh zu den Verfechtern der E-Mobilität. Aber die Zweifel werden immer größer, ob E-Autos die Zukunft sind, oder ob sie zur Sackgasse für VW, BMW und Mercedes werden. Die Rufe werden lauter, bei der Verkehrswende nach Alternativen zu suchen. Ob auch der „Autopapst“ umdenkt? Ferdinand Dudenhöffer über den Sinn von Auto-Gipfeln, Verbrennerverboten und die wachsenden Zweifel am E-Auto.
Herr Dudenhöffer, viel Bohei um den Autogipfel beim Kanzler: Ist da was wirklich Sinnvolles herausgekommen?
Die großen Probleme sind alle ungelöst. Ob jetzt die Kfz-Steuer für E-Autos bis 2035 ausgesetzt wird, ist doch kein Ergebnis, oder das unselige Gegackere um das Verbrennerverbot. Wir müssen unseren Standort Deutschland wettbewerbsfähig machen, sonst zieht die Autoindustrie ab. Und das geht sehr schnell, wie die täglichen Schlagzeilen zeigen. Die Bundesregierung sollte aufhören, Nebelkerzen zünden, wie den jüngsten Autogipfel. Wir haben ein A-Problem und sollten die C-Probleme beiseiteschieben.
Wie könnte die Politik denn helfen, damit VW, Mercedes und BMW, aber auch die Zulieferer wieder stärker werden?
Der Industriestandort überlebt nur, wenn wir wettbewerbsfähig sind, sprich Lohnnebenkosten runter, Energiepreise runter, Logistikkosten runter, Unternehmenssteuern runter, Regulierungen runter und so weiter. Wir brauchen ein Drittel des Staatshaushaltes für Soziales und versuchen mit allen Tricks, den Bürgern und Unternehmen noch mehr Steuergeld aus der Tasche zu stehlen. Das wissen alle seit Jahren und es ist mehr als betrüblich, dass der Bundesregierung dazu nicht mehr einfällt als ein Autogipfel.
Besonders hitzig wird mal wieder über das sogenannte Verbrennerverbot gestritten. Auch VW will das ja jetzt weg haben. Was sagen Sie: Würde die Verschiebung oder gar Aufhebung helfen, Jobs in Deutschland und Europa auf Dauer zu retten?
Unsere Politiker spielen mal wieder den „lieben Gott“. Kein Mensch weiß, wie es in zehn Jahren aussieht. Diese Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt ist mehr als kontraproduktiv. Die Autobauer und Zulieferer stellen ihre Investitionen zurück. Kein Mensch investiert, wenn er nicht weiß, wo es hingeht. Die Autokäufer lassen die Finger vom Neuwagen, warten erst mal ab. Die CO2 –Belastungen werden uns um die Ohren fliegen und dann muss man 2035 oder früher mit richtig harten Vorgaben rechnen. Also Schluss mit der Diskussion heute.
Fakt ist: Unsere Autobauer verdienen mit E-Autos quasi kein Geld, zumindest nicht genug beziehungsweise nicht so viel wie mit Verbrennern. Wird sich das jemals ändern?
Ja, es wird sich ändern, wenn wir intelligenter vorgehen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Audi bietet seit kurzen in China den Audi E5 an. In nur zehn Minuten hatte Audi 10.000 Vorbestellungen. Und warum? Das Auto kostet 28.000 Euro und ist vergleichbar mit dem Audi A6 Sportback e-tron. Nur mal so, der kostet rund 68.000 Euro nach Preisliste. Wenn wir also lernen, Autos wie in China zu bauen, sind große Kosteneinsparungen möglich.
Stand heute sind nur zwei von zehn neuen Autos in Deutschland echte E-Autos. Preise und Reichweitenprobleme schrecken die Menschen weiter ab. Ist E-Mobilität vielleicht am Ende doch nicht die Lösung für das Klimaproblem?
Die Ladezeiten gehen deutlich runter, Reichweiten bis zu 800 Kilometer sind möglich. Zum wichtigsten Argument, dem Preis: Nach unseren Analysen war das Elektroauto im September im Durchschnitt NUR 2.190 Euro teurer als der vergleichbare Verbrenner. Vor einem Jahr war der Aufpreis noch über 7.000 Euro. Deutlich vor dem Jahr 2030 werden Elektroautos preisgleich oder sogar preisgünstiger als Verbrenner sein. Der Umstieg läuft und die Autopreise und der Wettbewerb unter den Autobauern machen das Elektroauto immer mehr zur Massenbewegung.
Na ja, wenn der Strom teurer bleibt als der Sprit, sind die Chancen für eine Massenbewegung eher gering, oder?
Das stimmt. Und deswegen sollte die Politik mit den Stromkonzernen reden. Wenn man beim Schnellladen mehr als einen Euro pro Kilowattstunde Strom bezahlt, wird man bei der Laderechnung blass im Gesicht. Wenn Ihnen die Stromverkäufer bei einer Strecke von Bochum nach München und zurück 160 Euro mehr in Rechnung stellt als beim Diesel, zerstört man die Elektromobilität. Die Stromkonzerne sägen den Ast ab, auf dem sie sitzen.
Union und SPD wollen den Hochlauf der E-Mobilität mit drei Milliarden Euro unterstützen. Das Geld soll Haushalten mit kleineren und mittleren Einkommen beim Umstieg helfen. Sie haben den Wegfall der Kaufprämien vor anderthalb Jahren scharf kritisiert. Dann müssten Sie das angekündigte Programm begrüßen...
Ich würde sagen: Ganz nett, aber das löst nicht unsere Probleme. Deutschland verkauft weniger als drei Millionen Neuwagen. Die Welt 80 Millionen. Wir sollten uns um die Welt kümmern, um unsere Industrie in die Zukunft zu bringen. Sozialprogramme führen unsere Autoindustrie nicht in die Zukunft, sondern nur harte Schnitte, um unsere Kosten zu senken. Die Autoindustrie in Deutschland erstickt an unserer miserablen Wettbewerbsfähigkeit. 30.000 Elektroautos retten uns nicht.