Peter Jungen, Ex-Chef des Baukonzerns Strabag, Business Angel und Investor in Start-ups ist regelmäßig Gast auf Kongressen in China. Über die Konferenz „Understanding China“ (etwa: China verstehen) sprach er mit Ralf Arenz.
Business Angel Peter Jungen„China und der Westen sind voneinander abhängig“

Peter Jungen auf der Understanding China Conference
Copyright: Peter Jungen Holding
Herr Jungen, wie war denn die Stimmung auf der Konferenz?
Es war nicht so harmonisch wie sonst. Nicht unbedingt unfreundlich und erst recht nicht aggressiv. Es lag aber eine gewisse Spannung in er Luft.
Es gibt eine Reihe von Konfliktfeldern, unter anderem rund um seltene Erden oder zwischenzeitlich ausbleibende Lieferungen von wichtigen Computerchips für die Autoindustrie.
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China hat erkannt, wie wichtig etwa seltene Erden für den Westen sind, nutzt das aus und achten auf seinen Vorteil. Der Westen sucht sich jetzt andere Quelle, die durchaus vorhanden sind. Das löst dann schon Probleme.
Und wie war das bei den Chips von Nexperia für die Autoindustrie, deren Auslieferung China stoppte?
Ganz klar sind die Hintergründe nicht, möglicherweise ging es auch nur um Preise. Letztlich gibt es aber gegenseitige Abhängigkeiten. An wen soll China denn diese Produkte verkaufen, wenn nicht an die westlichen Industrieländer. Deutschlands Handel mit China ist auf einem Rekordniveau, wenn man Ein- und Ausfuhren betrachtet. Es liegt auf dem Niveau des Handelsvolumens mit den USA. China ist Deutschlands viertwichtigster Exportpartner, bei den Importen ist China mit Abstand auf Platz 1. Der Anteil der seltenen Erden ist dabei sehr gering.
Die EU hat Strafzölle auf chinesische Autos eingeführt, weil die subventioniert würden. Sind Zölle ein großes Thema zwischen der EU und China?
Zölle sind vor allem ein Thema im Verhältnis der USA und China. Ich kann von der Einführung von Zöllen generell nur abraten. Die passen nicht, wenn wir den Freihandel predigen, der Deutschland sehr erfolgreich gemacht hat. Zölle erschweren den Firmen nur die Geschäfte. Und sie schaden den Verbrauchern, weil sie die Produkte verteuern.
War der Ukraine-Krieg ein Thema?
Ja, auf einem Panel haben der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Romano Prodi, früherer italienischer Ministerpräsident und Chef der EU-Kommission, und ich darauf hingewiesen, dass jede militärische Unterstützung Russlands als Angriff auf Europa gewertet werde. China versteht das.
Aber chinesische Produkte helfen Russlands Rüstungsindustrie.
Es gibt eine Grauzone bei Produkten, die zivil und militärisch genutzt werden können. Bei Rüstungsgütern ist China klar, dass Europa das sehr kritisch sieht.
Und China kauft russisches Öl und Gas.
Die Chinesen sind gute Kaufleute. Sie überschreiten aber nicht Grenzen, die Europa missbilligen würde.
Wie sehen Sie die Entwicklung Chinas?
Bei den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung ist China sehr stark. In den abgelaufenen 40 Jahren hat China die Zahl der Patente von sehr niedrigem Niveau auf 1,6 Millionen gesteigert. Die USA kommen auf 0,6, Deutschland 0,3 Millionen. Vor allem die USA sind aber deutlich besser in der Anwendung der Patente. Die USA sind unternehmerischer orientiert. Da hat es China schwer, führende Wirtschaftsmacht der Welt zu werden. Das Land müsste dazu doppelt so stark wachsen wie die USA. Beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf sehe ich erst recht nicht, wie China die USA in einholen könnte. Das liegt in China bei 13.000 US-Dollar. Das war das deutsche Niveau vor mehr als 50 Jahren – nicht schlecht, aber weit vom aktuellen Niveau in den USA von über 80.000 oder Deutschlands von 56.000 Dollar entfernt.
