Arbeitskampf bei der Deutschen BahnGDL-Chef Weselsky räumt „Denkfehler“ ein – Streik soll aber dennoch stattfinden

Lesezeit 4 Minuten
Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der GDL, während einer früheren Kundgebung. Bei der Deutschen Bahn stehen erneut Streiks an.

Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der GDL, während einer früheren Kundgebung. Bei der Deutschen Bahn stehen erneut Streiks an.

Claus Weselsky hat einen Kompromissvorschlag falsch dargestellt. An den Streikplänen des GDL-Chefs ändert das jedoch nichts. 

Im Güterverkehr beginnt an diesem Mittwochabend trotz eines „Denkfehlers“ des Chefs der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, der nächste Streik bei der Deutschen Bahn. Ab 18.00 Uhr soll es bei der Konzerntochter DB Cargo erneut zu weitreichenden Einschränkungen kommen, wie die GDL ankündigte. Wenige Stunden später, am Donnerstagmorgen um 2.00 Uhr, geht die fünfte Arbeitskampfrunde im laufenden Tarifstreit auch im Personenverkehr los.

Der GDL-Chef lässt sich bei seinen Streikplänen auch nicht von einem „Denkfehler“ beirren, den er im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ am Dienstag eingeräumt hatte. Er habe einen Kompromissvorschlag der Vermittler Thomas de Maizière (für die Bahn) und Daniel Günther (für die GDL) falsch dargestellt, gestand Weselsky ein.

GDL-Chef Claus Weselsky: „Mir ist ein Denkfehler unterlaufen“

Beide Seiten hatten seit Anfang Februar knapp vier Wochen hinter verschlossenen Türen und mit Unterstützung von der zwei Moderatoren verhandelt. Sie schlugen als Kompromiss eine Absenkung der Wochenarbeitszeit auf 37 Stunden ab 2026 und auf 36 Stunden ab 2028 vor, jeweils bei vollem Lohnausgleich. Weselsky räumte nun ein, er habe diesen Vorschlag in seiner Pressekonferenz am Montag falsch dargestellt. „Aus Versehen“, sagte Weselsky. „Mir ist in der Pressekonferenz ein Denkfehler unterlaufen.“

Den Streik durchziehen will der GDL-Chef aber dennoch. Jeweils 35 Stunden soll der Streik dieses Mal dauern. Verglichen mit vorherigen Streikrunden ist das kurz. Doch danach will Weselsky mit sogenannten Wellenstreiks für noch mehr Unsicherheit auf der Schiene sorgen.

Streik bei Deutscher Bahn soll am Mittwochabend beginnen

Mit Streikankündigungen rund 48 Stunden vorher sei es dann vorbei, betonte Weselsky am Montag. Künftig sollen Bahn und Fahrgäste deutlich kurzfristiger vorgewarnt werden. Die Streiks sollen wieder länger werden. „Damit ist die Eisenbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr“, sagte der Vorsitzende. Ein Notfahrplan, wie ihn die Bahn bisher stets nach Streikankündigungen aufstellen konnte, sei dann „sehr wahrscheinlich“ nicht mehr möglich. Auch über Ostern schloss Weselsky Arbeitskämpfe nicht aus.

Der anstehende Ausstand wird erneut weite Teile des Bahnverkehrs in Deutschland lahmlegen. Die Bahn will wie bei vorigen Streiks ein Grundangebot aufrechterhalten. Zuletzt waren dabei immerhin rund 20 Prozent der Fernzüge im Einsatz. Die Zugbindung für den 7. und 8. März ist zudem aufgehoben. Fahrgäste können ihre Fahrt auf den Mittwoch vorverlegen oder in den Tagen nach Streikende antreten.

Langwieriger Tarifstreit zwischen GDL und Deutscher Bahn

Der Tarifstreit bei der Bahn läuft bereits seit Anfang November. Nachdem Weselsky eine erste Verhandlungsphase wenige Wochen später für gescheitert erklärt hatte, waren beide Seiten Anfang Februar wieder an den Verhandlungstisch gekommen. Doch am vergangenen Donnerstag brach die GDL die Gespräche erneut ab. Seither ist völlig offen, wie eine Lösung im Konflikt zustande kommen soll.

Hauptstreitpunkt ist die Gewerkschaftsforderung nach einer Senkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ohne finanzielle Einbußen. De Maizière und Günther hatten eine Senkung auf 36 Stunden in zwei Stufen vorgeschlagen, wovon die zweite Stufe Anfang 2028 in Kraft treten sollte. Die Bahn hätte sich eigenen Angaben zufolge zähneknirschend darauf eingelassen. Doch die GDL lehnte den Vorschlag ab.

Scharfe Kritik an Ankündigung von GDL-Chef Claus Weselsky

Weselskys Ankündigung, künftig auf die sonst übliche Ankündigung vor Streiks zu verzichten, sorgt unterdessen für Kritik. „Mein Appell ist ganz einfach: Das Streikrecht ist das eine, Verantwortungsbewusstsein ist das andere“, sagte SPD-Politiker Udo Schiefner der „Bild“ am Mittwoch.

 „Tausende von Bahnkunden werden sicherlich ganz genau wissen, ob eine Nicht-Ankündigung des Streiks akzeptabel ist. Viele haben zu Recht die Schnauze voll“, kritisierte der SPD-Politiker. Es sei „ein sehr ungewöhnlicher Weg, den Herr Weselsky da geht“.

Arbeitskampf bei der Deutschen Bahn: „Im Zweifel muss der Kanzler vermitteln“

Auch aus der CDU gab es Kritik an Weselsky und den Streik-Plänen. Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) sagte der Zeitung, die Streiks schadeten der Wirtschaft „mitten in der Krise massiv“. Die Ampel-Regierung dürfe nicht länger tatenlos zuschauen, „im Zweifel muss der Kanzler selbst vermitteln“.

Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU) kritisierte, DB und GDL „haben offenbar jeden Kontakt zu den normalen Menschen in diesem Land verloren“. Wenn Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) nicht die Kraft dazu aufbringe, die Streithähne zur Ordnung zu rufen, müsse der Kanzler einschreiten. (das/afp/dpa)

Rundschau abonnieren