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SpielzeugsicherheitEU verschärft Regeln für Spielzeug – digitaler Produktpass kommt

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Ein Mädchen tippt auf einem rosa Spielzeughandy.

Ein Mädchen tippt auf einem rosa Spielzeughandy.

Die EU hat eine neue Verordnung zur Spielzeugsicherheit verabschiedet, die schädliche Chemikalien und unsichere digitale Funktionen verbietet.

Alle Jahre wieder bricht in der Vorweihnachtszeit der Wahnsinn aus und überall dort, wo der kleine Kunde König ist, herrscht dann traditionell Ausnahmezustand. Doch der Kindertraum kann sich schnell zum Elternhorror entwickeln, wenn die Babyrassel zu laut ist oder der stinkende Teddybär Allergien auslöst. Bei jedem fünften Produkt, das von der EU als gefährlich eingestuft und deshalb aus dem Verkehr gezogen wurde, handelte es sich zuletzt um ein Spielzeug.

EU verschärft Maßnahmen: Schutz im Kinderzimmer

Obwohl sich die Gemeinschaft damit rühmt, auf dem europäischen Binnenmarkt die im weltweiten Vergleich sichersten Spielsachen zu haben, will sie nun für noch mehr Schutz im Kinderzimmer sorgen. Am Dienstag besiegelte das EU-Parlament in Straßburg endgültig die Reform der 16 Jahre alten Richtlinie zur Spielzeugsicherheit. Die neue Verordnung untersagt künftig unter anderem sogenannte Ewigkeitschemikalien (PFAS) in den Waren, die in der Natur kaum abbaubar sind und als schädlich für den Menschen gelten.

Während das Verbot von Stoffen in Teddybären, Puppen oder Rasseln, die krebserregend oder DNA-schädigend sind oder sich auf die Fruchtbarkeit auswirken können, verschärft wird, sollen Spielzeuge künftig auch keine Substanzen wie Biozidprodukte, etwa Insektengifte, oder sogenannte endokrine Disruptoren, die besonders in Pflanzenschutzmitteln und Pestiziden vorkommen, mehr enthalten. Diese können das Hormon- und Immunsystem beeinflussen, zudem die Atemwege schädigen. Erlaubt bleiben elektronische Teile, die für Kinder unzugänglich sind, wie etwa Batterien, die im Inneren eines Plastikdinosauriers verbaut sind.

Digitaler Produktpass: Vorteile für lokale Händler

Mit der neuen Verordnung verbinde man „konsequenten Kinderschutz mit wirtschaftlicher Stärke“, sagte die christdemokratische EU-Abgeordnete Marion Walsmann. „Indem wir Risiken früher erkennen, gefährliche Stoffe begrenzen und Unternehmen verlässliche Leitplanken bieten, schaffen wir einen Markt, auf dem Qualität gewinnt.“ Die CDU-Politikerin sieht vorneweg die Einführung des neuen digitalen Produktpasses als Vorteil für hiesige Firmen, die unter dem Druck von Online-Plattformen, insbesondere aus Drittländern wie China, ächzen.

Der „Händler um die Ecke“ werde jetzt bessergestellt, weil „gleichgezogen wird“ zwischen ihm und dem Verkäufer im Internet, so Walsmann. Künftig muss jedes Unternehmen die Produkte mit einem QR-Code auszeichnen, über den Verbraucher und die nationalen Marktüberwachungsstellen detaillierte Sicherheitsinformationen auslesen können. Das gilt auch, wenn die Waren online verkauft werden. „Hersteller müssen verbindlich offenlegen, ob ihre Produkte den europäischen Vorgaben entsprechen“, sagte die SPD-Europaparlamentarierin Delara Burkhardt. So könnten Behörden gefährliche Produkte schneller aus dem Verkehr ziehen.

Spielzeug unterm Baum: Sicher ab 2030

„Eltern können ihren Kindern mit gutem Gewissen neues Spielzeug unter den Weihnachtsbaum legen“, lobte auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Wenn auch erst zum Fest im Jahr 2030. Denn die EU gewährt den Unternehmen eine Übergangsfrist von viereinhalb Jahren. Unter anderem die Industrie brauche einen „gewissen Zeitraum“, um die neuen Regeln umzusetzen und die erhöhten Sicherheitsanforderungen zu erfüllen, sagte Walsmann. Verbraucherzentralen empfehlen derweil, beim Kauf auf anerkannte Prüfzeichen zu achten wie etwa das CE-Siegel, das GS-Zeichen oder das Zertifikat des TÜV.

Um zu erklären, warum die Überarbeitung der Verordnung notwendig war, wird in Brüssel gerne die Geschichte von Cayla erzählt. Die sprechende Puppe mit den großen blauen Augen und den blonden Haaren sollte einst die neue Freundin von unzähligen Mädchen und Jungen werden. Doch Cayla wurde als Spionin enttarnt. Die Behörden zogen daraufhin das Modell des chinesischen Unternehmens Genesis Toys 2017 aus dem Handel, denn alles, was das Mikrofon des Spielzeugs erfasste, konnte auch weitergesendet werden.

Hohe Anforderungen an IT-Sicherheit

Daten wurden kabellos und via ungesicherter Bluetooth-Verbindung ans Smartphone oder Tablet übertragen. Eine getarnte Abhöranlage, wenn man so will. Obwohl Cayla nicht mehr in den Verkaufsregalen liegt, stellte sie keineswegs einen Einzelfall dar. Mittlerweile stecken in etlichen Smart Toys ausgefeilte Mikrochips und Technologien, die es Kindern ermöglichen, mit den Figuren zu sprechen, sie fernzusteuern oder mit Hilfe von Apps zu bedienen.

Künftig müssen Hersteller deshalb sicherstellen, dass ihre Produkte „höchsten Anforderungen an IT-Sicherheit und Datenschutz genügen“, wie es Burkhardt nannte. „Digitale Spielzeuge, die mit Kindern sprechen oder sie beobachten, dürfen kein Einfallstor für Ausspähung, Datenmissbrauch oder versteckte Manipulation sein.“