Der Glasfaser-Ausbau konzentriert sich zunehmend auf Mehrfamilienhäuser. Doch obwohl bereits über die Hälfte aller Gebäude angeschlossen werden könnte, nutzen viele Bürger das schnelle Internet noch nicht. Vermieter bremsen zusätzlich.
Schnelle DatenleitungGlasfaser findet den Weg in die Wohnungen

Glasfaserleitungen liegen in einem Verteilerkasten. Die Zahl der Nutzer steigt langsam.
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Bagger, die Straßen oder Bürgersteige aufreißen, um Glasfaserleitungen zu verlegen, werden seltener. Arbeiten am schnellen Daten-Netz verlagern sich mehr und mehr in die Häuser. Die Deutsche Telekom verkabelt etwa gerade Wohnungen in Mehrfamilienhäuser im Stadtteil Neustadt Süd in Köln. Dabei liegt das Glasfaser-Kabel von Netcologne oft bereits in den Kellern der Häuser. Und Telekom und Netcologne kooperieren - bereits seit 2013.
„Ein Parallelausbau ist mit Blick auf die Gesamtversorgung Kölns und bestehender noch nicht mit Glasfaser versorgter VDSL-Gebiete sicherlich nicht zielführend“, so eine Sprecherin. Das Netz von Netcologne stehe dem Wettbewerb offen zur Anmietung. Es gebe bereits Open Access Verträge zur gegenseitigen Netznutzung. Auch die Telekom bietet nach eigenen Angaben ihre Leitungen zur Anmietung an und verweist auf zahlreiche Kooperationsverträge.
Streit über Doppelausbau
Die im Verband Breko zusammengeschlossenen Telekom-Konkurrenten beklagen jedoch einen „Überbau“ ihrer Netze durch die Telekom. Die Bundesnetzagentur konnte in einer umfangreichen Untersuchung zum Glasfaser-Doppelausbau aber kein systematisch wettbewerbswidriges Verhalten der Telekom feststellen.
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Doppelausbau sei auch Teil des Wettbewerbs, so Thilo Höllen, Senior Vice President und Leiter Breitbandkooperationen der Telekom, einem Interview mit „inside digital“. Jeder Fall müsse individuell betrachtet werden. Es könne wirtschaftliche oder technische Gründe für Doppelausbau geben. Auch garantiere die Telekom in den Geschäftsbedingungen einen Service an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr. Das müsse dann auch ein möglicher Netz-Partner bieten.
Wohnungen in Mehrfamilienhäuser im Visier
Letztlich verfolgten gerade alle Netzbetreiber ähnliche Strategien, sagt Jens Böcker, von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Derzeit bauen alle Anbieter – wie auch insbesondere Netcologne - auf Netzebene 4 aus“, so Telekommunikationsexperte. Netzebene 4 ist die Versorgung von Wohneinheiten.
Auch Netcologne biete den Fiber to the Home (FttH) genannten Anschluss von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern an, bestätigte eine Sprecherin. Sofern die Genehmigung der Eigentümer vorliege, setze das Unternehmen nur noch auf einen Ausbau auf FttH-Basis. Und wo as Glasfaser im Keller liege, würde sowohl im Rahmen bestehender Planung als auch auf Wunsch der Eigentümer auf FttH ausgebaut. Darauf mache Netcologne Eigentümer auch aufmerksam. Der Ausbau des Netzes in Veedeln laufe parallel.
Glasfaser für alle bis 2030
Zunächst wurden laut Böcker die Ein- und Zweifamilienhäuser mit Glasfaser versorgt. 24,3 Millionen Wohneinheiten, Unternehmen und Behörden hätten nach einer von ihm verfassten Studie bis Ende Juni an das Glasfasernetz angeschlossen werden können. Das waren mehr als die Hälfte. Dieses Ziel wollte die Ampelregierung bis Ende des laufenden Jahres erreicht haben. Und 2030 sollten dann alle die Chance auf Glasfaser haben.
Dabei liegt das Kabel in der Straße. Tatsächlich angeschlossen waren Ende Juni nur gut die Hälfte der gut 24 Millionen möglichen Gebäude. Und davon nutzten mit 6,6 (Vorjahr: 5,2) Millionen wiederum rund die Hälfte tatsächlich Glasfaser.
Vielen Kunden reicht noch das Kupferkabel und VDSL
„Wenn die Glasfaser da liegt, buchen die Leute die Tarife nur sehr verhalten“, hatte Telekom-Chef Tim Höttges bei der Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal gesagt. Manch einem reicht die aktuelle Bandbreite durch Kupferkabel und VDSL, betonen die Telekommunikationsunternehmen. Sie mahnen aber, dass der Bedarf rasch steigt, etwa durch Streaming.
Verfügbar sei Telekom-Glasfaser laut Höttges für 11,8 Millionen Kunden gewesen. Das seien 2,5 Millionen mehr als ein Jahr zuvor. Das Ausbautempo will die Telekom beibehalten und 2030 dann 25 Millionen die Chance auf Glasfaser bieten. Tatsächlich genutzt haben es Glasfaser Ende September nur 16,1 Prozent derer, die die Chance dazu hatten.
Ziel ist es, kostengünstig das ganze Haus zu versorgen, und anschließend so viele Haushalte wie möglich auf das Glasfasernetz zu nehmen.
Die Telekom-Konkurrenten haben laut Böcker bessere Quoten. Aber generell wünschen sich alle eine schnellere Monetarisierung des gebauten Netzes. Da rücken die Mehrfamilienhäuser in den Fokus. „Ziel ist es, kostengünstig das ganze Haus zu versorgen, und anschließend so viele Haushalte wie möglich auf das Glasfasernetz zu nehmen“, so Experte Böcker.
Der Ausbau finde in der Regel in enger Abstimmung mit der Wohnungswirtschaft statt. Die habe ein Interesse daran, weil durch Glasfaser die Wohnungen aufgewertet würden. Das Netz ist deutlich schneller als die bislang vorherrschenden Kupferleitungen, und es ist stabiler als das relativ schwankungsanfällige TV-Kabel, das ebenfalls hohe Übertragungsraten ermöglicht.
Höttges berichtete aber nicht nur von der Zurückhaltung der Bürger, sondern auch von zögernden Vermietern und von großen Vermietern, die auch „Wegezoll“ verlangten. In die Wohnungen kommt Glasfaser in der Regel durch das Treppenhaus, durch Versorgungsschächte oder Leerrohre. Höttges appellierte an die Politik, den Glasfaserausbau in Mehrfamilienhäuser zu vereinfachen.
