Weniger NeuzulassungenTrübe Aussichten in der deutschen Autobranche

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BMW

Roboter von ABB arbeiten an der Karosserie von verschiedenen BMW-Modellen 

Frankfurt – Nach Daten des Kraftfahrtbundesamtes sind die Zulassungen von Neuwagen im April eingebrochen: Das Minus beträgt im Vergleich zum April des Vorjahres knapp 22 Prozent. Von dem Rückgang sind auch Elektroautos betroffen – das ist ein äußerst seltenes Phänomen. Im Jahresvergleich ist die Zahl verkaufter batteriebetriebener Fahrzeuge um sieben Prozent zurückgegangen.

Arbeitsplätze in der Automobilindustrie sind bedroht

Zugleich hat das Ifo-Institut in einer Branchenumfrage festgestellt, dass die Stimmung bei den Autoherstellern und ihren Zulieferern ähnlich schlecht ist wie zu Zeiten des ersten Corona-Lockdowns vor zwei Jahren. Das sei kein Wunder, meint Autoexperte Stefan Bratzel. „Im Vor-Corona-Jahr 2019 sind 32 Prozent mehr Fahrzeuge abgesetzt worden als in den ersten vier Monaten dieses Jahres“, sagte der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch-Gladbach unserer Redaktion. Sollten die Probleme länger anhalten, könne sich das auch auf Arbeitsplätze in Deutschlands größtem Industriezweig auswirken.

Doch vorerst ist es noch nicht soweit. Zwar stockt die Produktion – doch dafür nutzen die Unternehmen in einigen Werken wieder das Mittel der Kurzarbeit und können so die Folgen der Engpässe abdämpfen. Mit dem Angriff Russlands in der Ukraine haben sich allerdings viele Vorprodukte stark verteuert.

Fehlende Chips als großes Problem

Bestimmte Teile wie Kabelbäume sind ebenso wie elektronische Steuerchips Mangelware. Dies hat beispielsweise Volkswagen von einem Tag auf den anderen getroffen, sagte Konzernchef Herbert Diess bei der Vorlage der Quartalsbilanz am Mittwoch. „Weltweit sind die Preise für wichtige Rohstoffe gestiegen. Gleichzeitig gab es wegen der Pandemie neue, harte Lockdowns in China, die unsere Lieferketten unter Druck gesetzt haben.“ Deswegen sieht Volkswagen hohe Zusatzkosten auf den Konzern zukommen.

Ford: Entscheidung über Saarlouis naht

In Saarlouis hat der Ford-Betriebsrat über den Stand zur Vergabe eines E-Autos informiert. Die Datenanalyse sei fast abgeschlossen, so Benjamin Gruschka, der Ende April als Gesamtbetriebsratsvorsitzender wiedergewählt wurde. Dann werde mit dem Management verhandelt mit dem Ziel, das Auto nach Saarlouis zu holen. Konkurrent ist Valencia. Die Entscheidung fällt Ende Juni.

Der Chipmangel bremst Ford auch in der kommenden Woche. Nur ein Teil der Belegschaft arbeitet und soll in Köln pro Woche 1800 Fiesta produzieren, in Saarlouis 2000 Focus. (raz)

Dabei sind die Wolfsburger gut ins Jahr gestartet. Trotz weniger verkaufter Fahrzeuge hat Volkswagen seinen Gewinn nach Steuern verdoppeln können. Möglich ist das, weil Volkswagen – ebenso wie Mercedes und BMW – seinen Fokus auf den Verkauf großer und teurer Fahrzeuge gelegt hat, bei denen die Gewinnmargen höher sind.

Entsprechend groß sind auch die Dividenden. Daimler hat die Dividende vervierfacht, BMW plant eine dreimal so hohe Ausschüttung, bei Volkswagen soll der Aufschlag 60 Prozent betragen. Angesichts der trüben Aussichten für die Branche fragen sich Beobachter wie Stefan Bratzel, ob das gerechtfertigt ist.

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Denn zu den aktuellen Problemen kommt die Transformation in Richtung klimaneutraler Mobilität hinzu. So plant die Bundesregierung, ab kommendem Jahr die Förderung von Plug-in-Hybridfahrzeugen zu reduzieren oder einzustellen. Gefördert werden sollen vor allem reine Elektroautos. Zudem dürfte sich auf Grund der aktuellen Entwicklungen auch das Käuferverhalten ändern: Angesichts der hohen Energiepreise und Spritkosten denken immer mehr Menschen darüber nach, sich ein Elektroauto zuzulegen.

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