„Flüsterschotter“ im Gleisbett

Lesezeit 2 Minuten

BONN. Auf welcher Matratze sie nachts liege, wollte der Geschäftsführer der Frenzel-Bau GmbH und Co. KG, Jürgen Frenzel, von Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann wissen: „Federkern oder vielleicht Schaumstoff?“ In Sachen Schaumstoff ist Frenzel nämlich Experte. Vor anderthalb Jahren hatte der Bauunternehmer die Idee, Schottersteine, die dem Bahngleis als Bett dienen, mit Kunststoff zu behandeln. Er versprach sich davon längere Haltbarkeit. Gestern informierte Frenzel über die Ergebnisse eines ersten Feldversuches, der in den vergangenen beiden Wochen an einer Ladestraße am Beueler Bahnhof durchgeführt wurde.

„Nach jetzigem Stand kann durch die Schaumstoffbehandlung viel Arbeit eingespart werden“, so Armin Keppel, der Präsident des Bonner Eisenbahn-Bundesamtes. Normalerweise müsste alle vier bis sechs Jahre der Gleisschotter durchmischt und gerichtet werden. Jetzt hielten die Steine ohne „Durcharbeitung“ vermutlich bis zu 50 Jahre. Durch den Schaumstoff, der die einzelnen Steine miteinander verbinde, entstünden außerdem weniger Emissionen, soweit ergäben das die ersten Tests.

Das Prinzip des Schaumauftragens ist einfach: Die Bayer AG aus Leverkusen hat einen Kunststoff entwickelt, der sich besonders gut verteilt; von der Hennecke GmbH aus Sankt Augustin kommt die Maschine, die den Stoff verflüssigt. Zwischen Schiene und Querschwelle des Gleisoberbaus spritzen Bauarbeiter die Masse dann ein. Beide Firmen und Frenzel-Bau finanzieren das neue Gleisbausystem derzeit noch eigenständig. Verkehrsministerium und Wirtschaftsministerium beraten aber über Zuschüsse. Von der Behandlung mit dem Kunststoff erhoffen sich Ingenieur Bringfried Belter von der Deutschen Bahn (DB) Netz AG und eben die OB auch eine Lärmreduzierung. Nach derzeitiger Prognose im Modell stehen - nach Aussagen von Jochen Zingelmann, der als Sachverständiger im Bereich Umwelttechnik das Projekt betreut - die Chancen auf „Flüsterschotter“ gut.

In Bonn ruft der hohe Geräuschpegel der Bahn seit Jahren Bürgerinitiativen auf den Plan. „Natürlich lebt die Stadt auch von der Schiene, aber die Lärmbelastung vor allem durch Güterzüge ist extrem“, so Dieckmann. Die DB versucht auch mit der so genannten K-Sohle, einer speziellen Bremse, die Geräuschentwicklung zu verringern. Bei einer Demonstrationsfahrt stellte sie eine Reduzierung des Lärms um die Hälfte fest.

Nach den Vorbereitungstests in Beuel, die morgen enden, gehen die Gleisbauer im Juni nach Niedersachsen, um die Gleise auf der stark frequentierten Strecke zwischen Hamburg und Salzgitter zu testen. Dort wird auch erprobt, ob die „Flüsterschiene“ ihren Namen tatsächlich verdient.

Rundschau abonnieren