Das Rentenpaket ist durch, die Koalition gerettet. Doch der knappe Erfolg des Kanzlers darf nicht über die eigentliche Botschaft hinwegtäuschen: Deutschland braucht jetzt eine echte Zeitenwende.
Renten-AbstimmungAbwendung des Totalschadens als allerletzter Weckruf

Boris Pistorius (SPD, l), Verteidigungsminister, und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprechen am Rande der Sitzung des Bundestags. Thema ist die Rentenreform.
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Endlich ein Erfolg für Friedrich Merz. Er hat am Ende doch noch seine Kanzlermehrheit für das zurecht so umstrittene Rentenpaket zusammenbekommen. Die Zahl der „Rentenrebellen“ in seiner Unionsfraktion, die gegen die Stabilisierung des Rentenniveaus gestimmt haben, ist auf ein für die Koalition gerade noch erträgliches Maß zusammengeschrumpft.
Für Merz, seinen Fraktionschef Jens Spahn und Vizekanzler Lars Klingbeil von der SPD ist das ein Segen. Denn ein Scheitern des Paketes oder eine Mehrheit nur dank der Linkspartei hätte die Koalition aus der Kurve tragen können. Dann wäre Deutschland womöglich bis auf Weiteres unregierbar geworden.
Bitte jetzt kein Weiter so!
Die eigentliche Botschaft kann aber bestimmt nicht im „Weiter so“ liegen. Im Gegenteil: Die Abwendung des Totalschadens muss der allerletzte Weckruf sein, damit die Koalition vier Jahre durchhält und dabei das Land nicht vor die Wand fährt. Der Freitag muss zum Startschuss für eine Zeitenwende für Schwarz-Rot werden. Für die Wende braucht es dreierlei: einen Kanzler und einen Unionsfraktionschef, die nicht immer wieder zu Getriebenen der eigenen Leute werden, sondern Verstörungen früh genug wahrnehmen und bei allem berechtigten und notwendigen Streit in der Sache für Vertrauen und Verlässlichkeit sorgen.
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Überfällig ist auch ein Bewusstseinswandel in der SPD. Nicht die Union und nicht die Arbeitgeber sind der Feind, gegen den es zu kämpfen gilt. Sondern die gigantischen Probleme, die unseren Wohlstand, unseren sozialen Frieden und unsere Sicherheit bedrohen. Die Zeit, in der mit Selbstprofilierung und Wohltaten auf Pump gegen die miesen Umfragewerte gekämpft werden kann, ist wirklich vorbei. Das sollte übrigens auch für Markus Söder gelten.
Was zuletzt fehlt, auch wenn es kaum noch jemand hören mag, ist eine echte und gerechte Reformagenda. Wenn es nicht gelingt, Rente, Pflege und Gesundheitsversorgung in einer alternden Gesellschaft bezahlbar zu halten, sieht die Zukunft düster aus. Wenn es nicht gelingt, wieder wettbewerbsfähiger zu werden, zerbröselt die soziale Marktwirtschaft vor unseren Augen.
Einen bequemen Ausweg gibt es nicht mehr. Ob Rentner oder Beitragszahler, ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, Superreiche oder Bürgergeldempfänger: Es werden alle ihren Beitrag leisten müssen, anstelle immer nur auf die anderen zu zeigen. Noch ist Deutschland ein starkes Land, noch ist es nicht zu spät für die Zeitenwende.

