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Steigende Kosten, kalte SäleWie sich der Kölner Karneval aus der Krise retten will

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Konfetti

Symbolbild

  • Der Verkauf von Sitzungskarten läuft vielfach schleppend, nun bietet das Festkomitee den Vereinen Hilfe an.
  • Zudem denken die Jecken über eine Kampagne nach und stellen die Jubiläumsausschau infrage.

Köln – Nach ausgelassener Jubelstimmung ist derzeit niemandem im Festkomitee Kölner Karneval zumute. Kurz vor Beginn der Jubiläumssession, in der das 200-jährige Bestehen des organisierten Karnevals in Köln gefeiert wird, plagen viele Vereine wirtschaftliche Nöte. „Die Zeiten erfordern ein Umdenken“, konstatiert Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn im Gespräch mit der Rundschau und kündigt Hilfe und Unterstützung für die Session an. Auch eigene Projekte sollen auf Eis gelegt werden. Am Montagabend wurden die Vereine beim Präsidentenabend informiert. Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick:

Hilfe für Vereine, Kampagne für das Fest

Eine Umfrage unter den 140 Gesellschaften des Festkomitees hat einen zum Teil starken Einbruch beim Kartenvorverkauf für die Sitzungen und Partys zum Vorschein gebracht.

Etwa 80 Prozent der teilnehmenden Vereine haben angegeben, der Vorverkauf sei rückläufig im Vergleich zu Anfang 2020, als der Karneval noch gerade so am Coronavirus vorbeischrabbte. Im Festkomitee wird nun nach Antworten gesucht, vorstellbar sei eine Kampagne zur Jubiläumssession. „Die Botschaft muss lauten: Nehmt teil. Feiert mit. Unterstützt das Brauchtum. Diese positive Botschaft wollen wir verbreiten“, sagt Kuckelkorn. Die Säle und die Programme sind längst gebucht, nun haben viele Vereine Sorge, auf den Kosten sitzenzubleiben. „Wir wissen angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung nicht, wie viel Geld die Menschen im Winter im Portemonnaie haben werden und bereit sind für den Karneval auszugeben“, skizziert Kuckelkorn die Unwägbarkeiten, mit denen die Vereine klar kommen müssen. Schwierigkeiten haben offenbar die großen Vereine und Korps, die mehrere Veranstaltungen planen, weil Geschäftskunden und Firmen teils auf ihre Kartenkontingente verzichten.

Alles zum Thema Zülpicher Straße (Köln)

Streit um Zülpicher Straße spitzt sich zu

Acht Wochen vor Beginn der Karnevalssession setzt sich die Politik vehement für eine Entlastung der Zülpicher Straße ein. SPD und Linke haben am Montag in einem Dringlichkeitsantrag geordert, die Stadt möge „in deutlichem Abstand“ zur Zülpicher Straße eine Entlastungs-

veranstaltung planen und umsetzen. Als Beispiel wird der Bereich zwischen Rudolfplatz und Friesenplatz auf den Ringen genannt. Offenbar findet sich jedoch kein Veranstalter, der eine Feier auf den Ringen planen möchte. Dies teilte Stadtdirektorin Andrea Blome dem Ausschuss mit. Die Stadt habe mehrere Gespräche geführt.

Bei der Sitzung des „Runden Tischs“ vorigen Freitag hatten die Pläne der Stadt, auch die Zülpicher Straße im Bereich der Unimensa als Entlastungsfläche vorzusehen, enorme Kritik bei Wirten und Anwohnern ausgelöst. Nun soll eine Gruppe von Anliegern eigene Vorschläge erarbeiten. „Eine Schlüsselforderung ist es, die Entlastungsfläche räumlich entfernt von der Uniwiese zu installieren“, sagt Andreas Hupke, Bezirksbürgermeister der Innenstadt. Den Zuschlag für das Sicherheitskonzept am Elften im Elften hat unterdessen die gleiche Firma erhalten, die schon vorige Session im Einsatz war. (tho)

Auch die Vereine sollen gezielt unterstützt werden, das Festkomitee will dabei beratende Funktion übernehmen. „Die Kernaufgaben sind jetzt wichtig, dazu gehört es, die Vereine gut durch die Session zu bringen“, sagt der Festkomitee-Präsident.

Jubiläums-Ausstellung liegt auf Eis

Mit großem Aufwand hat das Festkomitee in den vergangenen Monaten eine Ausstellung zur Geschichte des Karnevals in Auftrag gegeben. Im Sommer 2023 sollte der Gürzenich Schauplatz der Schau werden. Nun steht das Projekt auf dem Prüfstand. „Die Ausstellung nimmt viel Zeit und Geld in Anspruch. Das Konzept steht, doch ob die Schau jetzt auch gebaut wird, werden wir genau überlegen. Denkbar ist eine Verschiebung. Die Vorarbeit ist in jedem Fall gut für ein neu zu konzipierendes Karnevalsmuseum“, erklärt Christoph Kuckelkorn. Für das Festkomitee am Maarweg habe sich der Gas-Abschlag durch die Krise verfünffacht. „Da kommen wir ins Grübeln, was unsere Hauptaufgaben sind. Wir konzentrieren uns deshalb auf Dreigestirn, Rosenmontagszug, Fernsehsitzung und die strukturelle Beratung der Vereine“, meint Kuckelkorn und stellt fest: „Et hätt noch immer jot jejange, ist hier glaube ich der falsche Ansatz. Wir gehen jetzt nicht mit Volldampf in die Planung.“

Spätere Buchung für die Session 2024

Der Oktober ist normalerweise Buchungsmonat. Dann werden die Sitzungsprogramme für die übernächste Session gebucht. Nun steht eine Verschiebung im Raum. „Die Vereine sollen sich auf die aktuelle Session konzentrieren können und nicht sofort neue finanzielle Risiken eingehen müssen. Da hätte der ein oder andere sicherlich Bauchschmerzen“, sagt Kuckelkorn. Wenn aber Vereine aus Vorsicht nur vier statt acht Veranstaltungen planen, könnten private Anbieter in die entstehenden Lücken stoßen – dies hatte in der vorigen Session bereits für Diskussionen gesorgt. Vereine hatten wegen der Pandemie einen Sitzungsverzicht erklärt, Privatanbieter jedoch nicht. „Es würde eine Bewegung reinkommen, die für den Karneval nicht förderlich ist“, fürchtet Kuckelkorn. Nun wird diskutiert, die Session 2024 erst im Frühjahr zu planen.

Sorge vor kalten Sälen und steigenden Kosten

Die Dachorganisation des Karnevals beschäftigt sich ganz ernsthaft mit der Frage, ob die Jecken in der kommenden Session in kalten Sälen schunkeln werden. Sollte die Regierung Energiesparmaßnahmen beschließen, wird nun bereits nach Antworten gesucht. Was wäre also, wenn in unbeheizten Sälen Karneval gefeiert wird? Ist dies zumutbar für Musik- und Tanzgruppen? „Vielleicht feiern die Menschen in ihren Rosenmontags-Kostümen im kalten Saal“, überlegt Kuckelkorn.

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Momentan dürfte die Sorge jedoch unbegründet sein. Bei Kölnkongress beispielsweise, Betreiber von Flora, Gürzenich und Tanzbrunnen, müssen die Vereine die Heizkosten nicht extra bezahlen. „Kosten für Strom und Gas gehören zur Pauschale einer Saalmiete. Die Mehrkosten tragen also wir als Vermieter“, erklärt Kölnkongress-Chef Bernhard Conin. Ähnlich wie bei Kongressen sei jedoch auch im Karneval denkbar, die Saalbeleuchtung erst kurz vor Veranstaltungsbeginn anzuschalten, um Strom zu sparen.

Noch hoffen die Verantwortlichen im Karneval auf die Feierlust der Menschen. Darauf, dass Karneval als Ablenkung von den Alltagssorgen genutzt wird. Bereits beim Golfkrieg 1991 sei dieser Effekt zu beobachten gewesen, so Kuckelkorn.

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