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Neue Initiative fürs Kwartier Latäng„Wir sind mehr als ein Karnevalshotspot“

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf die Zülpicher Straße, um die sich das Kwartier Latäng erstreckt.

Blick auf die Zülpicher Straße, um die sich das Kwartier Latäng erstreckt.

Die Initiative Kwartier Latäng will die Vielfalt im Veedel wieder sichtbar machen. Unter anderem soll ein neuer Weihnachtsmarkt entstehen.

Das Kwartier Latäng hat mit einem Image-Problem zu kämpfen. Das Veedel rund um die Zülpicher Straße gerät in den vergangenen Jahren vor allem immer dann in den Fokus der Öffentlichkeit, wenn eine Welle aus zehntausenden Feiernden an den Karnevalstagen durch die Straßen schwappt. Bilder der Massen, die in der großen Mehrzahl nicht das Brauchtum, sondern den Alkoholkonsum zelebrieren und von Jugendlichen, die schon vormittags volltrunken am Straßenrand liegen, bringen das Kwartier Latäng weit über die Stadtgrenzen hinaus in die Schlagzeilen.

„Dabei hat das Kwartier Latäng so viel zu bieten und ist weit mehr als ein Karnevalshotspot“, sagt Claudia Wecker, Inhaberin des Studentenclubs „Das Ding“. Die Vielfalt reicht von Modeläden und einer Ledermanufaktur über die Physio-Praxis und das Fitnessstudio bis hin zu Clubs, Bars, zum Imbiss und sogar bis zur Sternegastronomie. Um diesen bunten Mix wieder sichtbar zu machen, hat Wecker gemeinsam mit den Gastronomen Sascha Bayer (St. Louis Breakfast/Jim & June) und Maureen Wolf (Oma Kleinmann) die Initiative Kwartier Latäng gegründet. Alle drei waren bis nach der Pandemie Mitglied in der Interessensgemeinschaft Gastro Kwartier Latäng, die mittlerweile aber weitestgehend zerbrochen ist, da viele Mitglieder sich nicht mehr adäquat vertreten gefühlt haben. „Was es im Viertel überhaupt nicht gab, war eine Initiative, die versucht, alle mitzunehmen“, sagt Wecker und meint damit neben den Gastronomen auch die Anwohnenden und den Einzelhandel.

Claudia Wecker ist Inhaberin des Studentenclubs „Das Ding“.

Claudia Wecker ist Inhaberin des Studentenclubs „Das Ding“.

Das soll sich nun ändern. Im ersten Schritt will die Initiative eine reichweitenstarke Präsenz in den sozialen Medien aufbauen. Zwei Social-Media-Managerinnen kümmern sich um den Auftritt und erzählen in Videobeiträgen die kleineren und größeren Geschichten des Veedels. Warum heißt das Kwartier Latäng so, wie es heißt? Was ist die Geschichte des Rathenauplatzes oder wo verlaufen überhaupt die Grenzen des Viertels? Auf der anderen Seite dienen die Kanäle als Schaufenster für die Gewerbetreibenden. Mit Videos über ihre Unternehmen und ihre Angebote können die Mitglieder die Reichweite der Initiative nutzen, um auf sich aufmerksam zu machen. Um Teil der Initiative zu sein, zahlen die Mitglieder einen kleinen Monatsbeitrag, der vor allem in die professionelle Videoproduktion und Werbematerialien fließt. Die drei Initiatoren engagieren sich ehrenamtlich.

Im zweiten Schritt will die Initiative sich auch als Veranstalter versuchen. „Dabei soll es explizit nicht ums Saufen oder um die oft kritisierte Ballermannisierung  des Veedels gehen“, erklärt Wecker. Ganz am Anfang sind aktuell noch die Pläne für einen familienfreundlichen Weihnachtsmarkt an der Herz Jesu Kirche. Ist die Basis erst einmal geschaffen, will die Initiative auch Stellung beziehen und mit gemeinsamer Stimme auf die brennenden Themen im Kwartier Latäng aufmerksam machen.

Denn Herausforderungen gibt es rund um die Zülpicher Straße einige. „Die Leute haben weniger Geld und geben daher auch weniger aus. Das merken die Clubs, Bars und Restaurants, alle haben in diesem Geschäftsjahr mit Umsatzeinbrüchen zu kämpfen“, sagt Wecker. Die Folge sind Leerstände und eine hohe Fluktuation, insbesondere im gastronomischen Bereich.

Initiative Kwartier Latäng: Anwohner sorgen sich um Lärm und Wildpinkler

Dann sind da die Ängste und Sorgen der Anwohnenden. Lärm, Musik, Gegröle und Wildpinkler gäbe es nicht nur an Karneval, sondern auch an normalen Wochenenden. „Das ist Ballermann“, ärgert sich Wecker. Oft werde, wie am Brüsseler Platz, die Außengastronomie dafür zu Unrecht zum Schuldigen gemacht. Dabei sei es vor allem auch die Gastronomie, die dabei helfen könne, den öffentlichen Raum zu regulieren. „Wir müssen einen besseren Weg finden, ein mediterranes Feeling zu erzeugen“, sagt Wecker. „Ich glaube, dass jeder Anwohner auch gerne mal wieder ein schönes Straßenfest besuchen würden.“

Vor allem in der Zeit nach der Hochphase der Pandemie beobachtete Claudia Wecker eine Zunahme der Kriminalität im Kwartier Latäng. „Da wurde vor dem Club mit Flaschen geworfen, wir wurden mit Messern bedroht, wir hatten zum Teil fünf, sechs Mal am Abend die Polizei hier.“ Im Sommer 2021 kam es auf der Zülpicher Straße zu einer tödlichen Messerattacke. Kurze Zeit später wurde die Straße zur Waffenverbotszone. Seitdem habe sich die Situation etwas beruhigt, sagt Wecker.

Gegen viele der Probleme könne man nicht direkt etwas tun, meint die Club-Inhaberin. Es gehe darum, mit gemeinsamer Stimme Themen bei Stadt und Politik anzusprechen. „Wir müssen die Infrastruktur in den Vordergrund stellen und sichtbar sein. Dann werden uns wieder mehr Leute eine Chance geben.“ Das könne sich dann wiederum auf andere Themen auswirken.