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Mensa Zülpicher Straße
Dieser Mann kocht jeden Tag für Tausende Kölner Studis

Lesezeit 5 Minuten
Chefkoch - Unimensa

David Fischenich kocht in der Unimensa

David Fischenich kocht in der Mensa Zülpicher Straße täglich für 5000 Studierende. Wir haben ihm dabei über die Schulter in die Kochtöpfe geschaut.

Wer hier kocht, denkt in Dimensionen für Riesen. Gewürzt wird nicht mit ein, zwei Prisen Salz, sondern gleich mit einer Schüppe voll aus 25-Kilo-Säcken. Die Turbo-Heißluftöfen zum Dünsten, Garen, Braten haben die Ausmaße von Kleiderschränken. Elektroquirl und anderes Gerät würden auch für Großbaustellen taugen. Es gibt mehrere Tiefkühlhäuser, drei Spülräume. Für die Tellerstapel stehen Wärmewagen bereit.

In 300-Liter-Kesseln brodelt an diesem Tag gerade die Pfirsich-Mango-Grütze fürs Dessert, als Hauptspeise ist das Hähnchengulasch in der Mache — und David Fischenich rührt mit einer überdimensionalen Kelle im Gericht, das später als eines von täglich insgesamt 5000 Tellern an den Essensausgaben über die Tresen geht.

Brainfood für Bildungshungrige im XXL-Betrieb

Der 36-jährige Küchenchef führt Regie in der Mensa an der Zülpicher Straße 70 — ein sportlicher Teamplayer mit 80-köpfiger Mannschaft, der den Überblick auch zu Rushhour-Zeiten behält. In der Einsatzzentrale laufen die Fäden zusammen, hängen detaillierte Ablaufpläne und Rezeptvorgaben. Über Funk gehen Durchsagen in die weitläufigen Edelstahlküchen. Viele Köchinnen und Köche sind in ihren schwarzen Outfits hier am „Werk“, wie das Studierendenwerk sich nennt. Es sorgt als gemeinnütziger Dienstleister für insgesamt rund 78 000 Studierende in Köln auch für deren gastronomische Verpflegung.

Ruhe vor dem Sturm: Die Mensa Zülpicher Straße erwartet täglich etwa 5000 Studierende zum Essen.

Ruhe vor dem Sturm: Die Mensa Zülpicher Straße erwartet täglich etwa 5000 Studierende zum Essen.

Schon morgens hat der neue Pizzabäcker hunderte Teigkugeln vorbereitet, bevor die Bleche in die Öfen geschoben werden. Auch die Crew am Frontcooking-Tresen macht alles parat, bevor mittags der Appetit ganze Karawanen in eine der größten Mensen Deutschlands treibt. Die Studierenden und Uni-Mitarbeitenden sowie Gäste kehren zu Tausenden ein, um sich zwischen Vorlesungen und Seminaren mit Menüs oder einer Kleinigkeit zu stärken, bevor sie wieder geistige Nahrung aufnehmen.

Spagat zwischen Veganem und Deftigem

Es darf gern vegan und vegetarisch sein, aber weiterhin kommen auch Klassiker auf den akademischen Tisch. Zu den Leibspeisen gehören der Planted Smashburger aus Erbsenprotein mit Pommes Twister oder Wraps mit Falafel ebenso wie Spaghetti Bolo und die „normale“ Currywurst, die immer läuft.

Chefkoch - Unimensa

Chefkoch - Unimensa

Ob mit oder ohne Fleisch und Fisch — in den modern gestalteten Ess-Sälen mit großen Glasfronten wird in Mega-Dimensionen getafelt. „Die Auswahl ist groß, wir spüren auch immer neue Trends auf“, betont der Maître de Cuisine, der 2011 im „Werk“ als Koch anfing. Nach dem Zivildienst im Krankenhaus und seiner Ausbildung im „Kölner Hof“ arbeitete er ein Jahr im Sternerestaurant Schloss Loersfeld.

„Doch die Arbeitszeiten mit Spätdiensten ließen sich mit dem Familienleben schlecht vereinbaren. Über einen Bekannten habe ich von der Kochstelle im Werk erfahren“, erzählt der Vater einer Tochter (14) und eines Sohnes (11). „Es hat mir hier gleich gut gefallen - auch wenn ich mir Tausende Essen pro Tag anfangs gar nicht vorstellen konnte.“

Stellvertretende Betriebsleitung übernommen

Der junge Koch engagierte sich zunehmend auch in den Bereichen Management und Teamführung und übernahm 2018 zusätzlich zur Küchenleitung die stellvertretende Betriebsleitung neben Leiter Jan Becker.

Während David Fischenich im Sternerestaurant „millimetergenau geschnitten“ hat, ging es dann von der Feinstarbeit an die extragroßen Mensa-Dimensionen mit 300 Kilo Gulasch, 200 Kilo Rotkohl, an die 400 Kilo Kartoffeln, 120 Kilo Salat, die verarbeitet werden müssen. Die Zahl der Essen pendelte sich nach der Coronakrise bei nun werktäglich 5000 Essen ein. Zu jedem Gericht gibt es zwei Beilagen und ein Dessert. Da sind gute, vorausschauende Planung, Logistik und Kalkulation für die Rezepte gefragt.

Es gibt viel zu tun. Neben der größten Hochschulkantine Kölns an der Zülpicher Straße werden noch zwei der anderen Mensen des Kölner Werks von der „Zülpicher“ beliefert, hinzu kommt das Catering für Uni-Veranstaltungen. Grundsätzlich ist Frisches im Angebot, ein Mix aus biologischen, fairen, regionalen Lebensmitteln, nachhaltig produziert, von ausgewählten Anbietern aus dem Umland und zertifizierten Lieferanten.

Beliebt: Die Smash-Burger mit und ohne Fleisch.

Beliebt: Die Smash-Burger mit und ohne Fleisch.

Die Angebote umfassen fünf Menülinien von Hausmannskost bis internationaler Meisterküche zu moderaten, gestaffelten Preisen (die gerade um zwei Prozentpunkte für Studierende erhöht wurden). Für schmale Studi-Geldbeutel gibt es immer ein „Sozialgericht“ wie den Eintopf für 1,85 Euro; ansonsten reicht die Palette vom Salatbüffet für 0,75 Cent pro 100 Gramm über Hähnchengulasch mit Salat und Dessert für 3,30 Euro bis zum Smashed Burger für 6,30 Euro.

Veganes und Vegetarisches ist zunehmend gefragt, der Anteil beträgt insgesamt mittlerweile 60 Prozent. Für Abwechslung im Speiseplan sorgen auch neu entwickelte Rezepte wie das asiatische vegane Kohlrabi-Curry mit Basmatireis. Frische Kost fördere darüber hinaus nicht nur die Konzentration, sondern auch das Miteinander — trotz der enormen Größe des Betriebs, weiß der Familienmensch: „Vor allem muss es schmecken. Und ich möchte, dass alle Spaß am Kochen haben“, betont er und lobt sein „tolles Team aus vielen Kulturen, das sich gegenseitig unterstützt.“

Ob es allen schmeckt, checkt die Mega-Mensa regelmäßig. „Wir bekommen viel Feedback, positiv wie auch manchmal negativ, das bleibt in so einem großen Laden nicht aus“, sagt der Küchenleiter, der immer ein offenes Ohr für Anregungen der vielen ernährungsbewussten Kundinnen und Kunden hat. „Wir prüfen dann, ob sie zu akzeptablen Kosten umsetzbar sind.“

Ganz neu hinzu kam vor kurzem der Pizzabäcker, der den Teig frisch vorbereitet und am laufenden Band belegt. „Kommt sehr gut an!“ Hinzu kommen saisonale Aktionen wie Spargeltage oder Multikulti-Kochen für Studis mit Riesen-Appetit.

Den hat auch Fischenichs Familie. Wenn der Papa zuhause das Lieblingsgericht seiner Kinder zubereitet, wird es sehr voll am Tisch: „Wenn es Lasagne gibt, kommen gern auch alle Freunde!“