200 neue KamerasKVB baut Video-Überwachung in Zwischenebenen aus

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Wenig einladend: die Zwischenebene der Station Ebertplatz.

Köln – Lange Wege. Schwer einsehbare Ecken. Wenns gut läuft, schläft irgendwo ein Drogensüchtiger nur seinen Rausch aus. Wenn’s schlecht läuft, kommen einem zwielichtige Gestalten entgegen. Manchmal braucht es ein wackeres Gemüt, um ohne Beklemmungen durch eine Zwischenebene der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) zu kommen. Nun startet der Betrieb eine Großoffensive, um das Sicherheitsgefühl von Kunden und Passanten zu stärken. Rund 200 Kameras werden in den kommenden zwei Jahren an 34 Haltestellen mit einer Zwischenebene verbaut. Das Ausschreibungsverfahren für den vier Millionen schweren Auftrag wurde gerade abgeschlossen.

Kontroverse Debatte seit Jahren

Das Projekt war schon über viele Jahre in der Diskussion – durchaus auch kontrovers. Nach der Silversternacht 2015 mit unzähligen Übergriffen und darauffolgender Installation von Kameras im Dom- und Bahnhofsumfeld, war auch der Weg zur Überwachung der Zwischenebenen frei.

„Wir wollen die Sicherheit erhöhen“, nennt KVB-Sprecher Stephan Anemüller einen Grund für das Großprojekt. Daneben gibt es aber auch ein betriebliches Argument: „Wenn es bei besonderen Ereignissen zu einem großen Menschenaufkommen kommt, wollen wir schnell reagieren können.“

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Die Bahnsteige der KVB werden bereits mit Kameras überwacht. Nun also die Zwischenebenen. Die Herausforderung dabei: Die Kameras so zu installieren, dass sie zusammen nahezu den ganzen Bereich in den Blick nehmen. Nahezu? Ja, es muss dunkle Flecken geben. So will es der Gesetzgeber wegen des Schutzes der Privatsphäre. „Kioske oder Geschäftsräume dürfen nicht eingesehen werden“, erklärt Anemüller. Ist das nicht über den Winkel der Kamera einzustellen, muss dem Gerät ein „blinder Fleck“ einprogrammiert werden.

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Technisch ist das kein Problem, die ausgeschriebenen Geräte werden auf dem neuesten Stand der Technik sein. Es handel sich um IP-Kameras, was bedeutet, sie sind in ein Netzwerk eingebunden. Die von ihnen gelieferten Bilder werden gestochen scharf sein. Die Polizei kann sie bei Bedarf anfordern. Die KVB wird sie 48 Stunden speichern. Deutliche Hinweisschilder werden Passanten darüber informieren, das überwacht wird. Was dem Gutgesinnten ein Hinweis, ist den anderen hoffentlich Abschreckung.

Ebertplatz bekommt mit die meisten Kameras

Die 200 Kameras werden nicht paritätisch über die 34 Zwischenebenen verteilt. Es gibt Abstufungen nach Bedarf. Die Liste wird angeführt von den Zwischenebenen am Ebertplatz und an der Haltestelle Deutz/Messe mit jeweils 15 Kameras. An die Anzahl kommt auch die Haltestelle Neusser Straße/Gürtel heran, allerdings weniger wegen eines gestiegenen Bedarfs an Sicherheit. „Dort handelt es sich viel mehr um ein sehr komplexes Gebäude, so Anemüller.

Die Frist für die Ausschreibung über Lieferung und Installation der Kameras ist nun abgelaufen. Die Angebote liegen auf dem Tisch. Dennoch wird es noch eine gewisse Zeit brauchen. Unter anderem die Leitungen müssen noch verlegt werden. „Wir planen mit einer Fertigstellung der gesamten Anlage im Laufe des Jahres 2023“, so der KVB-Sprecher.

Polizei darf Ebertplatz weiter überwachen – vorerst

Im Fußball würden die Kommentatoren sagen: Das Spiel geht in die Verlängerung. In dem juristischen Match zwischen Polizei, Kläger und Oberverwaltungsgericht führt die Ermittlungsbehörde zwar deutlich – aber die Richter bitten noch in die Nachspielzeit. Das Fußballfeld ist in diesem Fall der Ebertplatz, und dort geht es bekanntlich um Dealer und Drogen.

Im Kampf gegen die Kriminalität am Ebertplatz darf die Polizei den Ebertplatz weiter umfangreich und im Detail mit Videokameras überwachen. Das Verwaltungsgericht in Köln hatte die Überwachung erlaubt – aber mit Einschränkungen. Das Gericht hat die Polizei in seinem Beschluss verpflichtet sicherzustellen, dass Eingänge zu Wohn- und Geschäftsräumen, soweit diese eine Einsicht in das Innere dieser Räumlichkeiten ermöglichen, und die Kennzeichen der den Videobereich befahrenden Fahrzeuge unkenntlich oder verpixelt werden müssen.

Die Polizei war mit dieser Vorgabe nicht einverstanden, besonders weil sie in der Praxis schwierig umzusetzen sei. „Der Umfang der geforderten Schwärzung von Bildern würde die Videoüberwachung nach Sinn und Zweck im Umfeld des Ebertplatzes faktisch unmöglich machen“, sagte der Leitende Polizeidirektor Martin Lotz. „Große Flächen auf den Monitoren wären einfach nur noch schwarz“, betonte Lotz weiter.

Die Haupt-Treffpunkte bleiben unbewacht

Das Problem der Vorgaben: Der Ebertplatz hätte noch überwacht werden können, aber die Zu- und Abgänge nicht. Und genau dort treffen sich die Dealer zu ihren Geschäften, gerne am Aufgang zum Sudermanplatz oder in den dortigen Hauseingängen.

Die Polizeiführung rief wieder ihre Juristen zusammen und legte Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes beim Oberverwaltungsgerichtes in Münster ein. Und die dortigen Richter gaben den Kölner Ermittlern erst einmal Recht. Die Richter wollen die Gesamtsituation allerdings noch einmal beleuchten und genau analysieren – und dann eine Entscheidung treffen. „Hängebeschluss“, heißt dies in der Juristerei.

Ganz anders sieht dies der Kölner Torben Strausdat. Er ist der Kläger in dem Gesamtverfahren und er fordert, dass die Kameras komplett abgestellt werden. Seit 2018 klagt der 45-Jährige gegen die Überwachung in der Stadt. Seiner Meinung nach verhindern Videokameras keine Straftaten. „Ich bin dafür an Brennpunkten mehr Sozialarbeiter einzusetzen“, sagte Strausdat der Rundschau. Eine Überwachung verdränge nur die Szene, wie etwa am Ebertplatz. Dort seien die Dealer im Eigelstein-Viertel aktiv.

32 Kameras sind von der Polizei installiert worden. Die Standorte: der Ebertplatz, Neumarkt, Breslauer Platz, Ringe und Wiener Platz. „Unser Ziel ist es, die Kriminalität zu senken und die Sicherheit für die Kölner zu verbessern“, sagte Polizeipräsident Uwe Jacob. Insgesamt werde in das Projekt rund eine Million Euro investiert. Die Summe werde vom Land NRW getragen. Neben dem Ebertplatz, der an fünf Stellen mit Videokameras versehen werden soll, nannte Jacob den Neumarkt als wichtigen Ort für die Kameras. Auch dort darf nur eingeschränkt gefilmt werden.

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