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Zum globalen AktionstagWelche gefährlichen Irrtümer es über Hepatitis-Viren gibt

4 min
Mit diesem Plakat wirbt die Initiative „Hepatitis-freies Köln“ für Impfungen. Die gibt es gegen Hepatitis A und B.

Mit diesem Plakat wirbt die Initiative „Hepatitis-freies Köln“ für Impfungen. Die gibt es gegen Hepatitis A und B.

Auch in Köln klärt die Deutsche Leberhilfe über die tückischen Viren auf. Warum eine Infektion oft unbemerkt bleibt.

Rund zehn bis 20 besorgte Anfragen gehen pro Tag bei der Beratungsstelle in Köln des Vereins „Deutsche Leberhilfe e.V.“ ein, erzählt Ingo van Thiel. Er ist dort seit 25 Jahren unter anderem Patientenberater und hilft leberkranken Personen dabei, die richtige Hilfe zu bekommen. In vielen Mails oder Anrufen, geht es um die Hepatitis-Viren B oder C. Sie können, wie alle Hepatitis-Viren, zu einer gefährlichen Entzündung der Leber führen.

254 Millionen Menschen weltweit lebten im Jahr 2022 mit chronischer Hepatitis B und etwa 50 Millionen mit Hepatitis C. Auch in Deutschland gehen Experten von mehreren Hunderttausend Betroffenen aus, erklärt van Thiel. Dabei gibt es zumindest gegen das B-Virus eine Impfung.

Auch gegen Hepatitis-A-Viren kann geimpft werden.

Auch gegen Hepatitis-A-Viren kann geimpft werden.

1,3 Millionen Menschen sind 2022 an einer durch Viren ausgelösten Leberentzündung gestorben, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärt. 83 Prozent gehen auf das Hepatitis-B-Virus zurück, die restlichen 17 Prozent auf das Hepatitis-C-Virus. Weil beide Viren oft unentdeckt bleiben, könne die Dunkelziffer jedoch deutlich höher sein.

Der Welt-Hepatitis-Tag, ausgerichtet von der „World Hepatitis Alliance“ findet jährlich am 28. Juli statt, um über Hepatitis-Viren zu informieren. In Deutschland richtet die Deutsche Leberhilfe den Aktionstag aus. Dabei sollen Irrtümer aufgeklärt und Vorurteile gegen erkrankte Menschen abgebaut werden.

Hepatitis-Infektion verläuft oft unauffällig

„Das Hauptrisiko ist, dass eine Infektion Jahre oder Jahrzehnte unentdeckt bleibt und in dieser ganzen Zeit schleichend und unbemerkt die Leber schädigt“, warnt van Thiel. Aus einer chronischen Infektion könne eine Leberzirrhose entstehen, bei der die Leber vernarbt. Auch das Risiko für Leberkrebs steige.

„Hepatitis und überhaupt Lebererkrankungen sind deswegen so tückisch, weil sie oft entweder gar nicht gespürt werden oder die Symptome nur sehr unspezifisch sind.“ Nur eine Minderheit der Betroffenen habe bei einer Infektion typische Hepatitis-Symptome wie eine Gelbsucht mit gelber Haut oder Augen.

Ingo van Thiel von der Deutschen Leberhilfe steht Hepatitis-Kranken zur Seite.

Ingo van Thiel von der Deutschen Leberhilfe steht Hepatitis-Kranken zur Seite.

„Um das Thema Hepatitis ranken sich viele Vorurteile. Eines ist, dass Hepatitis immer selbstverschuldet sei. Wer sich infiziert, habe einen unlauteren Lebensstil. Das trifft häufig nicht zu“, erklärt van Thiel. Ein weiterer Mythos: „Viele glauben, mit Hepatitis stecke man sich so schnell an wie mit einem Schnupfen, was nicht stimmt. Dann entwickeln sie eine übertriebene Angst vor Betroffenen und meiden sie.“

Bestimmte Risikogruppen gebe es im Fall von Hepatitis B und C trotzdem, erklärt der Berater. Bei ihnen kann es einerseits durch den Kontakt mit Blut zur Ansteckung kommen. „Das Risiko ist für Menschen aus der Drogenszene erhöht, wenn sie ihre Utensilien wie Nadeln mit anderen gemeinsam benutzen.“ Sexuelle Kontakte spielen insbesondere bei Hepatitis B eine Rolle. „Da kann es bei der Ansteckung sehr schnell gehen, wenn man nicht geimpft ist. Bei Hepatitis C muss schon mehr passieren. Das sind dann eher harte Praktiken, wo Blut oder Verletzungen der Schleimhäute im Spiel sind.“ Ein „massiver Ansteckungsweg“ für Hepatitis C waren vor 1990 aber auch Blutprodukte wie Blutspenden.

Von den Menschen, die sich mit Hepatitis C bei der Beratungsstelle melden, gehören rund ein Drittel nicht zu den Risikogruppen, erzählt van Thiel. „Da hat es wahrscheinlich einen vergessenen Blutkontakt gegeben. Das kann eine blutige Zahnbehandlung unter insterilen Umständen sein, das Tattoo am Strand unter unhygienischen Bedingungen oder Verletzungen bei einer Schlägerei.

Hepatitis: Kostenloser Test beim Hausarzt ab 35 Jahren

Einen Test auf Hepatitis B und C können Menschen über 35 Jahren seit 2021 einmalig kostenlos in ihrer Hausarztpraxis machen lassen. „Diesen Test sollte man auch wahrnehmen, wenn man nicht zur Risikogruppe gehört, weil beide Infektionen heute gut behandelbar sind,“ erläutert van Thiel.

Eine Blutabnahme kann Aufschluss über eine Infektion geben.

Eine Blutabnahme kann Aufschluss über eine Infektion geben.

„Hepatitis kann jeden treffen“, hieß es auf den Plakaten einer Kampagne der Deutschen Leberhilfe, die Ende des vergangenen Jahres in Köln zu sehen waren. Sie gehörten zu der Initiative „Hepatitis-freies Köln“. In naher Zukunft wolle die Deutsche Leberhilfe Zahlen dazu erheben, ob die Kampagne zu mehr Hepatitis-Diagnosen durch gesteigerte Tests geführt hat.

„Das Projekt soll unter anderem dazu beitragen, dass Leute mit neuer Diagnose direkt wissen, wo sie hin können.“ Auf der Website gibt es deshalb ein Verzeichnis mit 15 Praxen und Kliniken, in denen passende Fachärztinnen und Fachärzte zu finden sind. „Es ist einfach wichtig, dass Leute zwischen Diagnose und Facharzt nicht unterwegs verloren gehen. Das ist ein ganz häufiges Problem. Dann sind bis zum Facharztbesuch wieder fünf Jahre vergangen und die Leberschäden stärker als sie hätten sein müssen.“

„Lange war Hepatitis C sehr vorherrschend unter den Menschen, die wir beraten haben. Aus dem schönstmöglichen Grund ist das jetzt nicht mehr so: Der Virus ist viel einfacher heilbar geworden. Durch Tabletten geht das heute in acht bis zwölf Wochen.“ Hepatitis B könne durch Medikamente noch nicht ganz ausgeheilt werden. Dafür aber werde die Infektion unterdrückt, was sowohl die Ansteckungsgefahr als auch das Risiko für Leberschäden senke.