Die Ehrenfelder Politiker wollen keine Tunnel-Lösung für die Ost-West-Achse. Welche Gefahren sie bei einem Bau sehen.
Ost-West-AchseEhrenfelder Politiker stimmen mehrheitlich gegen Tunnel

Vorhaben wie die Anhebung der Bahnsteige der Linie 13 wären nach Ansicht von Kritikern durch die teure Tunnel-Variante gefährdet.
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So richtig gute Erfahrungen habe der Bezirk mit KVB-Ausbaumaßnahmen ja nicht gemacht, bemerkte Ulrike Detjen (Die Linke) verschmitzt, als die Ehrenfelder Bezirksvertretung (BV) jüngst über das Thema Ost-West-Achse debattierte. „Die Verlängerung der Linie 3 von Bocklemünd ins Görlinger- Zentrum hat 50 Jahre gedauert – das waren ungefähr 1,2 Kilometer“, spielte Detjen auf Zusagen aus den 60er Jahren an, die erst 2018 eingelöst wurden. Wie lange soll erst der Tunnelbau von Deutz bis Melaten in Anspruch nehmen, den die Ratsfraktionen von CDU, SPD und FDP im Dezember zur Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) vorgeschlagen hatten?
Anders als im Rat sind die Parteien der Großen Tunnel-Fraktion in der Ehrenfelder BV in der Minderheit. Ihre Ehrenfelder Parteifreunde schlugen auf Antrag von Marlis Pöttgen (FDP) vor, dem Beispiel der Lindenthaler Bezirksvertretung zu folgen. Die hatte beschlossen, zur Frage oberirdische oder unterirdische Variante kein Votum abzugeben, weil nicht die Bezirksvertretungen entscheidungsbefugt seien, sondern der Rat. Allerdings hatte man in Lindenthal betont, dass die Rats-Entscheidung keine negativen Auswirkungen auf die Umsetzung von ÖPNV-Projekten im Bezirk haben dürfe.
„Tunnel-Variante“ bremse andere Projekte aus, so die Grüne Bettina Tull
Genau solche Projekte sind nach Meinung von Bettina Tull (Grüne) aber in Gefahr, wenn die „Tunnel-Variante“ eine Mehrheit findet. Tull erinnerte an die „leidvollen Erfahrungen“ der Stadt mit Großprojekten, an steigende Baukosten und knapper werdende finanzielle Mittel: „Das ist keine verantwortliche Entscheidung für die Zukunft.“ Schließlich verfüge das Land NRW jährlich über gerade einmal 400 Millionen Euro, um Verkehrsprojekte in den Kommunen zu fördern. Bei Kosten in Höhe von geschätzt 1,2 Milliarden Euro für den Tunnel gingen gleich drei Jahresetats ausschließlich an Köln.
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Dann bräche mit Sicherheit anderes weg, so Tull, die Anhebung der Bahnsteige der Linie 13 etwa, die auch an den Ehrenfelder Haltestellen einen niveaugleichen, barrierefreien Ein- und Ausstieg ermöglichen soll. Oder die Verlängerung der Linie 4 bis Niederaußem. Tobias Scholz (Gut) nannte den Tunnel-Plan „fahrlässig, eine größenwahnsinnige Idee“, er warnte vor einer erneuten „bundesweiten Blamage“ wie im Fall der Nord-Süd-Bahn und der Gefahr eines „Vertrauensverlusts in der Bevölkerung.“ Wie Tull sprach er sich für eine Bürgerbefragung zum Thema Ost-West-Achse aus, wie sie Einzelmandatsträger Thor Zimmermann im Rat beantragt hatte.
Petra Bossinger verteidigte ebenso leidenschaftlich die Tunnel-Variante. Vom U-Bahn-Bau werde Köln noch in 100 Jahren profitieren, das zeigten die Beispiele anderer europäischer Großstädte. Diese Perspektive relativiere die enormen Kosten. Die Flächen über der Erde würden zudem in einer wachsenden Stadt gebraucht, nicht zuletzt für den weiteren Ausbau des ÖPNV, also für attraktive Alternativen zum motorisierten Individualverkehr. Und die Untertunnelung des Rheins biete „auch den Menschen an den Rändern der Stadt reduzierte Fahrzeiten“, so die SPD-Fraktionsvorsitzende.
Ehrenfeld stimmt für oberirdische Planungsvariante
Eine Verbesserung des ÖPNV-Angebots ist auch für Marlis Pöttgen das Hauptargument für die Tunnel-Variante. Nicht der Personalmangel sei der eigentliche Grund für die Unzuverlässigkeit der KVB, sondern das Kölner Modell einer Kombination von Straßen- und U-Bahn: „Wenn die Bahnen der Linie 3 und 4 in Deutz oberirdisch etwa durch einen Unfall aufgehalten werden, bedeutet das Verspätungen in Ehrenfeld.“
Auf Antrag der Grünen-Fraktion, der von der Fraktion Die Linke/ Die Partei sowie den Einzelvertretern der Klima-Freunde und Gut unterstützt wurde, empfahl die BV dem Rat schließlich, die oberirdische Planungsvariante weiterzuverfolgen. Und zwar gegen die Stimmen von CDU, SPD und FDP und bei Enthaltung von AfD-Bezirksvertreterin Liane Bchir. Sie hatte zuvor dem FDP-Antrag zum Verzicht auf ein Votum zugestimmt.