Interview

Präsidentin der Kölnischen KG im Interview
„Wir brauchen mehr Frauen im Kölner Karneval“

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Simone Kropmanns steht hinter einem Mikrofon.

Simone Kropmanns, Präsidentin Kölnische Karnevalsgesellschaft, leitet die Damensitzung der KG im Sartory.

Simone Kropmanns, Vorsitzende der Kölnischen Karnevalsgesellschaft von 1945, ist eine der wenigen Präsidentinnen einer dem Festkomitee angeschlossenen Karnevalsgesellschaft.

Im November ist Simone Kropmanns (44) zur Präsidentin gewählt worden. Henriette Sohns sprach mit ihr über Familienkarneval und neue Formate.

Sie haben am vergangenen Donnerstag ihre erste Sitzung als Präsidentin geleitet. Waren Sie aufgeregt?

Völlig. Ich hatte bereits drei Tage vorher richtig Lampenfieber. Schließlich möchte man es gut machen. Der Druck kommt nicht von außen, man macht ihn sich selber. Ich habe schon oft unsere Partyformate oder unsere Sessionseröffnung moderiert, da sind unsere Gäste zum Tanzen da und um Spaß zu haben. Aber tatsächlich so eine Sitzung in einem so großen Saal wie im Sartory im Griff zu haben, ist noch mal etwas Besonderes. Das Publikum hat es mir aber Gott sei Dank sehr leicht gemacht. Nach der zweiten, dritten Nummer war ich dann wirklich eingegroovt.

Sie sind Mitglied der Kölnischen in der vierten Generation. Der Karneval wurde Ihnen quasi in die Wiege gelegt. Was sind Ihre ersten Erinnerungen daran?

Wir sind als Kinder schon ganz früh im Rosenmontagszug mitgegangen, wenn wir nicht mehr konnten, wurden wir in einen Bollerwagen gesetzt. Mit zehn Jahren habe ich am Rosenmontag zum ersten Mal auf dem Pferd gesessen - das wäre heute überhaupt nicht mehr möglich. Von den Kindern, mit denen ich aufgewachsen bin, sind heute auch einige mit mir im Vorstand tätig. Mit denen habe ich schon im Sandkasten gesessen und das verbindet natürlich. Auch das macht unsere Familiengesellschaft aus

Sie wurden im Oktober zur Präsidentin gewählt. Überraschend?

Ich war bereits seit ein paar Jahren Vizepräsidentin und da lag es nah, dass ich meinen Hut auch in den Ring werfe. Und dann wurde ich mit einer überragenden Mehrheit gewählt.

Die Gesellschaft hat aktuell fast 500 Mitglieder. Wie ist das Verhältnis Mann-Frau?

Es sind definitiv noch mehr Männer (lacht!). Aber die Frauen sind auf dem Vormarsch. Da spielen sicher auch alte Traditionen eine Rolle: Früher war der Mann Mitglied und die Familie gehörte dazu. Ich bin selbst erst seit 20 Jahren offizielles Mitglied, eigentlich erst seit mein Vater verstorben ist.

Wofür stehen Sie als erste Präsidentin der Gesellschaft?

Ich will den Spagat schaffen, den Familiengedanken zu erhalten, aber trotzdem als KKG nach vorne zu gehen, Neues zu wagen und Tradition bewahren. In den letzten Jahren sind die Veranstaltungen im Karneval nur so aus dem Boden geschossen und auch die Formate haben sich verändert. Da stellen sich viele Fragen: Ist ein klassisches Sitzungsformat noch das richtige? Müssen wir so viele Sitzungen machen? Müssen wir mehr Partyformate anbieten? Müssen wir leisere Töne anschlagen? Dennoch ist es wichtig, und ich sage das liebevoll, auch betriebswirtschaftlich marktkonform zu sein. Aber unser Ziel ist es auch, das Familiäre, für das wir stehen, nicht zu verlieren.

Leise Töne gab es bei der Herrensitzung der Kölnischen KG im Sartory: Mit Ausnahme eines Auftritts Ihrer eigenen Tanzgruppe, der Cheerleader des 1. FC Köln, sind nur Redner aufgetreten. Statt Elferrat haben Sie Ihre Geschäftsstelle nachgebaut. Warum?

Das war eine recht fixe Idee im November des letzten Jahres. Wir wollten etwas verändern.  Die ältere Generation hatte uns angesprochen und sagte: „So viel Party und Remmidemmi, wir möchten doch auch mal wieder etwas hören“. Uns war klar, wenn wir das Format verändern, müssen wir auch die Bühnenoptik verändern, und die Idee mit dem Nachbau der Geschäftsstelle hat wunderbar funktioniert.

Sind Ihre Veranstaltungen ausverkauft?

Nicht ausverkauft, aber gut verkauft. Da sind wir sehr stolz drauf. Wir haben nach Corona erst einmal wieder anlaufen müssen, um unsere Mitglieder und Gäste wieder in die Säle zubekommen. Aber wir merken schon, dass auch die gestiegenen Preise eine Rolle spielen. Bei uns kostet keine Karte mehr als 50 Euro, und das ist schon fast eine Seltenheit bei einer klassischen Sitzung.

Bevor Sie 2019 Vizepräsidentin wurden, haben Sie 2012 die Leitung der Reitergruppe des Vereins übernommen.

Ich habe schon als Kind sehr viel Zeit in der Reitergruppe verbracht. Als ich selbst die Leitung übernommen habe, waren wir insgesamt 20 Reiter. Da ging es vor allem darum, gemeinsam einem Hobby nachzugehen und dies mit Tradition zu verbinden. Der organisatorische Anteil wurde immer größer, auch für die Anmeldung zur Teilnahme am Rosenmontagszug sind Jahr für Jahr immer mehr Auflagen hinzugekommen. Das war schon eine Challenge. Trotz aller Herausforderungen hat es mir immer viel Spaß gemacht.

Wie viele Pferde hat die Reitergruppe in diesem Jahr?

Tatsächlich haben wir aktuell leider keine Pferde. Wir haben keinen Pferdelieferanten gefunden. Der öffentliche Druck ist zu groß auf die Lieferanten, so dass sie sich immer mehr zurückziehen. Da sind wir Reiter und ihre Gesellschaften einfach die Leidtragenden, obwohl wir immer wirklich grandiose und nervenstarke Pferde hatten. Wir versuchen es für nächstes Jahr noch mal. Da feiert unsere KG ihr 80-jähriges Jubiläum.

Glauben Sie, wir brauchen mehr Frauen im Karneval?

Auf jeden Fall. Das wäre sicher befruchtend für den Kölner Karneval. Es sollten sich mehr Frauen in gemischten Gesellschaften trauen, in den Vorstand zu gehen. Wir sind alle im Ehrenamt, wir können froh sein, dass Menschen diese Arbeit machen. Darum geht es ja am Ende des Tages. Und das können Frauen genauso gut wie Männer, da sehe ich keinen Unterschied.

Und sind Präsidenten anders als Präsidentinnen?

Das glaube ich gar nicht, weil das eine Typensache ist. Der Generation der jungen Präsidenten, die aktuell die älteren Traditionalisten ablösen, ist das wurscht, ob Mann oder Frau.

Wie lange bleiben Sie Präsidentin?

Das ist eine gute Frage. Also ich zitiere mal meinen Schatzmeister und meinen Geschäftsführer. „Wir gucken einfach mal die nächsten 20 Jahre, ne!“. Bevor ich mir darüber Gedanken mache, freue ich mich erst einmal auf den diesjährigen Rosenmontag: Ich fahre das erste Mal auf unserem Wagen mit.


Zur Person

Simone Kropmanns, 44 Jahre, leitet die Personalabteilung eines mittelständischen Unternehmens in Leverkusen. Sie ist ledig und lebt mit ihrem Partner in Vogelsang. Mit ihrer Schwester teilt sie sich die Betreuung des Familienhundes.