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Ermittlungen im Klinikum MerheimTötete Pfleger aus Würselen auch Menschen in Köln?

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Klinikum Merheim

Das Klinikum Merheim

Ein Pfleger steht vor Gericht wegen Mordverdacht an neun Patienten. Ermittlungen in Köln könnten weitere Fälle ans Licht bringen.

Hat ein Krankenpfleger (44) Patienten in der Klinik Merheim umgebracht? Diesem schwerwiegenden Verdacht geht die Kölner Staatsanwaltschaft nach. Dem 44-Jährigen wird derzeit vor dem Landgericht Aachen der Prozess gemacht, weil er im Rhein-Maas-Klinikum in Würselen neun Menschen ermordet haben soll. Im Verlauf der Verhandlung und der Ermittlungen ergab sich der Verdacht, dass der Mann möglicherweise auch Patienten in Merheim getötet haben könnte.

„Wir sind derzeit damit befasst, die uns übersandten Akten umfassend auszuwerten, um dann gemeinsam mit dem Kriminalkommissariat 11 der Polizei Köln die nächsten Ermittlungsschritte anzugehen“, teilte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage der Rundschau mit. Der Verdächtige sei von April 2010 bis Januar 2011 sowie von Februar 2014 bis September 2020 in Merheim tätig gewesen. Noch sei in Köln zu dem Sachverhalt keine Mordkommission im Polizeipräsidium gegründet worden, doch dies werde in Kürze geschehen, teilte Bremer weiter.

Krankenakten werden ausgewertet

Die Ermittler werden dann folgenden   Fragen nachgehen: Gab es vermehrt Sterbefälle, als der Krankenpfleger in Köln arbeitete? Wann waren die Einsatzzeiten des 44-Jährigen?   Oder: Auf welchen Abteilungen arbeitete der Mann? „Wir werden die Krankenakten des Beschuldigten intensiv auswerten“, ergänzte Bremer. Einen Zeitpunkt für ein Ende der ersten begonnenen Ermittlungen nannte der Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft nicht. Der Prozess gegen den Mann wegen zunächst angeklagten 30 Fällen hatte im März vor dem Aachener Landgericht beginnen. Dabei geht es um fünf mutmaßliche Morde und 25 Mordversuche. Im Verlauf des Prozesses stellte sich heraus, dass dem Mann weitere Fälle vorgeworfen werden. Eine entsprechende Nachtragsanklage sei beim Landgericht Aachen eingegangen, sagte eine Gerichtssprecherin. Damit werden dem 44-Jährigen nun insgesamt neun Morde und 34 Mordversuche vorgeworfen, die er auf der Palliativstation des Klinikums in Würselen begangen haben soll. Er soll seinen Opfern Überdosen von Schmerz- oder Beruhigungsmitteln gespritzt haben. Die Staatsanwaltschaft geht von Mord aus niedrigen Beweggründen aus.

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Motiv: Ruhige Nachtschichten und wenig Aufwand

Als Motiv nimmt sie an, dass der Mann ruhige Nachtschichten und wenig Aufwand mit den Patienten haben wollte. Bei einigen Patienten soll der Krankenpfleger mehrere Versuche unternommen haben, um sie zu töten. Alle Taten soll er zwischen Dezember 2023 und Mai 2024 begangen haben. Im laufenden Prozess bestritt der Angeklagte die massiven Vorwürfe. Er habe keine Medikamente verabreicht, mit dem Ziel, Leben zu verkürzen, sagte der Angeklagte. Die Patienten seien als gut eingestellt beurteilt worden, sagte Mann, der fast ausschließlich im Nachtdienst auf der Palliativstation eines Krankenhauses in Würselen bei Aachen tätig war. In seiner Aussage vor Gericht bezichtigte er Kollegen der Faulheit und kapitaler Fehler. „Ganz viele Leute wollen ihre eigenen Fehler auf mich schieben“, sagte er. Auch ein Kollege habe hohe Dosen des Beruhigungsmittels verabreicht. Eine Pflegerin hatte im Prozess berichtet, der Angeklagte habe Patienten der Palliativstation als „Zombies“ bezeichnet.

Vom Gericht befragte ehemalige Kolleginnen hatten den Angeklagten als Einzelgänger, distanziert und introvertiert beschrieben. Andere dagegen meinten, er sei fast immer sehr freundlich und die Station tipptopp gewesen. Zudem hieß es, die Patienten seien nach Diensten des Angeklagten auffällig schläfrig gewesen. Der Krankenpfleger war nach einem Hinweis wegen Unregelmäßigkeiten bei Medikamenten suspendiert worden. Er wurde festgenommen, kam in U-Haft und dann vor Gericht. 15 Verhandlungstage sind angesetzt. Ob dies für die Aufarbeitung reicht, bleibt angesichts der neuen Verdachtspunkte fraglich. Der Fall erinnert an frühere Verbrechen in der Pflege. In Niedersachsen wurde der Ex-Pfleger Niels Högel 2019 wegen 85 Morden verurteilt. (mit dpa)