SelbstversuchSo ergeht es einem Fahrradfahrer auf den Kölner Ringen

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Auf der Pilotstrecke am Hohenstaufenring haben Radfahrer die Wahl. Sie können auf dem schmalen Radweg (r.) oder auf der Straße fahren, wo eine eigene Radspur markiert ist.

Auf der Pilotstrecke am Hohenstaufenring haben Radfahrer die Wahl. Sie können auf dem schmalen Radweg (r.) oder auf der Straße fahren, wo eine eigene Radspur markiert ist.

  • Michael Fuchs hat für Sie die Radwege auf den Kölner Ringen im Selbstversuch getestet.
  • Von Luxus-Spur bis Niemandsland ist alles dabei gewesen.
  • Das Bündnis #RingFrei setzt sich für durchgängige Radwege von der Bastei bis zum Ubierring ein.
Ringe-Tester Michael Fuchs

Ringe-Tester Michael Fuchs

Köln – Die Stadt soll fahrradfreundlicher werden – das fordern in Köln nicht nur Radfahrer, sondern auch Politik und Oberbürgermeisterin. Doch wie sieht es mit der Umsetzung aus? Tut die Verwaltung zu wenig? Was funktioniert, wo hapert’s? Wie läuft es zwischen Rad- und Autofahrern? Auf den Ringen haben wir den Praxistest gemacht.

Theodor-Heuss-Ring: Ich starte an der Bastei am Nordende der Ringe. Ein Paradies für Radfahrer: Kaum Autos und ein 2,50 Meter breiter Radfahrstreifen – abgetrennt mit einer doppelten durchgezogenen Linie. Sicherheitsgefühl und Spaßfaktor sind hoch. Für Köln ist das Luxus pur!

Ebertplatz: Hier gibt’s erst mal nichts für Radler. Ich fahre auf der Straße ganz rechts. Autos dicht neben mir, die mich überholen und direkt vor mir rechts in die Neusser abbiegen. Na ja.

Hansaring: Der Radfahrstreifen ist schmal, der Autoverkehr dicht. Kurz vor mir geht die Tür eines parkenden Autos auf, versperrt mir den Weg. Ausweichen oder bremsen? Reflexartig blicke ich über die Schulter. Da kommt ein Lkw. Also nichts riskieren, rein in die Eisen. Kurz dahinter parkt ein 7,5-Tonner auf dem Radstreifen – obwohl die Ladezone rechts daneben sogar frei ist. Ich überhole, fädele wieder auf den Radstreifen ein und werde von einem Taxi geschnitten, das rechts in Richtung Mediapark will.

Kaiser-Wilhelm-Ring: Nach dem leichten Stress eben nehme ich hier lieber den Radweg, obwohl ich auch auf der Straße fahren dürfte. Fühlt sich sicherer an. Man muss aber aufpassen, es droht Sturzgefahr durch lockere und beschädigte Steine im Weg.

Hohenzollernring: An der Bismarckstraße wechsele ich auf die Fahrbahn. Fährt sich besser als der enge Radweg. Ob die Autofahrer wissen, dass ich hier fahren darf? In Höhe Klapperhof muss ich vor einer roten Ampel warten, während alle Radler auf dem Radweg an mir vorbeifahren. Das hat sich also nicht gelohnt. Am Friesenplatz ist eine Baustelle. Autos und Radfahrer zwängen sich links an einem Lkw vorbei. Hinter der Ampel spare ich mir das Einfädeln auf den Radweg, bleibe auf der Straße, werde wieder aufgehalten. Die Autos, die rechts in die Limburger abbiegen wollen, lassen die Radler auf dem Radweg passieren. Das sorgt für Rückstau – ich mittendrin. Irritiert schaut mich ein Autofahrer an. „Was hast du auf der Fahrbahn zu suchen?“, scheint sein Blick mir zu sagen.

Veraltet: Die schmalen Radwege am Ring weisen Schäden auf.

Veraltet: Die schmalen Radwege am Ring weisen Schäden auf.

Rudolfplatz: Also zurück auf den Radweg. Der ist hier aber besonders schlecht – nur 1,15 Meter breit und voller loser Steine. Überholen geht nicht, an der Ampel reicht der Platz zum Aufstellen hinten und vorne nicht.

Hohenstaufenring: An der Lindenstraße geht’s wieder zurück auf die Straße. Die „Pilotstrecke“ bietet zwei Optionen. Es gibt den Radweg, und zusätzlich laden fette Fahrradpiktogramme auf die Fahrbahn ein. Leider stehen da schon wieder zwei Lkw beim Ausladen im Weg. Suboptimal. Aber – wo sollen die Fahrer auch hin, wenn die Ladezone zugeparkt ist? Trotzdem läuft’s hier schneller als auf dem Radweg, über den gerade eine große Schar Schüler schlendert.

Barbarossaplatz: Nach dem Komfort der Doppellösung kommt das Nichts, kurz hinter dem Zülpicher Platz hört der Schutzstreifen plötzlich auf. Ich radele rechts auf der Straße, an der riesigen Kreuzung stehe ich zwischen den Autoschlangen auf der Geradeaus- und der Rechtsabbiegerspur. Kein sicheres Gefühl. Kinder würde ich hier nicht fahren lassen. Danach kommt das Stück benutzungspflichtiger Radweg wie gerufen.

Ungesichert: Niemandsland für Radfahrer am Barbarossaplatz.

Ungesichert: Niemandsland für Radfahrer am Barbarossaplatz.

Salierring: Nach dem Gewusel am Barbarossaplatz fühlt sich der Schutzstreifen ganz okay an.

Sachsenring: Jetzt wird es wieder so komfortabel wie am Anfang der Tour: eine eigene, traumhaft breite Spur für Radfahrer. Die doppelte durchgezogene Linie scheint ihre Wirkung auf die Autofahrer nicht zu verfehlen – auch wenn einer fälschlicherweise meint, auf dem Radstreifen parken zu dürfen. So macht Radeln in der Stadt Spaß!

Komfort-Spur mit Hindernis: Breiter Radfahrstreifen am Sachsenring.

Komfort-Spur mit Hindernis: Breiter Radfahrstreifen am Sachsenring.

Ubierring: Am Chlodwigplatz gibt es wieder mehr Gewimmel und viele Fußgänger – besondere Vorsicht ist gefragt. Dahinter geht es problemlos über den Schutzstreifen zum Rhein. In der Gegenrichtung fehlen jedoch Markierungen für Radfahrer.

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Der Rückweg: Am Sachsenring vermittelt der breite Radfahrstreifen trotz vieler Autos wieder ein gutes Sicherheitsgefühl. Die frisch umgebaute Kreuzung Ulrichgasse setzt da noch ein Ausrufezeichen. Doch am Barbarossaplatz herrscht wieder Niemandsland für Radler. Überall Autos, keine Strukturen für den Radverkehr. Die gibt es erst ab dem Zülpicher Platz, und zwar doppelt. Der Radfahrstreifen wird mehr genutzt als der Radweg. Eine Frau schert aus dem Pulk auf die Fahrbahn aus, um zu überholen, ein Auto hinter ihr bremst scharf. So richtig breit genug ist die Radspur also nicht. Was sonst noch auffiel? Am Hohenzollernring wird die rechte Spur oft zugeparkt, am Friesenplatz endet der Radweg abrupt an einer Baustelle.

Fazit: Stellenweise läuft es richtig rund, anderswo sieht es aus wie in den 80ern. Noch ist es ein Flickenteppich, häufige Systemwechsel machen es für Radfahrer und Autofahrer kompliziert. Es gibt also noch viel zu tun. Aber die Richtung stimmt.

Die Radverkehrsführung auf den Kölner Ringen

Seit 2015 setzt sich das Aktionsbündnis #RingFrei für eine durchgängige Fahrrad-Verbindung auf den Ringen von Bastei bis Ubierring ein. Die Initiative fordert, den Radverkehr vom Gehweg auf eine eigenständige Radspur auf der Straße zu verlagern. In den 80ern hatte die Stadt zwischen Mediapark und Zülpicher Platz auf den Gehwegen Radwege aus rotem Pflaster mit weißem Rand angelegt, die heute als viel zu schmal angesehen werden.

Die Benutzungspflicht wurde größtenteils aufgehoben (siehe Karte). Radfahrer dürfen auch auf der Straße fahren, dort gilt meist Tempo 30. Die Qualität der Radspuren ist aber noch sehr unterschiedlich. In Kürze will die Verwaltung weitere Pläne vorlegen. Dieses Jahr sollen im gelb markierten Bereich Piktogrammketten aufgetragen werden. In den roten Bereichen soll es erst 2020 weitergehen. Auf der Pilotstrecke (grün) werden dieses Jahr Nutzungsdaten erhoben und ausgewertet. (fu)

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