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Umzug geplatztWolf Vostells Kunstwerk „Ruhender Verkehr“ findet in Köln keinen Parkplatz

Lesezeit 4 Minuten
Frisch restauriert: Wolf Vostells Aktionsplastik „Ruhender Verkehr“ von 1969 steht seit 1989 am Hohenzollernring.

Frisch restauriert: Wolf Vostells Aktionsplastik „Ruhender Verkehr“ von 1969 steht seit 1989 am Hohenzollernring.

Das tonnenschwere Kunstwerk steht seit 1989 auf einer Mittelinsel am Hohenzollernring und sollte eigentlich in Kürze auf einen Parkplatz vor dem Kölnischen Kunstverein umziehen.

Einen Parkplatz zu finden, kann in der Kölner Innenstadt ganz schön schwierig sein. Vor allem, wenn es um ein größeres Auto geht. Da entscheiden manchmal Zentimeter.

Diese Erfahrung musste jetzt auch die Stadtverwaltung machen. Genauer gesagt, das städtische Museum Ludwig. Ihm gehört die Plastik „Ruhender Verkehr“ des Fluxus-Künstlers Wolf Vostell (1932-1998). Das tonnenschwere Kunstwerk steht seit 1989 auf einer Mittelinsel am Hohenzollernring und sollte eigentlich in Kürze auf einen Parkplatz vor dem Kölnischen Kunstverein umziehen. Doch daraus wird nichts. Denn wie die Stadt jetzt kurz vor dem geplanten Umzug festgestellt hat, ist die vorgesehene Parkbucht an der Hahnenstraße 6 einfach zu klein für das Beton-Auto.

Jetzt will das Museum Ludwig einen neuen Standort suchen. Aber der Reihe nach.

Aus meiner Sicht und im Sinne des Künstlers ist eine Standortverlegung nicht notwendig.
Rafael Vostell, Sohn von Wolf Vostell

Am 6. Oktober 1969 hatte Vostell seinen Opel Kapitän (Baujahr 1960, Modell P 2,6) vor der Galerie „art intermedia“ in der Domstraße 81 bei laufendem Autoradio einbetoniert. Mit dieser so genannten „Aktionsplastik“ schuf der damals 36-Jährige eine Ikone der Fluxus-Bewegung. Sie wurde auf Ausstellungen in Paris und Berlin gezeigt, stand lange auf dem Josef-Haubrich-Hof am Neumarkt und hat seit rund 34 Jahren eine Heimat auf den Ringen gefunden. Doch dort solle sie nicht bleiben, beschlossen Grüne, Linke und Klimafreunde 2022 in der Bezirksvertretung Innenstadt. Grund: Vostell habe mit seinem Werk „unbedingt einen Parkplatz besetzen“ wollen. Der aktuelle Standort werde dem Wunsch des Künstlers nicht gerecht, deshalb müsse das Beton-Auto „auf einen Parkplatz in der Nähe“ versetzt werden.

In der Tat sagte Vostell, als er das Werk 1969 schuf: „Meine Plastik, mit der ja eine Aktion verbunden ist, soll am besten in einer Parkreihe in einer Stadt, ob es Köln ist oder eine andere, stehen bleiben. Das wäre die ideale, die gesellschaftliche Relevanz – das eingefrorene Auto mitten zwischen anderen, noch verkehrstüchtigen Autos.“

Der Kölnische Kunstverein an der Hahnenstraße.

Nur zwei Meter breit ist die Parkbucht vor dem Kunstverein an der Hahnenstraße.

Nachdem die Bezirksvertretung 53 Jahre danach den Umzug beschlossen hatte, wurde das Kunstwerk vor kurzem restauriert. Dabei wurden die Betonoberflächen gereinigt, schadhafte Stellen ausgebessert und eine Schutzlasur aufgetragen. Das kostete laut Stadt 20.000 Euro. Anschließend sollte die Plastik an die Hahnenstraße umziehen und vor dem Kunstverein aufgestellt werden.

Diesen Standort hatte das Museum voriges Jahr mit Rafael Vostell, dem Sohn und Nachlassverwalter des Künstlers, abgesprochen. Doch erst jetzt kam man offenbar auf die Idee nachzumessen. Und es stellte sich heraus: Die Parkbucht dort ist nur zwei Meter breit, der „Ruhende Verkehr“ aber 2,20 Meter.

Sohn des Künstlers zeigt sich überrascht

Die Stadt teilt auf Anfrage mit: „Die Hahnenstraße war als Standort angedacht, ist aber nicht geeignet. Der Platz zwischen Radweg und Straße ist für die Skulptur zu eng. Weder vom Radweg noch von der Straßenfahrbahn kann Platz für die Skulptur abgetreten werden. Weitere mögliche Standorte sind aktuell in Prüfung.“

Als die Rundschau Rafael Vostell am Dienstag auf das Aus für den Standort Hahnenstraße anspricht, ist der Sohn des Künstlers überrascht. „Das höre ich zum ersten Mal.“ Er sei ohnehin gegen einen Umzug. Sein Vater habe ihm vor seinem Tod mehrfach gesagt, dass er den jetzigen Standort am Hohenzollernring gut finde und dass „die unzähligen Passanten, die jeden Tag seine Skulptur passieren, ihm viel Freude bereitet haben“. Am Ende seines Lebens habe Wolf Vostell den Standort auf den Ringen als absolut passend angesehen, weil seine Plastik dort „mitten im Leben steht und jeden Tag bei den Kölnerinnen und Kölnern Aktionen auslöst, seien es Fußballfans, die hier feiern, oder ein Pärchen, dass sich hier verlobt. „Diese Lebendigkeit, also dass seine Skulptur mitten im Leben steht, hat mein Vater geliebt und ist ein sehr wichtiger Bestandteil seiner Aktionsplastik ,Ruhender Verkehr'“, betont Rafael Vostell.

Zu der erneuten Parkplatzsuche meint er: „Aus meiner Sicht und im Sinne des Künstlers ist eine Standortverlegung nicht notwendig. Ich plädiere dafür, dass das Geld, das ein aufwendiger Umzug der Skulptur kosten würde, stattdessen an eine Schule gespendet wird.“ Bei der aus seiner Sicht „unnötigen Diskussion um einen neuen Standort“ gebe es Leute, die die Skulptur in einer kleinen Nebenstraße in der Bedeutungslosigkeit verschwinden lassen möchten. „Genau das möchte ich im Sinne meines Vaters verhindern“, unterstreicht Rafael Vostell.