Er war „das Gesicht der Rundschau“ und ihr wohl kritischster Leser: Nach über 30 Jahren verabschiedet sich Pförtner Uwe Sölla in den Ruhestand.
„Gesicht der Rundschau“Rundschau-Pförtner Uwe Sölla tritt Ruhestand an – OB zu Gast

Ende einer Ära: Johannes Heinen (l.) und OB Torsten Burmester (r.) ehren Uwe Sölla (M.).
Copyright: Meike Böschemeyer
„Langweilig wird’s mir nie. Ich kann ja lesen“, sagt Uwe Sölla. Und zu lesen hat der 65-Jährige genug. Akribisch arbeitet er täglich fünf Zeitungs-Ausgaben durch. Von der Bergischen Landeszeitung über die Rhein-Erft-Rundschau, die Oberbergische Volkszeitung, die Bonner Rundschau bis hin zur Lokalausgabe der Kölnischen Rundschau. Wenn ihn die Mitglieder der Kölner Lokal-Redaktion am Morgen auf dem Weg zum Arbeitsbeginn passieren, gibt es möglicherweise schon die erste Reaktion auf einen Artikel. Uwe Sölla ist seit über 30 Jahren weit mehr als Pförtner im Rundschau-Haus in der Stolkgasse.„ Er ist das Gesicht der Rundschau“, sagt Geschäftsführer Johannes Heinen. Und: Er sage „ungeschminkt die Wahrheit“.
Meckern als Markenzeichen
Sölla ist einer der aufmerksamsten und kritischsten Leser. „Meine Prioritäten sind: Politik, Wirtschaft und Lokales“, sagt er. Er ist ein Leser, der mit seiner Meinung nie hinter dem Berg hält. Meckern ist eins seiner Markenzeichen. „Muss sich Köln immer zum Deppen machen vor der ganzen Nation?“, hört der Kollege, der über die geplante Umbenennung von Spielplätzen geschrieben hat. „30 Millionen Euro im Rheinpark zu verbauen, ist total übertrieben“, sagt der Pförtner über den geplanten Anbau und die Sanierung der Rheinterrassen. „Geld machen die genug kaputt hier in Köln.“ Über die Verkehrsplanung kann sich Sölla, der fast jeden Werktag von Overath aus über die Zoobrücke nach Köln zur Arbeit in die Rundschau fährt, ohne Ende aufregen. Eine „Katastrophe“ sei der Verkehr, ebenso wie die „ewigen Baustellen“. „An der Rheinuferstraße vor der Südbrücke könnte man meinen, die graben nach seltenen Erden. So lange ist da schon die Baustelle“, urteilt er.

Uwe Sölla an seinem Arbeitsplatz.
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Um sich zu beruhigen, muss er manchmal einen Zigarillo vor der Türe rauchen. Dort beobachtet er interessiert die Umgebung. Die Bauruine des ehemaligen Briefverteilzentrums in der Stolkgasse hat er lange kritisch beäugt und seinem Unmut über den Stillstand Luft gemacht. „Da ist jetzt keine Aufregung mehr nötig. Ich weiß ja aus der Zeitung, dass Van der Valk das Gebäude gekauft hat.“ Solange es offene Fragen gibt, gehe er eben „den Redakteuren auf den Geist“.
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Schon Merkel passierte seine Pforte
Promis dagegen können den Pförtner kaum vom Hocker hauen. Schließlich ist er ihr erster Ansprechpartner. Wen er alles empfangen hat, kann er kaum noch aufzählen. Klar ist: Von Angela Merkel über Norbert Blüm, Guido Westerwelle bis hin zu Johannes Rau, Hannelore Kraft oder NRW-Innenminister Herbert Reul haben bundesweit bekannte Politikerinnen und Politiker das Foyer passiert.
Von 6.30 bis 14.30 Uhr geht Uwe Söllas Schicht. Eine Schicht, die auch ohne die Zeitungslektüre abwechslungsreich ist. Dafür sorgt schon die Nachbarschaft der Polizeiwache Innenstadt. Immer mal wieder kommen Leute, die gewaltig unter Strom und manchmal unter Drogen stehen und sich eigentlich bei der Polizei beschweren wollten. Wenn sie dort abblitzen, stehen sie vor dem Pförtner. Das sei doch eine Geschichte für die Zeitung. „Ich sage ihnen dann die Adresse eines anderen Blatts und sage, dass wir so etwas nicht veröffentlichen“, verrät Sölla verschmitzt.

Mehr als 30 Jahre war Uwe Sölla „das Gesicht der Rundschau“.
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Auch wenn er den Redakteurinnen und Redakteuren jeden Tippfehler und jede offene Frage vorhält, lässt er im Prinzip nichts auf sie kommen. „Eigentlich“ sei jede und jeder nett. Rundschau-Familie eben. Eine Familie, die immer wieder Gäste empfängt. „Wenn die Gäste aus der Bundespolitik kommen, werden sie von der Chefredaktion schon vor dem Haus erwartet, sind sie aus der Landesregierung, werden sie hier im Foyer empfangen – und wenn sie aus der Kommunalpolitik kommen, muss ich oft oben in der Redaktion anrufen, damit sie abgeholt werden“, hat Sölla eine gewisse Hierarchie ausmachen können. „Natürlich waren auch sämtliche Oberbürgermeister und Frau Reker als Oberbürgermeisterin oft hier“, sagt er. „Also Bürgermeister habe ich schon einige durch hier in Köln. Und ansonsten sämtliche Lokalprominenz so wie Wolfgang Niedecken oder Henning Krautmacher.“
OB Burmester als Überraschungsgast
Besonders gut hat ihm der amtierende Oberbürgermeister Torsten Burmester gefallen. „Der kam schon beim ersten Mal noch während des Wahlkampfes auf mich zu und hat mir die Hand gegeben, sowohl zur Begrüßung als auch zum Abschied.“ Vier oder fünf Mal habe man sich bisher in der Rundschau gesehen. „Erst beim letzten Mal habe ich ihm gesagt, dass wir Genossen sind“, lächelt Sölla, der schon mit 18 in die SPD eingetreten ist und jahrelang im Stadtrat seiner Geburtsstadt Wesseling saß. Dass der OB dann als Überraschungsgast bei seiner Verabschiedung sein könnte, wäre dem Pförtner allerdings nicht in den Sinn gekommen. „Als ich vor einigen Wochen erfahren habe, dass er geht, habe ich spontan zugesagt, hierhin zu kommen. Er steht auch für die Rundschau“, begründet Burmester seinen Besuch am Mittwochvormittag.

Viel Applaus beim Abschied von Uwe Sölla.
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Dass er Burmester als Genossen eigentlich duzen dürfe, ignoriert Sölla. Bei Ludwig Sebus allerdings weicht er von seinem höflichen Siezen ab. „Der Ludwig duzt ja alle und er ist immer so herzlich, wenn er kommt und gibt mir auch immer die Hand.“ Das ist mindestens einmal im Jahr bei der großen Rundschau-Party zu Weiberfastnacht der Fall. Einer Party, zu der sich Sölla am liebsten als Cowboy verkleidet. „Das geht schnell“, begründet er. Und es sieht sehr passend aus, wenn er in diesem Aufzug vor der Rundschau rauchend auf dem Bürgersteig steht. Dort wird er ebenso fehlen wie im Foyer. Am Mittwoch war Uwe Söllas letzter Tag als Pförtner.
Langweilig wird es ihm auch als Rentner nicht werden. „Meine Frau hat eine Wäscherei. Da arbeite ich dann zehn Stunden die Woche und fahre dreimal die Woche die Wäsche aus“, sagt er. Und es gibt seinen „Sonnenschein“, den 16 Monate alten Enkel. Des Weiteren die Fische im Aquarium, das Reisen in Deutschland und nach Zeeland in den Niederlanden. Und die Zeitung. Die wird Uwe Sölla auf jeden Fall weiterhin lesen.
