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Trend gegen hohe Bildschirmzeit„The Offline Club“ lädt zu Treffen ohne Smartphones in Köln

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Die Idee der Offline Clubs kommt aus Amsterdam: Dort fand ein großes Treffen in einer Kirche statt, bei dem Gäste Raum zum Reflektieren haben sollten.

Die Idee der Offline Clubs kommt aus Amsterdam: Dort fand ein großes Treffen in einer Kirche statt, bei dem Gäste Raum zum Reflektieren haben sollten. 

Im Bürgerhaus Stollwerk findet am 6. Dezember das nächste Kölner Event statt. Die Organisatorin erklärt, was dahinter steckt.

Einfach mal Löcher in die Luft starren, sich mit seinen eigenen Gedanken beschäftigen oder das Treiben in der Stadt beobachten – was lange zum Alltag gehörte, wird heutzutage immer seltener. Bei Langeweile ist seit einigen Jahren der erste Griff oft der zum Smartphone. Aber auch nach dem Aufstehen, auf dem Sofa oder an der Straßenbahnhaltestelle beachten wir unseren elektronischen Freund oft mehr als unsere Mitmenschen. Nach einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom liegt die durchschnittliche Nutzungszeit in Deutschland mittlerweile bei Menschen über 16 Jahren bei rund 150 Minuten pro Tag. Wer jünger ist, liegt meist noch deutlich darüber.

Diese Entwicklungen sorgen für eine Gegenreaktion: Offline sein, also ohne Smartphone und Internet auskommen, wird zum Trend. So haben sich weltweit Gemeinschaften unter dem Namen „The Offline Club“ gegründet, die buchstäblich abschalten wollen. Nach der Premiere im Februar 2024 in Amsterdam expandierte das Format rasch in weitere europäische Städte – auch nach Köln.

Offline Club in Köln: Erstmal werden die Handys weggeschlossen

Organisiert wird der innerstädtische Treff von der  26-jährigen Scintilla Benevolo. Mindestens alle 14 Tage findet ein Meeting statt, stets in einer anderen Kölner Location. Rund 60 Menschen kommen dabei laut Benevolo zusammen. „Nach dem Eintreffen werden zunächst die Handys weggeschlossen, fast wie in der Schule“, erzählt sie und lacht. „Dann verbringen wir wertvolle Zeit zusammen.“ Benevolo kommt aus Mailand und ist fürs Studium nach Köln gezogen: „Köln ist die perfekte Stadt für dieses Projekt – hier kommt man mit Menschen schnell ins Gespräch“, freut sich die Philosophiestudentin.

Die Organisatorin der Kölner Treffen Scintilla Benevolo

Die Organisatorin der Kölner Treffen Scintilla Benevolo

Am 14. Dezember findet ein bereits ausverkauftes Treffen im Café „die wohngemeinschaft“  statt. Benevolo hat für diesen Tag ein ganzes Stockwerk und über fünf Stunden reserviert. Sie will im Vorfeld Bücher und Zeitschriften auslegen, Gesellschaftsspiele und Material fürs Zeichnen, Meditieren oder kreatives Schreiben vorbereiten. Die Gäste dürfen aber auch eigene Sachen mitbringen, die sie für entspannten Nachmittag benötigen. „Niemand braucht sich zu irgendetwas gezwungen fühlen – es ist vor allem wichtig, seinen Gedanken und Bedürfnissen ohne digitale Hilfe freien Raum zu lassen.“

Wider die FOMO-Angst

Die Organisatorin spüre, wie gut es vielen tue, ohne Handy auszukommen. „Ein aktuelles Phänomen nennt sich FOMO, also fear of missing out. Viele haben Angst, etwas zu verpassen oder nicht mitzubekommen, oder von jemandem nichts zu hören. Dabei tut uns genau das manchmal gut“, erklärt sie.

Laut einer im Fachjournal „Youth“ veröffentlichten Studie ist eine Smartphone-Nutzung von täglich mehr als zwei Stunden mit einem fast zweifach höheren Risiko für Angstgefühle verbunden. Die Studie stützt sich auf die Daten von 13- bis 21-Jährigen. „Auch Depressionen und andere mentale Erkrankungen hängen eng mit unserer Nutzung digitaler Medien zusammen“, erklärt Scintilla. Wer hingegen weniger aufs Smartphone schaut, fühlt sich besser und arbeitet motivierter – das hat kürzlich eine Studie der Ruhr-Uni Bochum ergeben.

Erwachsene, die zusammen basteln und malen: Im Offline Club werden die Gäste zusammen kreativ, anstatt auf Bildschirme zu starren.

Erwachsene, die zusammen basteln und malen: Im Offline Club werden die Gäste zusammen kreativ, anstatt auf Bildschirme zu starren.

Während Benevolo in einem Café in Nippes von ihren Treffen erzählt, zeigt der Blick auf die Nachbartische, dass die Hälfte der Menschen am Smartphone sitzt. Andere lesen ein Buch oder unterhalten sich. „Das ist prozentual schon recht beruhigend“, erzählt sie lachend. „Oft sind noch deutlich mehr Menschen am Handy.“ Der Besuch des Offline Clubs lohne allein deswegen, um mal herunterzukommen vom täglichen Stress und um neue Menschen in Köln kennenzulernen. „Aber vor allen Dingen sollten wir unsere Abhängigkeit von den Smartphones reduzieren, für unsere eigene Gesundheit.“

Über Neuzugang freue sich die Organisatorin sehr: „Wer nach einiger Zeit keine Lust mehr hat und sein Handy vermisst, kann jederzeit gehen und dann uns erneut besuchen. Wer jedoch einen Nachmittag mit uns verbringt, fühlt sich oft wie neugeboren. Menschen geben uns deutlich mehr zurück als ein Bildschirm.“


Auch am 6. Dezember findet ein Kölner Offline-Treffen von 11 bis 13 Uhr im Bürgerhaus Stollwerk (Dreikönigenstraße 23, 50678) statt. Tickets gibt es für 7,50 Euro online.

www.theoffline-club.com/city-chapters/cologne-chapter