Fußballplatz auf dem RoncalliplatzWarum Schalke direkt am Dom gegen St. Pauli spielte

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Für die Blindenfußballer wurde auf dem Roncalliplatz ein Fußballplatz errichtet.

Für die Blindenfußballer wurde auf dem Roncalliplatz ein Fußballplatz errichtet.

Im Rahmen der Fußball-Inklusionstage machte die Blindenfußball-Bundesliga Halt in Köln.

Dass Schalke 04 und der FC St. Pauli gegeneinander antreten, ist erst einmal nichts ungewöhnliches – dass dass Spiel auf dem Roncalliplatz stattfindet, dagegen schon. Der Ort ist nicht die einzige Besonderheit an der Begegnung: Das Spielfeld ist von Banden umgeben, der Ball gibt im Rollen ein Klingeln von sich, die Spieler rufen immer wieder „voy“ - spanisch für „ich komme“ - um ihre eigene Position anzuzeigen. Alle außer den Torwarten tragen außerdem gepolsterte Gesichtsmasken, die die Augen komplett abdecken und bei Stürzen schützen sollen, denn hier spielen die Blinden-Mannschaften der Vereine.

Im Rahmen der Fußball-Inklusionstage, die die Stadt Köln gemeinsam mit der DFB Stiftung Sepp Herberger und weiteren Partnern wie dem 1. FC Köln ausrichtet, macht die Blindenfußball-Bundesliga für ihren Auftakt-Spieltag in der Domstadt Halt. Alle acht Teams der Liga sind angereist, um ihren Sport vor Publikum zu präsentieren. Mannschaften mit weiteren klangvollen Namen wie Borussia Dortmund und Fortuna Düsseldorf sind dabei – den aktuellen Meistertitel halten in dieser Liga allerdings die Sportfreunde Blau Gelb Blista Marburg.

Blindenfußball auf dem Roncalliplatz mit den Sportbotschaftern Toni Schumacher (von links), Janus Fröhlich und Torsten May.

Blindenfußball auf dem Roncalliplatz mit den Sportbotschaftern Toni Schumacher (von links), Janus Fröhlich und Torsten May.

Die meisten im Publikum scheinen zufällige Passanten zu sein, so wie Kurt aus Duisburg, der sich sehr von dem dynamischen Spielgeschehen beeindruckt zeigt. „Ich habe selbst mal gespielt, ich kann mir ungefähr vorstellen, wie schwierig das ist“, sagt er. Uwe und Angie hingegen, die ihre St. Pauli-Flagge ausgerollt haben, sind eigens aus Hamburg angereist. Sie haben persönliche Verbindungen zur Mannschaft und haben sich „gestern spontan überlegt, für den Auftakt nach Köln zu fahren, um die Mannschaft zu unterstützen“, so Uwe.

Er erklärt die Unterschiede zu den herkömmlichen Fußball-Regeln für Sehende. „Die Mannschaften haben jeweils fünf Spieler, die Torwarte und Schiedsrichter sind die einzigen Sehenden auf dem Platz. Das Spielfeld ist kleiner, der Ball ist schwerer und hat Schellen, damit die Spieler ihn hören können. Hinter dem Torwart steht außerdem ein Guide, der den Spielern Bescheid gibt, wenn der Ball etwa eine Linie überrollt.“ Größere Unterschiede bestehen außerdem in den Foul-Regelungen. „Ein Umrennen ist noch kein Foul, die Schiedsrichter müssen gut abschätzen können, was Absicht ist und was nicht. Die sind auch ein eingespieltes Team.“

Toni Schumacher: „Für einen Sehenden eine Katastrophe“

Bei der offiziellen Eröffnung versuchen sich auch Kölns Sportbotschafter Toni Schumacher und Torsten May an ein paar Bällen unter der Maske, wobei sie sich von einem erfahrenen Spieler leiten lassen. Schumacher zollt den Spielern anschließend Hochachtung, denn „für einen Sehenden ist es eine Katastrophe, man ist völlig orientierungslos. Das Klingeln des Balls geht in den Umgebungsgeräuschen unter, man hat keine Übung es herauszufiltern.“

Während sich Schalke und St. Pauli nichts schenken, warten die Spieler des FC Ingolstadt 04 auf ihr Spiel gegen Borussia Dortmund, unter ihnen auch Jan Adrian, der das Team mitgegründet hat. „In meiner Jugend konnte ich noch besser sehen und habe in der Freizeit Fußball gespielt, das ging damals noch. Als ich später nach einer Möglichkeit Sport treiben zu können gesucht habe, bin ich auf den Blindenfußball gestoßen“.

Er nahm mit dem FC Ingolstadt Kontakt auf und baute die Mannschaft mit Gleichgesinnten über einige Jahre auf – 2023 konnten sie dann erstmals in der Bundesliga antreten. „Der Sport gibt einem extrem viel Selbstbewusstsein, vor allem durch den Körperkontakt“, sagt er. „Im Alltag versucht man ja jeden Zusammenstoß zu vermeiden – aber hier muss man in die Zweikämpfe, da bekommt man ein ganz anderes Körpergefühl“.