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MockumentaryWie der fiktive Marketingleiter Maxi Borchert am Kölner Flughafen zur Kultfigur wurde

4 min
Einfach mal die Seele baumeln lassen: Maxi Borchert auf der Besucherterrasse des Flughafens.

Einfach mal die Seele baumeln lassen: Maxi Borchert auf der Besucherterrasse des Flughafens.

Für seine Kurzvideo-Serie hat der Airport Köln/Bonn den „German Brand Award“ gewonnen.

Es sollte ein besonderer Moment für den Flughafen Köln/Bonn sein. Der zehnmillionste Passagier des Jahres sollte kein Passagier wie jeder andere sein. In den Augen von Kommunikations- und Marketing-Chef Maxi Borchert kam nur ein Mann in Frage, dem diese besondere Ehre zuteilwerden sollte: Lukas Podolski, der am Flughafen immerhin einen seiner Döner-Läden betreibt. Mit einer Party samt Blaskapelle und Roten Teppich sollte dieser besondere Moment gefeiert werden. Am Ende ging der Plan gehörig in die Hose. Statt Lukas Podolski ist es Saugroboter Jupp, der als zehnmillionster Gast durch das Papp-Tor zur Abflughalle rollt. „Er hat einfach meine Träume weggesaugt“, zieht Borchert traurig Bilanz.

Am Flughafen Köln/Bonn ist Maxi Borchert inzwischen Kult. Marketing-Leiter ist er in der Realität allerdings nicht. Der fiktive junge Mann mit weißem Hemd und Krawatte im Flughafen-Design ist der Protagonist in der Social-Media-Videoserie des Airports. Genauer gesagt handelt es sich bei der Serie um eine Mockumentary. Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern „mock“ (verspotten) und „documentary“ (Dokumentarfilm) zusammen. Imitiert wird also ein Dokumentarfilm über den Flughafen – mit fiktiven Charakteren. Vorbilder des Genres sind unter anderem „Stromberg“ oder das noch jüngere Projekt „Die Discounter“.

Sowohl beruflich als auch privat überfordert: Schalter-Mitarbeiter Basti.

Sowohl beruflich als auch privat überfordert: Schalter-Mitarbeiter Basti.

Das Social-Media-Team des Flughafens habe bereits länger den Plan gefasst, ein Format auf die Beine zu stellen, das auffällt, unterhält und gleichzeitig verbindet, erklärt Flughafen-Sprecher Lukas Weinberger aus der realen Kommunikationsabteilung. Das Mockumentary-Format sei dafür besonders gut geeignet. Umgesetzt wurde das Projekt mit der für den Social-Media-Kanal „koelnistkool“ verantwortlichen Agentur KRANZ und dem Ministerium für Bewegtbild, einer Kölner Produktionsfirma.

Der Ansatz, sich mit einem Augenzwinkern selbst auf die Schippe zu nehmen, kam so gut an, dass der Flughafen für ihre Social-Media-Kampagne nun den „German Brand Award“ gewann. Die Kampagne habe neue Maßstäbe in der emotionalen Markenführung gesetzt, heißt es in der Begründung der Jury. Knapp drei Millionen Konten erreichten die Videos in den Sozialen Medien, mittlerweile ist auch klar: Es wird eine Fortsetzung geben. „Die Erwartungen waren hoch – die große Resonanz war dennoch überraschend“, sagt Weinberger.

Urgestein: Ännche betreibt das fiktive „Rio Reise“-Reisebüro im Flughafen.

Urgestein: Ännche betreibt das fiktive „Rio Reise“-Reisebüro im Flughafen.

Maxi Borchert (gespielt von Maximilian Thienen) nimmt seine Zuschauer in den Videos mit in die verschiedenen Bereiche des Flughafens. Auf der Besucherterrasse mit Blick aufs Rollfeld lässt er am liebsten die Seele baumeln – und geht mit seinem Mini-Camcorder seinem Hobby, der Flugzeug-Beobachtung nach. „Wenn mich Leute fragen: Maxi, was ist für dich Kunst, sag' ich: Ein Flugzeug, das fliegt.“

Welch abgedrehte Richtung die Videoserie einschlägt, zeigt sich spätestens im dritten Kurzvideo. Aus dem sechs Töne umfassenden Flughafen-Jingle, der unter anderem vor Durchsagen an den Terminals aus den Lautsprechern ertönt, hat Maxi Borchert einen Techno-Remix gebastelt. Ganz allein wirbelt er zu den neu kreierten Tönen durchs Gate. Bei den Nutzern auf Instagram kam das so gut an, dass viele forderten, der Remix müsse veröffentlicht werden. Der Flughafen reagierte: Mittlerweile ist er auf Spotify in voller Länge abrufbar.

Flughafen-Mockumentary: Improvisation beim Dreh

Die Dreharbeiten mitten im laufenden Betrieb des Flughafens seien eine große Herausforderung gewesen, erzählen Moritz Licht und Ella Stanley, die das Drehbuch geschrieben haben. „Wir mussten oft improvisieren“, sagt Licht. Zu kuriosen Szenen sei es häufig gekommen, etwa wenn Flughafen-Gäste die Protagonisten für echte Mitarbeitende hielten. Die Umsetzung des Projekts mache auch deshalb so viel Spaß, da der Flughafen dem Team „bemerkenswert viele Freiheiten“ gebe. Aktuell laufen die Dreharbeiten für die zweite Folge.

Die Videoserie widmet sich auch den unterschiedlichsten Menschen, die am Flughafen arbeiten. Da ist etwa das Flughafen-Urgestein Ännche, die das offensichtlich in den 80er Jahren hängengebliebene „Rio Reise“-Reisebüro betreibt. „Alles muss immer schneller gehen“, bemängelt Ännche die Entwicklugen ihrer Branche. „Wisst ihr, was im Wort Digitalisierung drinsteckt? Igitt!“

Oder der völlig unbeholfene und überforderte Schalter-Mitarbeiter Basti. Der will seine Kollegin Eternity aus dem „Lost and Found“-Bereich beeindrucken. Eternity ist mit ihrem Gothic-Look zwar „ein bisschen gruselig“, findet Maxi Borchert. Als „Experte für Alles“ fädelt er ein Treffen der beiden ein, doch Basti kriegt erst keinen Ton heraus und fängt dann aus Überforderung heraus auch noch an zu singen. Eternity zeigt sich wenig angetan, Basti aber hat – natürlich – „Flugzeuge im Bauch“. Alle Hauptcharaktere sind von professionellen Schauspielern gespielt. Eine Gastrolle übernahm Ex-Höhner-Sänger Henning Krautmacher.

Die Kurzvideos sind auf den Instagram-Kanälen „airportcgn“ und „koelnistkool“ abrufbar. Auf dem Youtube-Kanal „koelnistkool“ ist eine Langfassung der ersten Folge zu sehen.