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Frauenhäuser in KölnWohnungsnot erschwert Schutz für Frauen bei häuslicher Gewalt

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Symbolbild: Mann bedroht Frau mit geballter Faust.

Durch die Wohnungsnot in Köln erschwert sich die Suche nach einer eigenen Bleibe für Betroffene häuslicher Gewalt. 

Die Kölner Frauenhäuser sind am Limit. Der Wohnungsmangel erschwert die Suche nach einer eigenen Wohnung für Betroffene von häuslicher Gewalt.

„Wir bekommen fast täglich Anrufe von Frauen, die dringend eine Unterkunft brauchen“, sagt Mads Doneit. Sie arbeitet im 2. Autonomen Frauenhaus in Köln, das vom Verein „Frauen helfen Frauen“ getragen wird. „Viele flehen uns auch an.“ Die Schutzhäuser in Köln sind ausgelastet. „Wenn mal ein Platz frei wird, dann klingelt das Telefon sehr viel“, schildert Doneit. Doch das komme selten vor.

„Die Wohnungskrise spüren wir und die Bewohnerinnen sehr deutlich“, so Doneit. Ein Platz in einem Frauenhaus sei eine Übergangslösung. „Der Aufenthalt im Frauenhaus dauert im besten Fall von einem halben bis einem Jahr, je nachdem, was es für die Sicherstellung von Schutz, emotionaler Stabilisierung und Perspektive für den eigenständigen Neuanfang braucht. Der durchschnittliche Aufenthalt hat sich aber deutlich verlängert, weil es an Wohnraum fehlt.“

Frauen bleiben länger in Schutzhäusern

Mittlerweile würden einige Frauen mit ihren Kindern bis zu zwei Jahre in den Schutzhäusern verbringen. „Frauenhäuser sind nicht dafür gedacht, dass dort langfristig gelebt wird. Sie sind Schutzplätze für Frauen, die keine andere Option mehr haben, als aus der Gewaltsituation zu fliehen.“ Durch die verlängerten Aufenthalte aufgrund des Wohnungsmangels litten wiederum Frauen darunter, die dringend Hilfe benötigen.

Beratungsstellen der Kölner Gewaltschutzzentren unterstützen Betroffene häuslicher Gewalt. Auch die Entscheidung für Schutz in einem Frauenhaus gehört dazu. Die Betroffenen können sich entweder selbst melden oder nach einem Polizeieinsatz über die Beamtinnen und Beamten an die Beratungsstellen vermittelt werden. Das Zentrum der Diakonie Michaelshoven ist für alle erwachsenen Betroffenen im rechtsrheinischen Köln zuständig, der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) betreut die linksrheinische Seite.

Mit dem sogenannten Polizeigesetz können Polizeibehörden eine sofortige räumliche Trennung anordnen und die gewalttätige Person aus der Wohnung verweisen, selbst wenn diese dort gemeldet ist oder Miteigentum besitzt. Sie erhält ein Betretungs- und Rückkehrverbot zur Wohnung. Häufig wird zusätzlich ein Kontaktverbot ausgesprochen. Die Wegweisung gilt je nach Landesrecht für zehn bis 14 Tage und hilft dem oder der Betroffenen, sich zu schützen.

Einschätzung der Gefährdungslage durch gewalttätige Person

Nach dem Polizeieinsatz kommen die Gewaltschutzzentren ins Spiel. „Wir kontaktieren die betroffene Person und bieten unsere Beratung an“, erklärt Marina Walch, Einrichtungsleitung der Frauenberatung und des Gewaltschutzzentrums „Der Wendepunkt“ der Diakonie Michaelshoven. In der ersten Phase der Beratung werde die Situation eingeschätzt. „Wir schauen, ob sie in der Wohnung, in der sie sich gerade befindet, sicher ist und wie hoch die Gefährdung durch den Partner ist.“ Beispielsweise könnten Partner in Erdgeschosswohnungen oder durch Balkontüren eindringen. „Dann ist die Person in der Wohnung nicht sicher. In solchen Fällen versuchen wir, eine andere Unterbringung zu organisieren.“

Dabei stehe auch eine Unterbringung im Frauenhaus zur Debatte. „Die meisten Frauen wollen lieber zu Hause bleiben“, sagt Walch. Zu gehen sei ein Verlust – nicht nur für die Frau, sondern auch für die Kinder. „Sie verlassen von jetzt auf gleich die Wohnung und sehen die Dinge, die sie zurücklassen, vielleicht nie wieder.“

Heute gibt es keine freien Wohnungen mehr in Notsituationen

Früher habe der Gewaltschutz die Frauen darin unterstützt, einen Wohnberechtigungsschein zu beantragen, und das Wohnungsamt kontaktiert. „Dort konnten wir deutlich machen, dass eine Frau besonders dringend eine Wohnung braucht, um aus der häuslichen Gewalt herauszukommen“, schildert Walch. „Dann gab es auch wirklich Vermittlungen.“ Heute gebe es diese Möglichkeit nicht mehr. „Vor 15 Jahren gab es noch freie Wohnungen, die in ganz dringenden Notsituationen vergeben werden konnten. Jetzt sind keine mehr da.“ Die Situation verschärfe sich seit einigen Jahren immer weiter. 

Mittlerweile versuche der Gewaltschutz, die Frauen darin zu unterstützen, in ihrem Umfeld und in ihrer Wohnung zu bleiben – sofern es die Gefährdungslage zulässt. „Das ist natürlich die beste Möglichkeit. Aber in anderen Fällen bleibt nur noch die Option, ins Frauenhaus zu gehen“, erklärt Walch.

Seit 2020 stelle die Stadt den beiden Gewaltschutzzentren der Diakonie und dem Sozialdienst katholischer Frauen ein sogenanntes Clearinghaus zur Verfügung, also eine Einrichtung, die Frauen in Gewaltsituationen aufnimmt. „Dort gibt es fünf Appartements, wo wir bedrohte Frauen und ihre Kinder kurzfristig für zwei Wochen unterbringen und betreuen können“, erklärt Walch. „Das ist eine erste kurzfristige Schutzmöglichkeit, in der wir in Ruhe die langfristige Perspektive klären können, die oft zur Entscheidung für das Frauenhaus führt.“

Infrastruktur in Frauenhaus ist prekär

„Wenn der Grund für den Aufenthalt im Frauenhaus noch daran hängt, dass keine eigene Wohnung gefunden wird, kann das sehr belastend sein“, schildert Doneit. „Es wird immer enger, die Bewohnerinnen teilen sich Räumlichkeiten, es kommen immer neue Leute dazu.“ Doneit beschreibt die Infrastruktur des 2. Autonomen Frauenhauses als prekär – auf zwei Etagen stehen jeweils fünf Zimmer mit einem gemeinsamen Bad zur Verfügung. Die müssen sich fünf Frauen und deren Kinder teilen. Zudem ist das Frauenhaus ein Schutzraum, deren Adresse anonym gehalten wird, weswegen die Bewohnerinnen keinen Besuch empfangen oder Kindergeburtstage feiern können.

Der Mangel an Sozialwohnungen trage laut Doneit maßgeblich zur verschärften Situation bei. „Dann gibt es noch den freien Wohnungsmarkt, der stark von sozialer Ungleichheit geprägt ist“, sagt Doneit. Online gebe es kaum noch Angebote, die ohne bezahlten Account kontaktiert werden können. „Alleinerziehende Mütter bekommen selten überhaupt eine Antwort.“ Vor einigen Jahren sei es vor allem für Frauen mit vielen Kindern schwierig gewesen, eine Wohnung zu finden. Mittlerweile habe sich die Situation jedoch für alle deutlich verschlechtert.

Der Verein „Frauen helfen Frauen“ appelliert dringend an Privatpersonen, die Wohnungen vermieten. „Menschen, die Wohnungen besitzen, können uns und betroffenen Frauen als auch ihren Kindern enorm helfen“, so Doneit. „Bevor sie die Wohnung auf den freien Markt stellen, können sie sich bei uns melden und wir können die Wohnung direkt an die Frauen oder Familien vermitteln.“ Bedarf gebe es demnach immer.

Es gebe aber auch erfolgreiche Vermittlungen über den Wohnberechtigungsschein. „Es ist das Schönste, die Frauen und ihre Familien in ihre eigenen Wohnungen zu begleiten“, sagt Doneit. Der Verein unterstütze beim Umzug und stehe ehemaligen Bewohnerinnen weiterhin zur Seite. „Wir feiern das gemeinsam und freuen uns, dass ein eigenständiges Leben für die Frauen beginnt. Das wünschen wir uns für alle, aber wir stoßen sehr an unsere Grenzen.“