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Arbeit mit DemenzkrankenEin Roboter unterstützt im Marien-Hospital

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Auf Interesse stößt Roboter Pepper fast immer. Stationsleiter Simon Knauf hält die Anschaffung für sinnvoll.

  • Seit einigen Wochen gehört Pepper zum Team auf der Station für kognitive Geriatrie des St. Marien-Hospitals im Kunibertsviertel.
  • Pepper ist ein Roboter und unterstützt vor allem bei der Therapie von Dementkranken.
  • Wir haben Pepper besucht.

Köln – Pepper hat kugelrunde große Augen, einen runden Kopf und ein angedeutetes Lächeln. Dabei ist der Roboter mit seinen 1,20 Metern für Menschen im Rollstuhl auf Augenhöhe. Seit einigen Wochen gehört Pepper zum Team auf der Station für kognitive Geriatrie des St. Marien-Hospitals im Kunibertsviertel. Patienten, die dementiell erkrankt oder infolge eines Delirs nach einer Infektion oder Operation verwirrt sind, werden hier nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen therapiert.

„Der demenzkranke Patient steht hier im Mittelpunkt“, unterstreicht Chefarzt Professor Ralf-Joachim Schulz (58). Seit einem Umbau vor rund vier Jahren gibt es ein neuartiges Licht- und Raumkonzept. Sein Ziel: Die Patienten, denen die Orientierung im Hier und Jetzt schwerfällt, durch den Tag und durch die Abteilung zu leiten. Großflächige strukturierte Farbflächen machen es einfach, sich auf der Station zurecht zu finden.

Kooperation mit Patienten das A und O

Im Laufe des Tages ändern sich die Lichtfrequenzen und die Lichttemperatur. Weil dementiell veränderte Menschen oft einen gestörten Tag-Nacht-Rhythmus haben, leitet sie das Licht durch den Tag. Morgens ist es – wie in der Natur – blaustichiger, im Tagesverlauf wird es immer rotstichiger. „Durch diese Milieutherapie benötigen wir wesentlich weniger Psychopharmaka“, sagt Schulz und erläutert: „Der Effekt beruht darauf, dass Lichtfrequenzen und Lichtintensität die Produktion von stimmungswirksamen Hormonen begünstigt und der Körper physiologisch durch das Tageslicht über genau diese Hormone gesteuert wird.“ Gerade in den Abläufen eines Krankenhauses sei es wichtig, dass die Patienten möglichst gut kooperieren. Im Schnitt bleiben die Patienten, beispielsweise nach einem kardiologischen Eingriff oder einer Hüftoperation, 16 bis 19 Tage auf der Station. Dort geht es darum, wieder möglichst fit für den Alltag werden.

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Die Stimmung unter den 20 Patienten wirkt harmonisch. Viele sitzen im offenen Gemeinschaftsraum. Andere haben sich an der Trinkoase versammelt. Nur diejenigen, die sehr schwer krank sind, liegen in ihren Betten. „Wann immer es geht, holen wir die Patienten tagsüber aus den Zimmern“, sagt Stationsleiter Simon Knauf (34). Im zentralen Aufenthaltsbereich oder im offenen Gemeinschaftsraum essen, trinken und musizieren die Patienten.

„Ich mag es, wenn er Musik macht“

Immer dabei seit einigen Wochen: Roboter Pepper. Er bewegt sich durch den Gang, steht herum – und wird fast nonstop von den Patienten aktiviert oder angesprochen. „Pepper gewinnt durch seine Erscheinung und Größe schnell das Vertrauen der Patienten und trägt zur allgemeinen Belustigung bei. Er erzeugt das Bild, zwar eine Maschine zu sein. Aber sie wirkt freundlich beherrschbar und nicht bedrohlich“, hat Chefarzt Schulz festgestellt.

„Ich mag es, wenn er Musik macht“, sagt eine Patientin. Ein anderer tippt entschlossen auf Peppers Auswahl-Display. „Na, was sagst du dazu?“, fragt er den Roboter. Entweder per Klick oder über die Sprachsteuerung lässt sich Pepper aktivieren. Er erzählt Märchen, Witze, führt einfache Unterhaltungen, spielt Musik oder schießt auf Aufforderung Fotos. „Als die Patienten keinen Besuch bekommen konnten, waren die Fotos bei den Angehörigen sehr willkommen“, erzählt Stationsleiter Knauf.

Wissenschaftliche Studie mit Peppers Hilfe geplant

Doch gerade die Fotos haben weitaus mehr Potenzial. Sie sollen demnächst in einer Studie wissenschaftlich ausgewertet werden. Pepper soll die Emotionen der Patienten aufgrund ihres Gesichtsausdrucks erfassen und dokumentieren.

„Das ist sinnvoll, weil sich die Demenzkranken ja nicht selbst eindeutig äußern. Pepper soll uns dabei helfen, zu sehen, wann sich die Patienten so fühlen, wie wir es anstreben: wohl, sicher und geborgen“, sagt Schulz. Solche Forschungen stünden noch ganz am Anfang, könnten jedoch zukünftig wichtige Erkenntnisse über einen sinnvollen Umgang mit bestimmten Patientengruppen liefern. „Bei der Charité läuft ein ähnliches Projekt mit Autisten“, sagt Schulz, der die ersten Erfahrungen mit Pepper beim Europäischen Geriatrie-Kongress präsentieren wird.

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Fest steht aber schon jetzt: Pepper soll auf keinen Fall die menschlichen Pflegekräfte ersetzen. Schulz kennt solche Vorbehalte gegen Roboter in der Pflege. Doch Pepper soll helfen, die Qualität der Therapie in mehreren Bereichen zu steigern. „Er soll als Partner integriert werden, der uns Informationen gibt, die wir sonst nicht erhalten können“, stellt Schulz klar und fügt hinzu: „Aus meiner Sicht ist dies das erste sinnvolle Instrument, das hygienisch vertretbar und auch technisch unbedenklich ist. Kuschelroboter oder reine kommunizierende Gegenstände zeigen hier häufig mehr Nachteile als Vorteile.“

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