In der Schau „Grund und Boden“ im K21 in Düsseldorf stellen sich 34 Künstler der Frage, wie wir miteinander leben
Ausstellung im K21Die Erde unter unseren Füßen

Die Kunstfigur "Asche Lützerathi" von J.P. Raether
Copyright: J.P. Raether
Wir graben uns die Erde unter den eigenen Füßen weg. Nichts veranschaulich in einer Zeit des Klimawandels die Absurdität dieses Tuns besser als der Tagebau. Es ist deswegen kein Wunder, dass sich im K21 gleich zwei Künstler damit auseinandergesetzt haben. Während auf Andreas Gurskys Fotografie zu sehen ist, wie Klimaaktivisten in Lützerath vor der Räumung ihres Protestcamps durch die Polizei in ihre Baumhäuser fliehen, dokumentiert Performancekünstler J.P. Raether eine Aktion, die er 2022 in Garzweiler startete, wo er die Kunstfigur „Asche Lützerathi“ in ihre Einzelteile zerfallen ließ.
Parlamentsvergangenheit
Auf einem Podest ruhen sie jetzt in einer Urne. Am letzten Tag der Ausstellung soll die Figur auferstehen und zum größten Braunkohletagebau Europas in Hambach weiterziehen. Gursky und Raether sind nur zwei von 34 Künstlern, die sich im ehemaligen Ständehaus mit dem Thema „Grund und Boden“ auseinandersetzen und sich der Frage stellen, „wie wir miteinander leben“. Es könnte keinen besseren Ort für die Ausstellung geben als dieses Haus mit seiner Parlamentsvergangenheit. Wo früher Stände und Landtagsabgeordnete debattierten, spüren jetzt Kunstschaffende aus der ganzen Welt dringenden Fragen der Gegenwart nach.
Dass die gar nicht so neu sind, zeigt schon das riesige im Lichthof hängende Bild, das einen Ausschnitt aus Peter Bruegels „Triumph des Todes“ von 1562/63 zeigt. Künstler Alex Wissel entdeckte das Bühnenbild bei einer Inszenierung im Schauspiel Köln. Schon die darauf dargestellten Bauern kämpften gegen ruchlose Großgrundbesitzer, die ihnen mit ihren hohen Abgaben das Überleben immer schwerer machten. „Boden verbindet, Boden trennt“, bringt der Kurator der Ausstellung, Kolja Reichert, das Grundproblem auf den Punkt. Während für die einen der Boden unter den Füßen Heimat bedeutet, ist er für andere nur Spekulationsobjekt, mit dem sich Geld machen lässt.
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Krieg und Vertreibung
Krieg und Vertreibung spielen in den gezeigten Arbeiten ebenso eine Rolle wie die Zerstörung der Natur. Dokumentarische Ansätze vermischen sich mit utopistischen Gegenentwürfen. Oft geht es um Regeneration und Selbstverwaltung. Das alles ist sehr politisch und total global. So wie die Direktorin der Kunstsammlung NRW, Susanne Gaensheimer, das am liebsten mag. Ein Hauch von Documenta weht durchs K21. Verkopft mag mancher denken. Nicht unbedingt. Im Idealfall ist es auch atmosphärisch, wie bei der Arbeit des aus Sri Lanka stammenden Christopher Kulendran Thomas: Auf einer riesigen Leinwand zeigt er den Dschungel seiner Heimat, Insekten zirpen, Vögel zwitschern.
Davor stehen im Dunkel seltsame Wesen. Der Künstler spielt damit auf einen Wald in Eelam an, wo sich während des Bürgerkrieges 2009 ein Massaker an Tamilen ereignete. Die Regierung hat das Areal wegen „archäologischer Forschung“ heute gesperrt. In Wahrheit will sie die Spuren des Bürgerkriegs vertuschen. Dem widersetzt sich Kulendran Thomas, indem er den Wald virtuell begehbar macht. Nicht weniger eindrucksvoll ist das unter dem Kürzel CATPC agierende Kollektiv der ehemaligen Plantagenarbeiterinnen aus dem Kongo. Früher produzierten sie Palmöl zur Schokoladenherstellung für den Unilever-Konzern, der mit dem Profit publikumswirksam bis in die 2010er Jahre als Förderer von Kultur auftrat. Heute schaffen sie selbst Kunst, kaufen sich ihr Land zurück, bestellen es nachhaltig und haben ein eigenes Museum eröffnet.
Große Namen enttäuschen eher
In der Rotunde des Untergeschosses erzählen ihre aus Schokolade gemachten Skulpturen im K21 ihre geniale Erfolgsgeschichte. Die großen Namen enttäuschen in der Ausstellung eher. Die Ecke, die der Landart Künstler Richard Long 1969 für die Düsseldorfer Galerie Konrad Fischer aus Kiefernnadel streute, ist in neuer Form jetzt in der Beletage des K21 zu sehen. Gleich neben dem aus Erde geformten Körpern, die der Japaner Shimabuku in Anspielung auf John Lennon und Yoko Ono mit dem Titel „Bed Peace“ betitelt hat. Nur die Köpfe der beiden sind aus Stein.
Und das Quadrat, das Joseph Beuys 1961 aus zwei Pappkartons geschnitten hat und eher aussieht wie ein Bild von Josef Albers, will so gar nicht zur Aufgabenstellung passen. Wo sein Werk doch so viele Arbeiten zum Thema hergegeben hätte. Das aber ist nur ein kleiner Schönheitsfehler. Ist es doch eh viel interessanter, die fremde weite Welt zu entdecken, als den eigenen „Grund und Boden“.
Bis 19. April, Di bis So 11-18 Uhr, freier Eintritt jeden Freitagnachmittag. Ständehausstraße 1.
