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Theater BonnPremiere des Stückes „Die Zeitmaschine“ von H.G. Wells

Lesezeit 3 Minuten
Premiere von "Die Zeitmaschine" im Theater Bonn.

Im Film „Zurück in die Zukunft“ war es ein Delorean DMC-12, der die Zeitreisen ermöglichte. Natürlich durfte diese berühmte Film-Szene auch in der Premieren-Aufführung „Die Zeitmaschine“ im Theater Bonn nicht fehlen.

Utopie trifft Dystopie: „Die Zeitmaschine“ feiert umjubelte Premiere am Theater Bonn. Bonner Kinder und Jugendliche bilden den Hauptteil des Ensembles.

Zwischen Hoffnung und Verzweiflung liegen an diesem Abend mitunter nur wenige Sekunden. Mal offenbart der Blick in die Zukunft eine paradiesische Welt: Die Menschheit ist gebildet und intelligent, umgeben von Früchten und süß duftenden Blumen, ansteckende Krankheiten gibt es nicht mehr. Dann dreht sich ein Brummkreisel auf dem Bühnenboden, unterbricht die zaghafte Utopie, versetzt stattdessen zurück in ein mittelalterliches Dorf. Das Leben dort ist grausam, die Bewohner durch hohe Steinmauern von der Sonne abgeschirmt. Doch sie alle zieht es zum Licht, sie sind zum Äußersten bereit, um die Mauern zu überwinden. Jeden Tag gibt es Tote.

Es ist ein bildgewaltiges Kaleidoskop der Gefühle, das sich am Samstagabend im Schauspielhaus in Bonn-Bad Godesberg entfaltete. In der Inszenierung von Dominic Friedel feierte „Die Zeitmaschine“ nach dem Roman H.G. Wells Premiere. Erneut hat der Regisseur in Bonn ein partizipatives Projekt auf die Bühne gebracht, arbeitet mit den Ensemblemitgliedern Christian Czeremnych und Sören Wunderlich sowie 21 Kindern und Jugendlichen aus Bonn zusammen. Wie blicken sie auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft? Eindrucksvoll verwebt das Stück ihre Visionen mit Wells„ Erzählung vom namenlosen Zeitreisenden.

Einen losen roten Faden bildet die Handlung des Romans: Im Jahr 802 701 lebt die Menschheit getrennt voneinander in der Oberwelt und der Unterwelt. Das Paradies, das der Zeitreisende bei seiner Ankunft zunächst vermutet, stellt sich als trügerische Illusion heraus. Die Morlocks der Unterwelt halten sich die Bewohner der Oberwelt, die Eloi, als Mastvieh.

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Wunderbar selbstironisch

Czeremnych und Wunderlich erzählen diese Geschichte als doppelter H.G. Wells mit Schnäuzer und Föhnfrisur (Kostüme: Annika Garling) wunderbar selbstironisch. Immer wieder werden sie von den jungen Darstellerinnen und Darstellern unterbrochen, ziehen sich gegenseitig aus dem Sichtfeld, beobachten die persönlichen Zeitreisen, die sich sodann auf der Bühne entfalten, mit aufmerksamen Mienen.

Mühelos changiert diese Inszenierung zwischen Leichtigkeit und Schwermut (Dramaturgie: Carmen Wolf). Es ist ein liebenswerter Querschnitt der Träume und Wünsche, Sorgen und Ängste dieser Kinder und Jugendlichen. Sie erzählen von einem Virus, das vor Tausenden Jahren alle Menschen tötete. Von einer Erde aus Stahl und Plastik. Von ausgetrockneten Flüssen und eingestürzten Bergen. Doch gleichzeitig gibt es da den Traum von der Hochzeit in einer Kirche in Lengsdorf. Von Liebe. Von neuen Tieren wie dem „Stibbelwanz“ oder Pflanzen namens „Glumbopf“, die mehr als 20 Meter hoch wachsen können.

Regisseur Friedel zeigt nach Inszenierungen wie „Der Schimmelreiter“ oder „Jugend ohne Gott“ einmal mehr, dass die Welt aus den Fugen ist. An diesem Abend sogar buchstäblich. Zwei rostige Halbkugeln prägen das dystopische Bühnenbild (Julian Marbach), die Erde ist nurmehr als Gerippe vorhanden. Doch anders als in der Vorlage von H.G. Wells stehen die Zeichen trotzdem auf Hoffnung. Die unansehnlichen Narben dieser zerbrochenen Weltkugel verdeckt das Ensemble am Ende behände mit neonfarbenen Schnüren und Bändern. Kunstvoll setzen sie die Hälften wieder zusammen. Zuversicht keimt auf: Ist es noch nicht zu spät? Wer die klugen Gedanken und intelligent erdachten Zeitreisen dieses jungen Ensembles gesehen hat, mag selbst gern daran glauben.

Viel Applaus für Laiendarsteller

Hand in Hand stehen die Darsteller am Ende aufgereiht nebeneinander auf der Bühne. Dann erklingt der verdiente Jubel und donnernde Applaus. Ovationen im Stehen für Christian Czeremnych und Sören Wunderlich sowie die Bonner Kinder und Jugendlichen, die mit viel Leidenschaft und Präsenz „Die Zeitreise“ bereichert haben. Daher sollen auch alle namentlich erwähnt werden. Es spielten mit: Leilani Basu-Weidner, Henrik Brouwers, Jerome Clemens, Franka Gübitz, Laszlo Helbling, Jana Heller, Elena Jakobi-Comtet, Johanna Korn, Jan Kreutzmann, Eva Summer Leyow, Diana Liushyna, Daniel Meißner, Louise Noll, Emilia Paereli, Antonia Riet, Idina Tetteh, Andreas Tsekos, Victor von Braun, Mariella Weindel, Frieda Wirkus und Maria Zubayrova.

Die nächsten Aufführungen: 12., 27. April, 7., 25. Mai. Tickets und Infos: www.theater-bonn.de

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