Corona-Krise in StraßburgAlte Patienten werden in Straßburg nicht länger beatmet

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  • Die Lage im Elsass wird zunehmend dramatisch, schwere Fälle weden in andere Landesteile verlegt.
  • Präsident Macron spricht von einem „Krieg“ gegen das Virus.
  • Von der Lage vor Ort berichtet unser Korrespondent.

Der Kampf gegen die Corona-Epidemie im Elsass nimmt dramatische Ausmaße an. Am Donnerstag sind 20 Patienten in einem medizinisch umgerüsteten Hochgeschwindigkeitszug TGV aus Straßburg in verschiedene Krankenhäuser in andere Landesteilen transportiert worden. Die Intensivstationen in der Stadt sind seit Tagen hoffnungslos überfüllt. Das Elsass ist eine der am schwersten betroffenen Regionen Frankreichs. Die Zahl der Todesopfer stieg derweil im ganzen Land auf über 1330. Mehr als 11.500 Menschen seien wegen einer Corona-Infektion ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Selbst infizierte Ärzte arbeiten

Wie dramatisch die Lage ist, wird in einem Bericht deutlich, den Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin in Tübingen an die baden-württembergische Landesregierung geschickt haben. Demnach arbeiten Mediziner an der Universitätsklinik Straßburg auch dann weiter mit Corona-Patienten, wenn sie selbst infiziert sind. Zudem würden über 80-jährige Patienten nicht mehr beatmet. Stattdessen erfolge „Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmitteln“, heißt in dem Papier, das am Mittwoch öffentlich wurde. Die deutschen Ärzte hatten das Universitätsklinikum in Straßburg Anfang dieser Woche besucht.

Mangel an Beatmungsgeräten

Ein zentrales Problem im Elsass ist offensichtlich der Mangel an Beatmungsgeräten. Das Krankenhaus in Straßburg müsse seit Sonntag pro Stunde einen beatmungspflichtigen Patienten infolge einer Corona-Infektion aufnehmen, heißt es. Beim Besuch der deutschen Katastrophenmediziner standen offensichtlich nur 90 Beatmungsbetten zur Verfügung. Die Klinik baut ihre Kapazitäten derzeit aus. Mehrere schwer kranke Patienten aus dem Grenzgebiet wurden wegen der Schwierigkeiten, sie zu versorgen bereits nach Deutschland und in die Schweiz gebracht.

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Die Coronapandemie hat natürlich Auswirkungen auf den Rest der Klinik in Straßburg. So wird offensichtlich nur noch eine lebenswichtige Bypass-Operation durchgeführt, es gibt keine Tumor-Chirurgie mehr und keine ambulanten Operationen. Alle Patienten, die gehen können und bei denen es gesundheitlich vertretbar ist, wurden entlassen.

Kein Vergleich zu Deutschland zu ziehen

Der Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums betonte, es handle sich um eine Beschreibung der Zustände der Uniklinik Straßburg. Dieser Zustand sei mit der Situation der Kliniken in Baden-Württemberg nicht vergleichbar, da Deutschland sich sehr früh um eine Eindämmung bemüht habe und die Epidemie in Frankreich weiter fortgeschritten sei. Angesichts der Zustände im Elsass kommen die Verfasser des Schreibens an das Ministerium allerdings zu dem Schluss, dass „weitere konsequente Maßnahmen der Landesregierungen, der Krankenhäuser und der Rettungsdienste in Deutschland unabdingbar“ seien. Die Region Grand Est, zu der neben dem Elsass auch Lothringen und Champagne-Ardenne gehören, wird wegen der vielen Infektionsfälle auch vom deutschen Robert-Koch-Institut als Risikogebiet eingestuft.

Präsident spricht von Krieg gegen das Virus

Bei einem Besuch in Mulhouse am Mittwoch unterstrich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wiederholt, dass sich das Land in einem „Krieg“ gegen das Virus befinde. Er äußerte sich nach dem Besuch eines neu errichteten Militärlazaretts, das die überfüllten Krankenhäuser in der Region entlasten soll. Macron versprach für die Zukunft „massive“ Investitionen in öffentliche Krankenhäuser. In den vergangenen Jahren hatte das französische Gesundheitssystem immer wieder Sparrunden erlebt, was jetzt offenbar die Probleme beim Eindämmen des Virus befeuert hat. Der Präsident konnte seinen Landsleuten allerdings keine Hoffnung auf ein schnelles Ende der Krise machen. Frankreich stehe erst am Anfang. „Aber wir werden das durchstehen, weil wir nicht aufgeben werden, weil wir stark sind“, sagte der Präsident.

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Mit dem Bau des Militärlazaretts in Mulhouse ist in Frankreich in dieser Krise zum ersten Mal auch das Militär mobilisiert worden. Nach dem Willen Emmanuel Macrons soll der Einsatz unter dem Namen „Résilience“ (Widerstandskraft) noch wesentlich ausgedehnt werden. Die Armee soll demnach Aufgaben in den Bereichen Gesundheit und Logistik erfüllen und den Schutz sensibler Einrichtungen gewährleisten. Nach Angaben des französischen Generalstabs könnten die Soldaten etwa Atomkraftwerke schützen, von denen die Stromversorgung in Frankreich maßgeblich abhängt. Zudem könnten sie die Polizei bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung entlasten. Wie viele Soldaten insgesamt für die Operation eingesetzt werden, ließ der Staatschef offen.

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