Experten geben AntwortenWas man jetzt über Astrazeneca in NRW wissen muss
Lesezeit 3 Minuten
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).
Copyright: dpa
ANZEIGE
ANZEIGE
Düsseldorf – Der überraschend verhängte Corona-Impfstopp mit Astrazeneca bei Menschen unter 60 Jahren wegen des Verdachts auf ein erhöhtes Thrombose-Risiko wirbelt die Planungen in NRW kräftig durcheinander. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) und der Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums Essen, Professor Dr. Jochen A. Werner, beantworteten am Mittwoch die drängendsten Fragen.
Was passiert mit den Zweitimpfungen?
In NRW wurden seit Anfang Februar etwa 600.000 Menschen unter 60 Jahren bereits mit Astrazeneca geimpft – vor allem Beschäftigte aus dem medizinischen Bereich sowie aus Schulen und Kitas. Ab der zweiten Mai-Woche würde für die ersten von ihnen die notwendige Auffrischungsimpfung anstehen. Die Ständige Impfkommission will bis Ende April entscheiden, wie hier weiter verfahren werden soll. Laumann versprach: „Jeder, der mit diesem Impfstoff geimpft worden ist, muss sich jetzt über diese Frage keine großen Sorgen machen.“ Bis dahin werde geklärt, wie die Immunisierung abgeschlossen werden kann.
Was passiert jetzt mit den Astrazeneca-Dosen?
Das Landeslager ist aktuell leer. NRW erwartet aber am Samstag noch einmal eine große Astrazeneca-Lieferung von etwa 380.000 Dosen. Am Samstag soll das Terminsystem der Kassenärztlichen Vereinigungen für NRW-Bürger über 60 Jahren, die sich mit Astrazeneca impfen lassen wollen, freigeschaltet werden. Geimpft werden sie dann nach Ostern in den landesweit 53 Impfzentren, die ihre Öffnungszeiten erweitern müssen. „Es ist medizinisch vernünftig, sich als Über-60-Jähriger mit diesem Impfstoff zu schützen“, betonte Laumann.
Ab Samstag können sie über das Terminportal der Kassenärztlichen Vereinigungen einen Termin buchen: Online unter Protected link oder telefonisch über die zentrale Rufnummer 116117 oder 0800 116117 02 für Westfalen-Lippe und 0800 116 117 01 für das Rheinland.
Sollten sich Ü-60-Jährige damit impfen lassen?
„Für die Gruppe ab 60 gibt es eine hinreichende Studienlage zur ganz klaren Effektivität der Impfungen mit Astrazeneca, weshalb wir auch diese Verimpfungen empfehlen“, sagte Professor Werner, der an der Uniklinik Essen das landesweit größte Covid 19-Zentrum verantwortet. Er könne sagen: „Die Wirkung ist nachgewiesen: Wer möchte es haben?“
Kann man sich als Jüngerer weiter impfen lassen?
Jüngere Impfberechtigte, also vorwiegend bestimmte Berufsgruppen, dürfen sich nach Rücksprache mit ihrem Arzt auch weiterhin auf eigenes Risiko mit Astrazeneca impfen lassen.
Wann startet die Hausarzt-Impfung?
Nach Ostern werden erstmals auch die Hausärzte in NRW in die Impfkampagne einbezogen. Rund 400.000 Impfdosen vor allem von Biontech sollen zunächst an die Praxen ausgeliefert werden. Sie sind für chronisch kranke Menschen und stark Pflegebedürftige vorgesehen. Später werden auch Astrazeneca-Dosen an die Hausärzte geliefert. „Ich freue mich, dass die Hausärzte zunehmend stark in das Impfgeschehen eingreifen werden. Das ist unbürokratischer, das ist ortsnäher, und zum Hausarzt hat man ein anderes Vertrauensverhältnis“, sagte Laumann.
Wie kann es überhaupt zum Hin und Her kommen?
Die Impfkampagne sei immer „ein lernendes System“, erklärte Professor Werner. Nach der Zulassung eines Vakzins mit einigen Zehntausend Studien-Teilnehmern könne es nach millionenfacher Verimpfung bei den Praktikern weitergehende Erkenntnisse geben. „Die Resultate können nicht am grünen Tisch erarbeitet werden oder aus der Literatur nachvollzogen werden“, so Werner.
Wann treten Astrazeneca-Nebenwirkungen auf?
Die Ständige Impfkommission hatte eine Zeitspanne von 16 Tagen nach der Impfung genannt, in denen Nebenwirkungen auftreten können. Professor Werner stellte jedoch klar: „Bitte alle daran denken: Es sind super seltene Ereignisse. Nicht jede Kopfschmerz-Problematik bedeutet Sinusvenenthrombose.“ Wer Zweifel oder anhaltende Beschwerden habe, solle es ärztlich abklären lassen oder die Notaufnahme der Krankenhäuser aufsuchen.
„Ich hätte überhaupt kein Problem, mich heute am Tag mit Astrazeneca impfen zu lassen, null Probleme hätte ich damit“, sagte Laumann. Er warte jedoch, bis er an der Reihe sei. Als zuständiger Minister könne man es nur falsch machen: Entweder ist man ein Vordrängler oder ein schlechtes Vorbild, der die Impfung scheut.
Wie groß ist der Schaden für die Impfkampagne?
Laumann geht davon aus, dass es in der gesamten Impfkampagne zu keinen Verzögerungen kommt. Da die Gruppe der 60- bis 69-Jährigen in NRW rund 2,2 Millionen Bürger umfasst und damit ein sehr großer Kreis plötzlich zu den sofort Impfberechtigten gehört, soll die Immunisierung der Gesellschaft insgesamt nicht stocken.