Großveranstaltungen, BürorückkehrWas in NRW nun alles wieder möglich ist
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Die Zahl der Masken in den Fußgängerzonen könnte in NRW bald abnehmen.
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Düsseldorf – „NRW macht sich locker“ hätte das Motto für den Auftritt von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Mittwoch sein können. Weil die Infektionszahlen niedrig sind, leistet sich das Land ab Freitag und vorläufig bis zum 5. August vielerorts den Verzicht auf Grundrechtseingriffe. Wer einkaufen oder mit dem Bus fahren will, muss zwar noch Maske tragen. Aber sonst soll das Leben praktisch wieder so sein „wie vor Corona“. Auch große Feiern sind drin.
Was bedeutet die neue „Inzidenzstufe 0“?
Sie gilt in Kreisen und kreisfreien Städten, die seit mindestens fünf Tagen eine Sieben-Tage-Inzidenz von zehn oder weniger haben, und beinhaltet die Aufhebung eines Großteils der Corona-Maßnahmen. Die Kontaktbeschränkungen fallen weg, jeder kann sich also mit so vielen Menschen treffen, wie er will. Der Mindestabstand wird nur noch empfohlen. Wenn – wie im Moment – auch für das Land NRW die Inzidenzstufe 0 gilt, ist das Maskentragen nur noch in Bussen und Bahnen und beim Einkaufen Pflicht. In der Gastronomie entfällt die Pflicht der Erfassung von Kontaktdaten.
Kassenärzte: Auch doppelte Astrazeneca-Impfung schützt gut
Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) zu Kreuzimpfungen mit Astrazeneca und Biontech hat in den nordrheinischen Arztpraxen Chaos ausgelöst. „Die Empfehlung kam zu schnell und ohne den nötigen Vorlauf“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann, am Mittwoch. Praxen bekamen in der Folge Anrufe vor allem von Menschen, die bereits einen Termin für eine Zweitimpfung mit Astrazeneca hatten. Viele bestanden nun darauf, die Kreuzimpfung in Anspruch zu nehmen, und sagten ihre Termine ab. Da die Arztpraxen ihre Impfstoffe immer dienstags für die darauf folgende Woche bestellen müssen, war es nicht mehr möglich, die Wünsche nach einem anderen Vakzin zu erfüllen.
An der Kreuzimpfung sei medizinisch nichts auszusetzen, sagte Bergmann. „Wir hätten uns aber gewünscht, die Stiko hätte die Empfehlung anders kommuniziert. Nämlich als eine zusätzliche Option neben den anderen ebenfalls guten Optionen.“ So aber werde mit Astrazeneca ein „guter Impfstoff mehr oder weniger verbrannt“. Eine dieser „guten Optionen“ seien zwei Spritzen mit dem Impfstoff von Astrazeneca, sagte der Leiter des Instituts für Virologie an der Uniklinik Düsseldorf, Jörg Timm. Astrazeneca schütze nach einer Spritze zu 74 Prozent vor schweren Krankheitsverläufen. Nach der Zweitimpfung liegt der Schutz bei 94 Prozent – unabhängig davon, ob Astrazeneca oder Biontech verimpft wird. Auch die Delta-Variante ändere am guten Schutz nichts. (sim)
Volks- und Schützenfeste sind wieder erlaubt, wenn die landesweite Inzidenz und auch die Inzidenz in der jeweiligen Kommune unter zehn liegt. Die Teilnehmer müssen einen negativen Testnachweis vorzeigen können, vollständig geimpft oder von einer Corona-Infektion genesen sein. Laumann formulierte es gewohnt volkstümlich so: „Jeder Bürgermeister weiß, wenn die Inzidenz über zehn liegt, war’s das mit der Kirmes.“
Was geschieht, wenn die Zahlen wieder steigen?
Bei einer Inzidenz zwischen zehn und 35 gelten automatisch die Regeln für die existierende „Inzidenzstufe 1“, zum Beispiel Kontaktbeschränkungen. Darüber folgen die Stufen 2 und 3 mit jeweils strengeren Regeln. Für Gesundheitsminister Laumann ist das ein „schlüssiges und sicheres System“.
Was soll in Zukunft am Arbeitsplatz gelten?
Arbeitnehmer, die länger als insgesamt fünf Tage nicht gearbeitet haben, zum Beispiel wegen Urlaub, müssen am ersten Tag nach der Rückkehr in die Firma einen negativen Coronatest vorweisen – oder sich dort vor Ort testen lassen.
Was gilt für Großveranstaltungen?
Die Verordnung setzt auch die Vereinbarungen der Länder zu Großveranstaltungen wie im Profifußball um: Sie sind möglich, ab 5000 Zuschauern müssen aber alle nicht immunisierten Personen einen Negativtest haben. Die Zuschauerzahl ist auf höchstens 25000 beschränkt.
Wie bewertet NRW den Stand der Impfkampagne?
Es gebe genügend Impfstoff, auch für Kreuzimpfungen mit dem Produkt von Biontech, das Menschen nach einer Erstimpfung mit Astrazeneca angeboten werden soll. In den Impfzentren seien allein diese Woche noch 150000 Termine frei. „Das heißt, die Menschen haben überhaupt kein Problem, einen Impftermin zu buchen“, so Laumann. Für die kommende Woche könnten über 300000 Termine vereinbart werden. Auch bei den Haus- und Betriebsärzten entspanne sich die Lage. Erstmals bestimme nicht mehr die Verfügbarkeit des Impfstoffs die Menge der Impfungen, sondern die Anzahl der Impfwilligen sei ausschlaggebend. Der Minister kündigte an, dass viele Kommunen in NRW den Bürgern das „Impfen im Vorbeigehen“ ermöglichen möchten.
Wird es Folgeimpfungen gegen Corona geben?
Laut Laumann auf jeden Fall. „Drittimpfungen werden kommen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“ Die Frage sei nur, wann. Vermutlich würden Senioren die Ersten sein, weil sie zuerst geimpft wurden. Im Herbst, Winter oder Frühjahr sei mit Auffrischungsimpfungen zu rechnen, um den Impfschutz hoch zu halten. Laumann nahm übrigens die Ständige Impfkommission (Stiko) in Schutz, die zuletzt von vielen Politikern aufgefordert wurde, ihre Empfehlungen für die Impfung von Kindern ab zwölf Jahren zu lockern: „Die Stiko entscheidet nach medizinischen Gesichtspunkten. Eine Stiko, die sich unter Druck setzen lässt, ist nichts wert.“