Die Zahlen antisemitischer Straftaten und Vorfälle sind erneut deutlich gestiegen. Das geht aus dem Bericht der Landesbeauftragten gegen Antisemitismus vor. Alle seien gefordert.
Judenfeindliche AngriffeAntisemitische Straftaten in NRW stark gestiegen

Die Zahl der antisemitischen Straftaten ist in NRW erneut deutlich gestiegen. Das erklärte die Landesbeauftragte für die Bekämpfung des Antisemitismus, Sylvia Löhrmann.
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Die Zahl antisemitischer Straftaten ist in Nordrhein-Westfalen erneut deutlich gestiegen - auf fast 700 Fälle im vergangenen Jahr. Das sind 148 oder 27 Prozent mehr als 2023, wie die Landesbeauftragte für die Bekämpfung des Antisemitismus, Sylvia Löhrmann, erklärte. Zugleich haben die gemeldeten antisemitischen Vorfälle unterhalb der Strafbarkeit, wie bereits bekannt, um 276 Fälle oder um 42 Prozent auf 940 zugenommen.
„Das sind die Zahlen, wir reden von Fällen. Aber wir müssen uns im Grunde klarmachen, was das eben bedeutet für die Menschen. Das bedeutet im Extremfall Tod, es bedeutet Aggression, es bedeutet Hetzte“, erklärte Löhrmann. Das Vertrauen der Betroffenen in den Staat und die Gesellschaft werde auf eine sehr große Probe gestellt. Die Betroffenen seien vielfach deutsche Staatsbürger.
Löhrmann verwies auf Äußerungen von Betroffenen in dem Jahresbericht. Es finde eine Retraumatisierung der dritten und vierten Generation statt. Großväter hätten aufgrund der Erfahrungen in der NS-Zeit gesagt, man solle sich nicht als Jude zu erkennen geben. Dass Jüdinnen und Juden, die in Deutschland zum Teil aufgewachsen seien, wieder so etwas äußerten, dass sie nicht zeigen könnten, dass sie jüdisch sind, mache deutlich, dass man gefordert ist, dagegen vorzugehen, verdeutlicht die Landesbeauftragte.

Die Antisemitismusbeauftragte stellte den Jahresbericht vor.
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Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus NRW hatte bereits berichtet, dass neben einem Fall von extremer Gewalt 18 Angriffe, 22 Bedrohungen, 61 Sachbeschädigungen, 56 Massenzuschriften, 228 Versammlungen, fünf Diskriminierungen und 549 Fälle von verletzendem Verhalten registriert wurden.
Löhrmann: Viele Formen von Antisemitismus
Gefragt nach der aktuellen Situation und der Lage in Nahost sagte Löhrmann: „Die Jüdinnen und Juden hier, die können nicht in Haftung genommen werden für die Entscheidungen eines anderen Staates. Und das passiert“. Nach ihren Worten werden Kinder „angemacht“ in Schulen, was sie zur Politik des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu sagten. Dabei sei ihr Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), unterstrich die Landesbeauftragte.
Es gebe viele Formen von Antisemitismus, mit allen müsse man sich auseinandersetzen, betonte Löhrmann. Sie verweist auf eine Reihe von Maßnahmen wie Projekten über Lehrerfortbildung bis hin zu Schülerfahrten zu Gedenkstätten. „Das ist nicht wie eine Impfung, dann geht man da einmal durch und dann reicht das für die ganze Zeit“, verdeutlichte sie. Für junge Menschen sollte es auch mehr Projekte zur Medienkompetenz geben. (dpa)