Die geplante Reform des Landesbeamtengesetzes in NRW soll den öffentlichen Dienst attraktiver für Quereinsteiger machen. Die Polizei bemängelt, dass die geplante Flexibilität weniger den Beschäftigten nützt.
Reform LandesbeamtengesetzIst dies ein Angriff auf das etablierte Beamtentum in NRW?

Der nordrhein-westfälische Landtag debattiert im Plenum.
Copyright: Federico Gambarini/dpa
In dieser Woche beschäftigen sich Experten im Landtag mit der Reform des Landesbeamtengesetzes. Die Pläne sind hochumstritten. Gewerkschaften und Berufsverbände wittern einen Angriff auf das etablierte Beamtentum.
Welche Änderungen sind geplant?
Die schwarz-grüne Landesregierung will mit der ersten großen Reform des Laufbahnrechts seit 2016 den öffentlichen Dienst attraktiver für Quereinsteiger machen, denn in vielen Ämtern ist der Personalmangel groß.
„Der öffentliche Dienst muss für Arbeitnehmer interessant bleiben. Um Fachkräfte zu binden und Nachwuchs zu gewinnen, müssen wir weiter die Arbeitsbedingungen verbessern und öffentliche Verwaltung schmackhaft machen“, begründete NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) den Schritt.
Schwarz-Grün will vor allem durch Änderungen bei Probezeiten, Beförderungswegen und der Anrechenbarkeit von Berufserfahrung außerhalb des öffentlichen Dienstes dafür sorgen, dass Behörden in Mangelberufen konkurrenzfähig bleiben.
Künftig soll etwa die Arbeit in der freien Wirtschaft auf die Probezeit im Beamtenverhältnis angerechnet und die Probezeit im Extremfall auf drei Monate verkürzt werden können. Auch der Direkteinstieg in höhere Positionen soll erleichtert werden. Bislang konnten Bewerber nur ausnahmsweise in einem Beförderungsamt eingestellt werden. Nach der Gesetzesreform sollen Dienstvorgesetze mehr Freiheiten bekommen, Bewerber aus der Privatwirtschaft sofort besser zu besolden.
Auch eine Beförderung für frisch Eingestellte direkt nach ihrer Probezeit soll möglich werden. Das obligatorische „Sperrjahr“ nach der Probezeit fiele damit weg.
Was sagen die Experten dazu?
Es spreche nichts dagegen, die Beamtenlaufbahn attraktiver zu machen, auch für Seiteneinsteiger. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt ausdrücklich den Abbau von Karriere-Hürden beim Einstieg in den öffentlichen Dienst.
Aber es heißt – und diese Meinung teilen fast alle Sachverständigen – NRW habe in den vergangenen Jahren den öffentlichen Dienst durch viele Maßnahmen eher unattraktiver und nicht attraktiver gemacht. Der DGB erinnert hier an die Einschränkungen der Teilzeitarbeit von Lehrkräften und an die Anhebung des Pensionsalters für Beamtinnen und Beamte der Feuerwehr.
Der Deutsche Beamtenbund (DBB) in NRW kritisiert, der Gesetzentwurf bleibe hinter den Erwartungen zurück. Das Land habe nur zwei von 34 Änderungsvorschlägen der Gewerkschaften berücksichtigt.
Die Gewerkschaft Komba in NRW warnt: Bewerberinnen und Bewerber ohne Vorbereitungsdienst dürften keinesfalls gegenüber „normalen“ Beamtenlaufbahn-Bewerbern bevorteilt werden. Und eine Verkürzung der Probezeit auf drei Monate sei schlicht „inakzeptabel“, meint der Vize-Landeschef von Komba, Frank Meyers. In so kurzer Zeit könne nicht der Nachweis dafür erbracht werden, dass jemand für die lebenslange Arbeit als Beamtin oder Beamter tauge.
Wer lobt die Pläne?
Die Deutsche Steuergewerkschaft (DSTG) NRW sieht „eine Reihe von positiven Elementen“, zum Beispiel die Verkürzung der Probezeit bei besonders guten Leistungen, die Anrechnung von Teilzeit auf die Probezeit und der Wegfall des Beförderungssperrjahres nach der Probezeit. Die DSTG kritisiert allerdings das Festhalten am Beförderungsverbot zwei Jahre vor Eintritt in den Ruhestand. Dies sei „altersdiskriminierend“, meint Carolin Konzack.
Was hält die Polizei von der Reform?
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wirft Schwarz-Grün vor, den öffentlichen Dienst vernachlässig zu haben. Außer der Übertragung des Tarifabschlusses auf Beamtinnen und Beamte habe es „keinen nennenswerten Verbesserungen“ gegeben. Die Skepsis bei der GdP ist groß: „Es könnte der Eindruck entstehen, dass sich Karrieren nicht objektiv nachvollziehbar und am Leistungsgrundsatz orientiert entwickeln“, heißt es.
Von der neuen Flexibilität im Laufbahnrecht profitiere vor allem der Dienstherr, nicht so sehr die Beschäftigten. Polizistinnen und Polizisten hätten zuletzt immer mehr Stress gehabt in NRW, zum Beispiel rund um den AfD-Parteitag in Essen, bei der Fußball-EM und nach Anschlägen wie dem in Solingen.
Welche Änderungen sind für Wahlbeamte geplant?
Die Dienstrechtsreform sieht die Einführung eines Rückkehrrechts für kommunale Wahlbeamte – zum Beispiel Bürgermeister und Landräte - auf ihren ursprünglichen Verwaltungsjob vor. Dies soll Menschen dazu motivieren, sich für ein entsprechendes Amt zu bewerben.
Dafür gibt es viel Lob. Die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU in NRW (KPV) regt aber darüber hinaus an, kommunalen Wahlbeamten, die am Ende ihrer Wahlzeit keinen Anspruch auf eine beamtenrechtliche Versorgung haben, eine Wahlmöglichkeit zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung zu geben.
Im Gegensatz zu Laufbahnbeamten bestehe nämlich bei kommunalen Wahlbeamten das Risiko, dass sie später keinen Beihilfeanspruch hätten, und ab dem 55. Lebensjahr ende das Recht auf Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung.