Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch schlägt hohe Wellen – auch einige ausländische Politiker melden sich zu Wort.
Nach Einstufung als rechtsextremistischHöcke löscht Drohung – USA, Kreml, Orbán und „coolster Diktator“ unterstützen AfD

Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender der AfD im Thüringer Landtag, hat den Mitarbeitern des Verfassungsschutzes auf X gedroht. (Archivbild)
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Die Einstufung der gesamten AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz schlägt kurz vor Antritt der neuen Bundesregierung auch internationale hohe Wellen. Eine Wortmeldung aus dem Ausland sorgte dabei am Wochenende für eine brisante Reaktion aus den Reihen der AfD. So veröffentlichte der AfD-Politiker Björn Höcke, der laut Gericht als Faschist bezeichnet werden darf, eine Drohung an die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes – und löschte sie dann wieder.
Höcke hatte damit auf eine Äußerung des amerikanischen Außenministers Marco Rubio reagiert. „Deutschland hat seinem Geheimdienst neue Befugnisse zur Überwachung der Opposition erteilt. Das ist keine Demokratie – es ist verkappte Tyrannei“, hatte Rubio zuvor auf der Plattform X geschrieben. Der „wahre Extremismus“ sei nicht bei in der „populären AfD“ zu finden, sondern in der „tödlichen Einwanderungspolitik des Establishments, die die AfD ablehnt“, behauptete der Amerikaner.
Björn Höcke nutzt Statement von US-Außenminister für Drohung
Höcke hatte die Worte Rubios auf der Online-Plattform daraufhin zitiert und den Mitarbeitern des Verfassungsschutzes „dringend“ dazu geraten, sich eine „neue Arbeit“ zu suchen. „Am Ende wird es wie immer in der Geschichte heißen: Mitgehangen – mitgefangen“, fügte Höcke außerdem an. Wenig später löschte der Rechtsextremist den Beitrag bei X wieder.
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Aus den USA kam unterdessen nicht nur von Rubio scharfe Kritik: Mit Elon Musk und J.D. Vance stellten sich weitere Regierungsmitglieder hinter die als rechtsextremistisch eingestufte Partei. Musk bezeichnete die AfD dabei fälschlicherweise als Partei der Mitte, das Vorgehen des Verfassungsschutzes sei ein „extremer Angriff“ auf die Demokratie, befand der Tech-Milliardär, der US-Präsident Donald Trump berät.
Trump-Regierung, Medwedew und Orbán attackieren Deutschland
US-Vizepräsident J.D. Vance behauptete derweil, „Bürokraten“ wollten die größte Oppositionspartei des Landes zerstören. So werde die „Berliner Mauer wieder aufgebaut“, fügte Vance an, der aus seiner Sympathie für die AfD bereits bei einem Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz keinen Hehl gemacht hatte.
Die US-Regierung blieb mit ihrer Kritik an der Einstufung der AfD als rechtsextremistisch derweil international nicht allein. „Offenbar betrachten CDU/CSU, SPD und andere deutsche Parteien diejenigen mit höheren Zustimmungswerten als Extremisten“, kommentierte etwa der ehemalige russische Präsident und nunmehrige Kriegsbefürworter Dmitri Medwedew bei X und attestierte ein „hartes Vorgehen“ gegen die AfD.
Viktor Orbán: „Was zum Teufel ist in Deutschland los?“
Auch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán sprang den deutschen Rechtsextremisten zur Seite. „Was zum Teufel ist in Deutschland los?“, schrieb Orbán am Wochenende bei X und wandte sich direkt an AfD-Chefin Alice Weidel. „Sie können sich auf uns verlassen“, versicherte Orbán, der seit Jahren für die Aushöhlung der Demokratie in Ungarn in der Kritik steht. Im Februar hatte der Rechtspopulist die AfD-Chefin bereits als „die Zukunft“ bezeichnet. Weidel lobte Ungarn bei einem Treffen in Budapest unterdessen als „Vorbild“ bei irregulärer Migration.
Zu den internationalen Kritikern gesellte sich derweil auch Nayib Bukele. Der Präsident von El Salvador hat sich zuletzt zum Erfüllungsgehilfen von US-Präsident Donald Trump gemausert und stellt den USA die Gefängnisse seines Landes für abgeschobene Häftlinge zur Verfügung. Bukeles Regierungsstil in der Heimat gilt als autoritär, Pressefreiheit ist in El Salvador etwa nur mit großen Einschränkungen gegeben.
„Coolster Diktator der Welt“ spricht über Demokratie-Index
Bukele selbst verspottet derweil gerne seine Kritiker und nennt sich wahlweise „den coolsten Diktator der Welt“ oder bezeichnet sich als „Philosophenkönig“. Bei seinen Fans gilt er als progressiv, auch weil er den Bitcoin als Zahlungsmittel in El Salvador eingeführt hat. „Wann werden all diese Rankings und farbigen Karten endlich aufhören, Deutschland als vollständige Demokratie zu bezeichnen?“, fragte Bukele nun angesichts der Einstufung der AfD und spielte damit auf internationale Demokratie-Rankings an.
Bukele ist mit seinem Spruch jedoch weit abseits der Realität unterwegs. In diesen Indizes liegt Deutschland weit vor den Ländern seiner derzeit schärfsten Kritiker. So führt der renommierte „Economist Democracy Index“ die Bundesrepublik im internationalen Vergleich derzeit mit einer Punktzahl von 8,78 Punkten auf Platz 13.
„Economist Democracy Index“: Deutschland auf Platz 13
Ungarn hingegen belegt als „fehlerhafte Demokratie“ mit einer Punktzahl von 6,51 nur den 54. Platz. El Salvador findet sich derweil auf dem 95. Rang wieder – mit 4,61 Punkten wird das Land dort nicht als Demokratie, sondern als „hybrides Regime“ bezeichnet. Russland rangiert als „autoritäres Regime“ unterdessen weit abgeschlagen auf dem 150. von 167 Plätzen – lediglich 2.03 Punkte erzielt das Land im Demokratie-Index.
Und auch die USA, von wo zuletzt die lautstärkste Kritik am deutschen Kurs kommt, kann sich demnach nicht demokratischer als Deutschland nennen. Mit 7,85 Zählern liegen die Vereinigten Staaten auf Rang 28 – und werden vom „Economist“ im Gegensatz zu Deutschland nicht als „vollständige“, sondern als „fehlerhafte Demokratie“ kategorisiert.
AfD attackiert Bundesregierung und Verfassungsschutz
Aus der AfD folgten unterdessen am Wochenende weitere Attacken auf Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und den Verfassungsschutz. Parteichefin Weidel sprach von „haltlosen Manövern und Behauptungen“. Das Vorgehen sei ein „Vorwand“, um die stärkste Oppositionsfraktion zu diskriminieren und ihr ihre parlamentarischen Rechte vorzuenthalten, behauptete die AfD-Vorsitzende.
Weder „rechtlich noch politisch“ werde dieser Kurs „dauerhaft durchzuhalten sein“, führte Weidel aus. Die Regierung habe „beschlossen, dass die Opposition extremistisch ist, weil sie nervt“, schrieb derweil AfD-Politikerin Beatrix von Storch am Sonntag bei X.
Polizeigewerkschaft: Höckes Worte sind „widerlich“
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) stellte sich angesichts der Äußerungen aus der AfD zu Wochenbeginn unterdessen demonstrativ vor die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes. „Wir verurteilen die versuchte Einschüchterung und Mobilisierung gegen die Institution aufs Schärfste“, sagte GdP-Chef Jochen Kopelke der „Rheinischen Post“. Die Arbeit der Behörde sei „unerlässlich für die Sicherheit und Stabilität des Landes“, erklärte der Gewerkschaftschef. Höckes Worte seien „widerlich“, fügte Kopelke an.
„Das ist Demokratie“, konterte derweil das Auswärtige Amt die Worte von US-Außenminister Rubio und teilte mit, die Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz sei das Ergebnis einer gründlichen Untersuchung zum Schutz der Verfassung und Rechtsstaatlichkeit. Das „letzte Wort“ hätten nun unabhängige Gerichte. „Wir haben aus unserer Geschichte gelernt, dass Rechtsextremismus gestoppt werden muss“, hieß es weiter.