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Alexander Graf Lambsdorff„Das ist ein Anschlag auf die Demokratie“

Lesezeit 3 Minuten
Lambsdorff

Daumen drücken für Amerikaner: Alexander Graf Lambsdorff. 

  1. Mit dem FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sprach Kai Pfundt über die Situation in den USA.

Hängepartie bei den US-Wahlen: Wer wird am Ende die Nase vorn haben?

Man kann es einfach noch nicht sagen. Eines steht aber fest: Das voreilige Statement von Donald Trump, er habe die Wahl gewonnen, ist nicht richtig.

Wie bewerten Sie Trumps Forderung, die Auszählung vorzeitig zu beenden?

Zur Person

Der in Bonn lebende FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff, Sohn des ehemaligen deutschen Wirtschaftsgesandten in den USA, Hagen Graf Lambsdorff, ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags. Lambsdorff studierte in Bonn und an der Georgetown University. (pfu)

Mit dem FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sprach Kai Pfundt über die Situation in den USA. 

Er gaukelt vor, die Korrektheit der Wahl verteidigen zu wollen. Zugleich will er die Auszählung von Millionen gültiger Stimmen stoppen lassen. Das ist ein Anschlag auf die Demokratie. Ich bin wirklich entsetzt.

Kann es sich als entscheidend erweisen, dass das oberste US-Gericht fest in der Hand republikanischer Richter ist?

Die sechs-zu-drei-Mehrheit konservativer Richter im Obersten Gerichtshof ist eines von zwei Assen, die Trump im Ärmel hat – auch wenn die Richter nicht automatisch so entscheiden, wie er sich das wünscht. Das zweite Ass für Trump: Wenn es zum totalen Chaos bei der Auszählung kommt, liegt die Entscheidung im Repräsentantenhaus. Dort haben zwar die Demokraten die Mehrheit. Aber die Republikaner haben die Mehrheit der Delegationen der Staaten hinter sich, und die ist in diesem Fall entscheidend.

Ist die deutsche Politik vorbereitet auf vier weitere Jahre mit Trump?

Nein, überhaupt nicht. Schon während der ersten Amtszeit hat die Bundesregierung auf Trump nur reagiert, und das auch noch schwach. Sollte Trump wie auch immer gewinnen, müsste Deutschland gegensteuern, und zwar über die Europäische Union und über die Vereinten Nationen.

Sollte Deutschland versuchen, einer zweiten Regierung Trump entgegenzukommen. Oder ist da nichts mehr zu kitten?

Eine Abkoppelung von den USA wäre der falsche Weg. Wir haben doch jenseits der Politik sehr gute und tiefe Beziehungen: in Wissenschaft, Kultur, Handel und bei gegenseitigen Investitionen. Das sollten wir hochhalten. Was die Regierungen angeht, müssen sie pragmatisch kooperieren, wo es geht. Ein Wertebündnis ist mit Trump aber schwer vorstellbar. Das wäre bei Biden anders.

Teilen sie eigentlich die Weltuntergangsstimmung, die angesichts der US-Wahl in weiten Teilen der deutschen Politik herrscht?

Es gibt kein Land, das so auf offene Märkte, funktionierenden Handel und militärische Absicherung im Bündnis angewiesen ist wie Deutschland. Diese Grundlagen für unseren Wohlstand und unsere Sicherheit werden von Trump in Frage gestellt. Die Sorge entspringt also nicht einer emotionalen Stimmung, sondern einer nüchternen Analyse unserer Interessen.

Würde es Deutschland mit einem US-Präsidenten Biden eigentlich leichter haben?

Definitiv ja. Biden schätzt Bündnisse, er kennt den Wert von Allianzen. Er weiß, dass Freunde und Verbündete Amerika stärken. Das hat Trump nie verstanden.

Die USA bleiben tief gespalten und stark mit sich selbst beschäftigt. Was bedeutet das im Verhältnis zu konkurrierenden Mächten wie China oder Russland?

China als Beispiel schaut auf die Ereignisse in den USA und leitet daraus ab, dass seine kommunistische Diktatur das bessere System ist. Demokratie ist, wie wir sehen, anfällig und oft gefährdet, aber die einzige Staatsform, in der die Menschen mit Würde leben können. Alleine deshalb müssen wir den Amerikanern die Daumen drücken, dass sie die schwierige Situation bewältigen.