Forderung an BaerbockKölner SPD-Politiker Mützenich für Ukraine-Aussage in der Kritik

Lesezeit 3 Minuten
Mützenich dpa 241022

Rolf Mützenich ist Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion (Archivbild)

Berlin – SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) aufgefordert, sich stärker für eine diplomatische Lösung im Ukraine-Krieg einzusetzen. Er fühle er sich durch Meinungsumfragen unterstützt, nach denen 60 Prozent der Deutschen mehr diplomatische Initiativen wollten, sagte Mützenich der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ laut einer Vorabinformation vom Sonntag.

„Das ist auch an die Adresse der Außenministerin gesagt worden, weil sie ist nun mal die höchste Diplomatin derzeit in Deutschland.“

Mützenich kritisiert Baerbock: „Balance“ zwischen Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und Diplomatie

Mützenich sagte laut ZDF weiter, es komme am Ende auf eine „Balance“ zwischen dem Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und der Diplomatie an. Die vergangenen Wochen hätten bewiesen, dass diplomatischer Fortschritt möglich sei. So habe trotz massiver militärischer Auseinandersetzungen ein großer Gefangenenaustausch stattgefunden. Auch die Übereinkunft über die Getreidelieferungen sei ein „leidlicher Erfolg“.

Alles zum Thema Russisch-Ukrainischer Krieg

Grünen-Chef Omid Nouripour verteidigte dagegen die Ukraine-Politik der Außenministerin. „Annalena Baerbock tut alles, was sie kann, damit wir zu Frieden kommen“, sagte er laut ZDF. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sage völlig zu Recht, dass sich Deutschland eng mit seinen Partnern abstimmen müsse, beispielsweise bei Waffenlieferungen: „Zu diesen Partnern gehört unabdinglich auch die Ukraine, und der Kollege Mützenich sollte das wissen.“

Mützenich nach Aussage in der Kritik: „Wann fährt Mützenich eigentlich mal in die Ukraine?“

Nouripour betonte, die Verhandlungserfolge, die es gegeben habe, „verdanken wir der Ukraine“. Es sei offensichtlich, dass Waffenstillstandsverhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt die Position der Ukraine schwächen würden.

Auch Grünen-Politikerin Renate Künast kritisierte Mützenichs Worte. „Ich schreib’ jetzt besser nicht, was mir noch dazu einfällt“, schrieb Künast bei Twitter. Grünen-Abgeordnete Sara Nanni fragte unterdessen: „Wann fährt Mützenich eigentlich mal in die Ukraine? Vielleicht hilft das beim Verbinden mit den realen Herausforderungen?“

Politikwissenschaftler melden sich zu Mützenich-Aussage zu Wort

Politiker des anderen Ampel-Koalitionspartners der SPD meldeten sich ebenfalls zu Wort. „Wenn ihr euch fragt, warum die deutsche Unterstützung für die Ukraine immer noch stockt: Maßgeblich wegen dieses Mannes“, schrieb FDP-Politiker Phil Hackemann bei Twitter.

Thomas Jäger, Politikwissenschaftler an der Universität Köln, fand ebenfalls kritische Worte für Mützenichs Vorstoß. „Mützenich fordert Balance zwischen dem Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und Diplomatie. Gleiche Logik: eine Balance zwischen dem Verbot, Gewalt gegen andere Staaten anzuwenden, und Akzeptanz eines militärischen Angriffs“, erklärte Jäger. „Krieg lohnt sich dann wieder.“

Carlo Masala widerspricht Rolf Mützenich – Lob von Varwick

Auch Politikwissenschaftler Carlo Masala kritisierte Mützenich. „Wie schwer ist es eigentlich, zu verstehen, dass jede diplomatische Initiative, die Moskau zu Verhandlungen bewegen könnte, immer einen dauerhaften Verlust von ukrainischem Territorium enthalten muss. Wer was anderes behauptet, gibt sich Illusionen hin“, schrieb Masala bei Twitter. 

Unterstützung erhielt Mützenich unterdessen von Politikwissenschaftler Johannes Varwick. „Ich war mit Rolf Mützenich nicht immer einer Meinung, hier aber schon“, schrieb Varwick bei Twitter. „Er fordert zu Recht mehr Diplomatie von Baerbock.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Neben Mützenich musste sich am Wochenende auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer scharfe Kritik gefallen lassen. Der CDU-Politiker hatte dafür plädiert, „nach dem Krieg“ wieder Gas in Russland zu kaufen. Grünen-Politiker Anton Hofreiter konterte am Montag beim TV-Sender „Phoenix“ und nannte den Vorstoß „populistisch und unverantwortlich“. (mit dpa)

Rundschau abonnieren