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Gespräch im Oval OfficeFriedrich Merz, der Trump-Zähmer

Lesezeit 2 Minuten
05.06.2025, USA, Washington: US-Präsident Donald Trump (Mitte, r) empfängt Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, Mitte, l) im Oval Office im Weißen Haus. Es ist das erste Treffen zwischen beiden Politikern seit Amtsantritt von Trump und Merz. Foto: Michael Kappeler/dpa Pool/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Stehgreiftheater im Weißen Haus: Donald Trump und sein deutscher Gast.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und sein südafrikanischer Kollege Cyril Ramaphosa sind von Donald Trump im Weißen Haus vorgeführt worden. Bei Friedrich Merz lief es anders. Das hat drei Gründe.

Test bestanden. Unter Donald Trump ist das Oval Office zum gefürchteten Ort für ausländische Staatsleute geworden – Friedrich Merz hat die Bühne des Trumpschen Stehgreiftheaters unbeschadet verlassen.

Dabei hat der Bundeskanzler drei Dinge richtig gemacht. Er hat im Vorfeld signalisiert, dass er nicht als Bittsteller nach Washington kommt, sondern deutsche und europäische Interessen fest vertreten wird. Er hat den richtigen, wenn angemessen auch lockeren Ton gefunden, um das von Trump empfundene Gefühl unausgesetzter Großartigkeit zu pflegen, ohne unterwürfig zu erscheinen. Und: Er hat sich nicht provozieren lassen.

Merz hat geduldig-amüsiert zugehört, wie Trump 90 Prozent des gemeinsamen Auftritts bestritt und wie Journalisten schon durch ihre Fragen demonstrieren, wie wenig sie der Gast aus Berlin interessierte. Er ist nicht der Versuchung erlegen, Trumps aberwitzige Aussagen etwa über das Verhältnis von US-amerikanischen und europäischen Hilfen für die Ukraine einem kleinteiligen Faktencheck zu unterziehen.

Klare Position im entscheidenden Moment

Aber er hat in einem entscheidenden Moment klare Position bezogen. In einem Moment, in dem es richtig ernst wurde und zum Eklat hätte kommen können: als ein Journalist ihn dazu verleiten wollte, der bizarren These von Trump zu widersprechen, Russland und die Ukraine, Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj seien wie zwei kleine streitende Kinder. Merz hat diese Frage genutzt, um klarzustellen, wer in diesem Krieg der Aggressor ist, wer zivile Ziele angreift, wer Kinder deportiert: Russland. Und das wieder verbunden mit einer gezielten Würdigung Trumps als Schlüsselfigur, die den nötigen Druck auf Putin ausüben könne.

Die Komplimente, die Merz von Trump erhielt, mögen im Einzelfall zweifelhaft sein – wer steht schon gern als „großer Führer“ in einer Reihe mit dem chinesischen Präsidenten Xi? Und wie viel ist Trumps Wort wert, er habe sonst keine Freunde, aber mit Merz sei er befreundet? Aber der Empfang im Weißen Haus zeigte: Trump nimmt den deutschen Kanzler als, wie er sagt, schwierigen Gesprächspartner ernst. Und Schachtelteufel JD Vance blieb artig in seiner Ecke.

Im Inland hat Merz alles andere als eine gute Presse, seine Umfragewerte könnten besser sein – aber seine Aufgabe als Trump-Zähmer hat er bravourös gelöst. Er hat sich in Washington Respekt verschafft. Und damit seinem Land und der EU.