Interview

Grünen-Fraktionschefin im Interview
Können die Grünen auch Wirtschaft, Frau Dröge?

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20.03.2024, Berlin: Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen) spricht im Bundestag in der Aussprache nach der Regierungserklärung von Kanzler Scholz zum Europäischen Rat. Foto: Jonathan Penschek/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

„Wieder sachlicher miteinander umgehen“: Katharina Dröge im Bundestag.

Eine Allensbach-Studie hat gerade herausgefunden, dass die Grünen massiv an Rückhalt verlieren – vor allem wegen Zweifeln an der Wirtschaftskompetenz. Co-Fraktionschefin Katharina Dröge (39) erläutert im Interview, mit Rena Lehmann ihre Ideen für die Wirtschaft.

Frau Dröge, der Anteil der Menschen, die die Grünen nicht gut finden, hat sich laut einer aktuellen Allensbach-Studie in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Was müssen Sie anders machen?

Die harte Währung sind für uns Wahlergebnisse. Bei der wiederholten Bundestagswahl in Berlin konnten die Grünen sich sogar verbessern. Auch in der Sonntagsfrage sind die Grünen die einzige Ampel-Partei, die ihr Ergebnis der letzten Bundestagswahl halten kann. Das sind für mich erstmal große Vertrauensbeweise. Das, was wir in der Allensbach-Studie sehen, ist sicher auch ein Ergebnis der scharfen Polarisierung der Debatten in den letzten Monaten. Ich werbe dafür, dass demokratische Parteien wieder sachlicher miteinander umgehen.

Sie haben Kanzler Olaf Scholz in dieser Woche scharf kritisiert. Die Debatte um den Taurus sei nicht lächerlich. Werden Sie ihm trotzdem den Gefallen tun und sie jetzt beenden?

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Bei der Unterstützung der Ukraine geht es um nicht weniger als die große Frage, wie wir Frieden und Sicherheit in und für Europa wiederherstellen. Hier um den richtigen Weg zu ringen ist keine Debatte, die man einfach beenden kann. Wir sind überzeugt, dass Europa in den vergangenen Monaten den richtigen Weg gegangen ist, sich Putin gemeinsam entgegenzustellen. Denn Putin betrachtet Zögern als Einladung. Das hat uns die Vergangenheit gelehrt. Wir werben dafür, deshalb die Ukraine noch mehr und besser zu unterstützen, weil das im Interesse unserer eigenen Sicherheit ist. Auch beim Taurus.

Auch die bundesweite Regelung für die Bezahlkarte wurde vertagt, obwohl die FDP darauf drängt und es eine Einigung gab. Warum kann sie nicht beschlossen werden?

Das Bundeskabinett hat einen Prüfauftrag beschlossen, den die Bundestagsfraktionen nun beraten. Dabei geht es darum, ob die Bezahlkarte auch für Menschen gelten soll, die schon seit vielen Jahren in Deutschland leben. Wir wollen, dass diese ein möglichst normales Leben in Deutschland führen können. Sie müssen Strom- und Handyverträge selbst abschließen können und die Kinder sollen sich am Schulkiosk selbst ein Brötchen kaufen können. Das sind sehr praktische Fragen, die noch zu klären sind.

Ich werbe für ein Bündnis für Zukunftsinvestitionen aus Bund und Ländern.

Hinter den Kulissen wird bereits hart um den Haushalt 2025 gerungen. 30 Milliarden Euro fehlen. Wie wollen Sie diese Lücke schließen?

Über die Details zum Haushalt werden wir intern verhandeln. Grundsätzlich sind natürlich Sparbeiträge nötig. Wir wollen beispielsweise umweltschädliche Subventionen abbauen. Ich werbe aber auch für eine Modernisierung der Schuldenbremse. Angesichts unserer Wirtschaftslage ist es erforderlich, deutlich höhere Investitionen in unsere Infrastruktur und die Wirtschaft zu ermöglichen. In dem Umfang, in dem das notwendig ist, geht es nur mit einer Modernisierung der Schuldenbremse. Viele Ministerpräsidenten der CDU sehen das genauso. Ich werbe für ein Bündnis für Zukunftsinvestitionen aus Bund und Ländern.

Mehrausgaben für Verteidigung, die neue Kindergrundsicherung und womöglich auch das Klimageld sind vorgesehen. Was davon kann wegfallen?

Die Kindergrundsicherung ist fest verabredet. Die sollte der Finanzminister bereits eingeplant haben. Bei der Verteidigung steht die Frage im Raum, ob wir die notwendigen Mehrausgaben über Kredite finanzieren können. Das Klimageld ist ein klares gemeinsames Projekt dieser Koalition. Wir haben Vorschläge gemacht, wie eine Gegenfinanzierung aussehen könnte. Eine Reform des Dienstwagenprivilegs könnte einen Beitrag leisten, um das Klimageld schrittweise einzuführen.

Sie hatten zugesagt, dass dieses Jahr die Wirtschaft im Zentrum ihres Handelns stehen würde. Eine Wirtschaftswende verspricht Christian Lindner, ein Sondervermögen will Robert Habeck. Bisher passiert ist nichts…

Wir haben gerade den Mittelstand durch zielgerichtete Steuersenkungen unterstützt, etwa im Wachstumschancengesetz, das gerade beschlossen wurde. Wir haben die Stromsteuer auf das Minimum abgesenkt. Wir unterstützen die Wirtschaft, die auf klimafreundliche Prozesse umstellt, mit Klimaverträgen, die letzte Woche gestartet sind. Wir bauen die Erneuerbaren Energien rasant aus und planen den Aufbau eines Wasserstoffnetzes. Außerdem wollen wir die Netzentgelte stabilisieren, das entlastet gerade die Wirtschaft sehr bei den Stromkosten.

Was tun Sie, um dem Vorwurf entgegenzutreten, den Grünen sei ein bisschen weniger Wirtschaftswachstum herzlich egal, wenn es dem Klima hilft?

Als Ökonomin sage ich Ihnen: Dieser Vorwurf ist schlichtweg falsch. Gute Klimaschutzpolitik und gute Wirtschaftspolitik gehören zusammen. Wirtschaftsminister Habeck arbeitet jeden Tag daran, mehr Investitionen zu ermöglichen, um die Wirtschaft zu stärken. Der Rückgang der CO2-Emissionen im letzten Jahr hat tatsächlich auch etwas mit den Schwierigkeiten in der Industrieproduktion zu tun. Aber die wichtige Nachricht ist, dass das Umweltbundesamt in seiner Berechnung erstmals die Klimaziele für 2030 für erreichbar hält. Und das unter der Annahme, dass die Wirtschaft in den nächsten Jahren wieder wächst. Darüber freuen wir uns sehr. Das ist historisch. Wir wollen die Unternehmen als Partner für Klimaschutz.

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