Moskau setzt seinen Kurs fort und geht verbal auf Europa los. Dort sei „Fanatismus“ am Werk, so der Kreml. Trump bekommt derweil Kritik.
„Trump hat grünes Licht gegeben“Kreml droht mit neuer Atomdoktrin – und wirft 500-Kilo-Bombe auf Einkaufszentrum

Kremlchef Wladimir Putin zusammen mit Kremlsprecher Dmitri Peskow. (Archivbild)
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Russland hat mit weiteren brutalen Angriffen auf zivile Ziele in der Ukraine und dem Verweis auf die eigene Atomdoktrin auf das von Donald Trump aufgestellte 50-tägige Ultimatum reagiert. Der US-Präsident hatte zu Wochenbeginn den Druck auf Moskau erhöht, von Europa finanzierte US-Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt und Kremlchef Wladimir Putin die nun laufende Frist für eine Friedenslösung gesetzt.
In ersten Stellungnahmen hatte der Kreml daraufhin betont unbeeindruckt reagiert – inzwischen lässt Moskau eindeutiges Säbelrasseln folgen. Die russische Atomdoktrin bleibe auch angesichts des Ultimatums von Trump bestehen, bekräftigte etwa Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch (16. Juli). „Russlands Nukleardoktrin bleibt in Kraft, und daher gelten alle ihre Bestimmungen weiterhin“, antwortete Peskow auf eine entsprechende Frage eines Reporters.
Kreml bekräftigt Atomdoktrin nach Trumps Ultimatum
Ein Journalist der staatlichen Nachrichtenagentur Tass hatte die Frage danach gestellt und dabei an die jüngsten Änderungen der russischen Atomdoktrin erinnert. Kremlchef Putin hatte diese im Dezember 2024 zuletzt angepasst. Seitdem erlaubt die Atomdoktrin des Kremls den Einsatz von Atomwaffen auch für den Fall einer „Aggression“ gegen Russland oder seine Verbündeten „durch einen Nicht-Atomstaat mit Beteiligung oder Unterstützung eines Atomstaates“.
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Eine derartige Konstellation betrachte Moskau fortan als „gemeinsamen Angriff“ und behalte sich das Recht vor, als Reaktion auf den Einsatz von Atomwaffen oder „anderen Arten von Massenvernichtungswaffen“ gegen Russland oder seine Verbündeten, die russischen Nuklearwaffen einzusetzen, hieß es damals aus Moskau.
Wladimir Putin: Schwelle für Atomwaffen-Einsatz gesenkt
Putin hat die Schwelle für einen Einsatz der russischen Kernwaffen damit deutlich gesenkt. Drohung und Hinweise auf das russische Atomwaffen-Arsenal hat es seit Kriegsbeginn im Februar 2022 unterdessen immer wieder gegeben – auch entsprechende Drohungen gegen Europa hatte etwa der ehemalige Kremlchef Dmitri Medwedew wiederholt ausgesprochen. Taten folgten auf das mitunter schrille Säbelrasseln, das auch von der Moskauer Propaganda-Maschinerie ausführlich betrieben wird, jedoch nie.
Auch Kremlsprecher Peskow nahm Europa nun erneut verbal ins Visier und behauptete, die Europäer würden eine „fanatische militaristische Haltung gegenüber Moskau einnehmen“ – statt Druck auf Moskau auszuüben, solle die internationale Gemeinschaft lieber die Ukraine dazu drängen, den russischen Forderungen nachzugeben, so der Vorschlag aus Moskau.
US-Analysten: Moskau will USA von Ukraine und Nato „losreißen“
Dass der Kreml diese „seit langem bestehenden Narrative“ jetzt erneut aufgreife, sei ein Indikator dafür, dass Moskau versuche, die USA „erneut von der Ukraine und aus dem Nato-Bündnis loszureißen“, ordneten die Analysten des Instituts für Kriegsstudien, einem amerikanischen Thinktank, die Äußerungen aus Moskau ein. Peskow wolle Russland mit seinen Worten „fälschlicherweise als verhandlungsbereit darstellen und die Glaubwürdigkeit der Ukraine untergraben“, hieß es weiter von den US-Analysten.

Ein Foto des staatlichen Notdienstes der Ukraine zeigt ein zerstörtes Gebäude in Dobropillja nach einem russischen Luftangriff.
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Gleichzeitig lässt der Kreml weiterhin kaum Zweifel an den eigenen martialischen Motiven aufkommen – erneut flogen die russischen Streitkräfte heftige Angriffe gegen zivile Ziele in der Ukraine. Für besonders großes Entsetzen sorgte dabei der Einsatz einer 500 Kilogramm schweren Gleitbombe, die nach ukrainischen Angaben auf die Stadt Dobropillja in der Region Donezk abgeworfen wurde. Mindestens zwei Menschen sind nach Behördenangaben dabei getötet worden, fast 30 weitere wurden zum Teil schwer verletzt, teilten regionale Behörden mit.
500-Kilo-Gleitbombe trifft Einkaufszentrum in der Ukraine
Nach Angaben des Leiters der Militärverwaltung von Donezk hat der russische Angriff einem Einkaufszentrum im Herzen der Stadt gegolten. Die Explosion habe 54 Geschäfte, 304 Wohnungen und acht Fahrzeuge beschädigt, berichtete Wadym Filaschkin auf Telegram. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte den erneuten russischen Angriff auf die ukrainische Zivilbevölkerung als „entsetzlichen, dummen russischen Terror“. Derartige Angriffe würden jeder „militärischen Logik“ entbehren, erklärte Selenskyj.
Die unvermindert brutalen russischen Angriffe dienen nun als erste Belege für die Wirkungslosigkeit von Trumps Ultimatum. Die neue Frist des US-Präsidenten für den Kreml habe Russland Zeit für weitere brutale Angriffe verschafft, mit „verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung im ganzen Land“, schrieb etwa die ukrainische Zeitung „Kyiv Independent“.
Kritik an US-Präsident: „Trump hat grünes Licht dafür gegeben“
Auch die britische Russland-Expertin Ruth Deyermond vom King’s College in London äußerte deutliche Kritik am Kurs des US-Präsidenten, der harte Sanktionen gegen Moskau mit seinem Ultimatum erneut verzögert hat.
„Selbst wenn wir Trump beim Wort nehmen (was bei diesem Thema nicht ratsam ist), hat er Russland für die nächsten sechs Wochen jeden Tag grünes Licht dafür gegeben“, schrieb Deyermond zu der brutalen Attacke auf das Einkaufszentrum in Dobropillja auf der Plattform X.
Der US-Präsident betonte unterdessen am Donnerstag (17. Juli), die ersten Waffenlieferungen seien bereits unterwegs in die Ukraine. „Sie werden bereits ausgeliefert“, erklärte Trump mit Blick auf Patriot-Luftabwehrsysteme.