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Kanzler bei „Maybrit Illner“Merz attackiert Vance und setzt gegen Putin auf „militärische Erschöpfung“

Lesezeit 4 Minuten
Maybrit Illner, Friedrich Merz

Friedrich Merz im Gespräch mit Maybrit Illner. 

Friedrich Merz war in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ zu Gast. Der Kanzler sprach dort über Trump, Russland und Taurus. 

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat den US-Vizepräsidenten JD Vance erneut für dessen Attacken gegen Deutschland und andere europäische Verbündete auf der Münchner Sicherheitskonferenz kritisiert. „Das war übergriffig. Das steht auch einem amerikanischen Vizepräsidenten nicht zu, so etwas in Deutschland zu sagen“, sagte Merz in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“.

Vance hatte im Februar in München bei der Sicherheitskonferenz mit seiner Rede für Empörung gesorgt. Er hatte die europäischen Verbündeten ungewöhnlich scharf attackiert und sie vor einer Gefährdung der Demokratie gewarnt. Er nahm dabei indirekt Bezug auf die deutsche Debatte über eine Abgrenzung von der AfD und warnte vor „Brandmauern“ in Europa. Merz will in Kürze zu US-Präsident Donald Trump nach Washington reisen und wird dort vermutlich auch auf den US-Vizepräsidenten treffen. Er hatte bereits in München mit ihm gesprochen.

Friedrich Merz über Russland: „Sanktionspaket ist in Vorbereitung“

In der ZDF-Sendung äußerte sich der Kanzler auch zu geplanten neuen Maßnahmen gegenüber Russland. „Das nächste Sanktionspaket ist in Vorbereitung“, sagte er. Merz betonte zudem, dass ein von der EU bereits beschlossenes Paket von Sanktionen am kommenden Dienstag in Kraft tritt. Der Kanzler bezog sich damit auf am Mittwoch verabschiedete Sanktionen.

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Diese richten sich gegen fast 200 weitere Schiffe der russischen Schattenflotte, mit der Moskau das im Zuge des Ukraine-Kriegs verhängte Öl-Embargo umgeht. Zuvor hatte der Kreml ein Ultimatum des Westens verstreichen lassen – und einen sofortigen Waffenstillstand, der ursprünglich am vergangenen Monat hätte beginnen sollen, abgelehnt.

Friedrich Merz will Donald Trump „an unserer Seite halten“

Am Donnerstag verzichtete Kremlchef Wladimir Putin schließlich auch auf ein mögliches Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Türkei und schickte lediglich eine niederrangige Delegation. Es müsse sowohl auf der militärischen als auch diplomatischen Seite alles versucht werden, den Krieg in der Ukraine zu beenden, sagte Merz nun. Dies sei aber ein „komplexer Prozess“. Der Kanzler verteidigte dabei den Einsatz Europas für eine Waffenruhe. Er habe „nicht erwartet, dass wir mit dieser Initiative sofort Erfolg haben und der Frieden in die Ukraine kehrt“.

Friedrich Merz war am Donnerstagabend bei Maybrit Illner zu Gast.

Friedrich Merz war am Donnerstagabend bei Maybrit Illner zu Gast.

Sein Ziel sei es aber gewesen, dass die „großen europäischen Länder Großbritannien, Frankreich, Polen und Deutschland mit einer Stimme sprechen – und das haben wir hinbekommen“. Er versuche nun alles, „die Amerikaner jetzt bei uns zu behalten, an unserer Seite zu halten“, versicherte Merz.

Friedrich Merz: Wladimir Putin im Unrecht

Die meisten Kriege in der Geschichte seien durch „eine militärische Erschöpfung auf mindestens einer Seite“ zu Ende gegangen, „so tragisch und furchtbar das auch für die Menschen ist“, erklärte Merz. An diesem Punkt sei man jedoch noch nicht angelangt, so Merz. „Wir versuchen jetzt alles, die Ukraine so zu ertüchtigen, dass sie sich weiter gegen den russischen Angriff wehren kann – und irgendwann wird Putin einsehen, dass er so nicht weiter tun kann.“

Merz äußerte auch direkte Kritik an Kremlchef Putin. Präsident Selenskyj habe mit seiner Reise in die Türkei „ein enormes Entgegenkommen“ gezeigt, sagte Merz im ZDF. „Wer sich jetzt allein ins Unrecht setzt mit seinem Nichterscheinen, ist Putin.“

Bundeskanzler will nicht mehr über Taurus-Lieferung debattieren

Diskussionen über die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus erteilte Merz unterdessen eine Absage. „Wir streiten in dieser Koalition jetzt nicht mehr über dieses Thema“, so der Kanzler. Es stehe „im Augenblick auch nicht an“, fügte Merz an. Großbritannien und Frankreich lieferten bereits Marschflugkörper an die Ukraine. „Der Taurus wird so ein bisschen hochgejazzt wie so kurz unterhalb der atomaren Schwelle“, befand Merz. „Das ist falsch.“ Die Debatte sei ein „strategischer Vorteil“ für Putin und ein „strategischer Nachteil für uns“ gewesen, erklärte Merz.

Eine öffentliche Diskussion über das Waffensystem hätte bereits in der Vergangenheit nicht geführt werden sollen, erklärte Merz. Er habe sich als damaliger Oppositionsführer jedoch äußern müssen, „weil es einen offenen Streit um dieses Waffensystem gab“. Merz hatte seiner Zeit klar für die Lieferung der deutschen Marschflugkörper plädiert und im Wahlkampf Moskau damit gedroht, das Waffensystem zu liefern, sollte Russland seine Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine nicht einstellen. 

Merz über Wadephul-Vorstoß: „Das ist eine Hilfskonstruktion“

Zurückhaltend äußerte sich der CDU-Politiker zu einer von Außenminister Johann Wadephul (CDU) ins Gespräch gebrachten möglichen Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben. „Diese Diskussion um Prozentzahlen vom BIP, das ist eine Hilfskonstruktion, um mal Richtwerte zu haben, in welche Richtung wir denn mit der Aufrüstung der Streitkräfte gehen“, sagte Merz dazu. Stattdessen sollte es seiner Meinung nach mehr um die konkreten militärischen Fähigkeiten gehen: „Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, den europäischen Kontinent aus eigener Kraft heraus verteidigen zu können.“

Auf die Forderung von US-Präsident Donald Trump, dass die Nato-Staaten fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgeben sollten, ging Merz nicht ein. Auch die jüngsten Äußerungen seines Außenministers Wadephul (CDU), der sich zuvor bei einem Nato-Treffen in der Türkei öffentlich hinter die Forderung Trumps gestellt hatte, ließ der Bundeskanzler unkommentiert. (das/dpa)