Abo

Ampel-Koalition im StreitKubicki legt Lauterbach Rücktritt nahe – SPD ruft nach Lindner

Lesezeit 3 Minuten
FDP-Vize Wolfgang Kubicki schaut in die Kamera.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat sich mit dem SPD-Politiker Karl Lauterbach angelegt.

Schon lange sind sich die FDP und Gesundheitsminister Karl Lauterbach in der Corona-Politik nicht grün. Doch kurz vor der Berlin-Wahl kocht der Streit so richtig hoch.

In der Ampel-Koalition eskaliert der Streit um die Corona-Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). FDP-Vize Wolfgang Kubicki legte dem SPD-Politiker am Freitag einen Rücktritt nahe. Die SPD im Bundestag forderte daraufhin ein Einschreiten von FDP-Chef Christian Lindner. „Einen ehrenvollen Rücktritt würde Karl Lauterbach niemand vorwerfen“, schrieb Kubicki am Freitag auf seiner Facebook-Seite.

In dem Eintrag kritisierte der stellvertretende Bundestagspräsident die Corona-Politik der vergangenen drei Jahre scharf. Diese habe besonders bei Kindern und Älteren versagt. Kindern seien mit bewusster Angsterzeugung Lebenschancen genommen worden, Ältere in Altenheimen seien menschenunwürdig behandelt worden. „Karl Lauterbach war einer derjenigen, die daran mitgewirkt haben, kritische wissenschaftliche Stimmen auszugrenzen, Panik selbst zu schüren und die Grenzen des Verfassungsstaates zu verschieben“, schreibt Kubicki.

„Wenn er meint, jetzt mit einer „Schwamm-drüber-Mentalität“ zur Tagesordnung übergehen zu können, dann wäre das für den demokratischen, rechtsstaatlichen und sozialen Aufarbeitungsprozess fatal.“
Wolfgang Kubicki (FDP)

Kubicki bezog sich auf Lauterbachs Auftritt in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ am Donnerstagabend. Dort hatte der Minister im Rückblick selbst erneut Teile der Corona-Politik kritisiert. „Was Schwachsinn gewesen ist, wenn ich so frei sprechen darf, sind diese Regeln draußen“, sagte Lauterbach und bezog sich etwa auf das zeitweise ausgesprochene Verbot, ohne Maske joggen zu gehen.

Alles zum Thema Karl Lauterbach

Er sagte auch: „Wenn wir die Maßnahmen nicht gemacht hätten (...) wir hätten es einfach laufen lassen (...), dann wären in Deutschland ungefähr eine Million Menschen gestorben an Corona.“ Kubicki warf ihm vor zu versuchen, mit Unwahrheiten „sein Restrenommee“ zu retten. Die Vizechefin der SPD-Fraktion, Dagmar Schmidt, nannte es „absolut inakzeptabel“, einen Minister aus der eigenen Koalition zum Rücktritt aufzufordern, weil dieser „in der seriösen Nachbetrachtung der Pandemie“ Fehler benenne und Konsequenzen ziehe.

SPD bezeichnet Kubickis Verhalten als „absolut inakzeptabel“

„Unsere Geduld mit Herrn Kubickis irrlichternden Kommentaren zur Corona-Politik und Pandemie-Bekämpfung war ohnehin arg strapaziert“, sagte Schmidt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Bereits im Dezember hatte Kubicki gesagt, er gehe nicht davon aus, dass Lauterbach die ganze Legislaturperiode über im Amt bleibe. Lauterbach tue gerade alles, „um strukturelle Probleme des Gesundheitssystems und Verbesserungen gerade bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen umzusetzen“, so die SPD-Abgeordnete.

Derzeit arbeitet das Gesundheitsressort etwa an einer umfassenden Klinikreform. „Ich erwarte ein deutliches Wort von Herrn Lindner und damit ein klares Signal von Seiten der FDP, dass sie sich noch in der Lage sieht, Herrn Kubicki in die gemeinsame Regierungsverantwortung einzuordnen“, so Schmidt.

„Ein solcher Kotau vor den Querdenkern und Corona-Leugnern kurz vor der Berlin-Wahl ist wohl kaum Zufall“, sagte die Politikerin an die Adresse Kubickis. Zugleich sagte Schmidt, die Koalition widme sich auf Fachebene einer ernsthaften und seriösen Betrachtung der Pandemie. „Am Ende werden wir erkennen, dass Deutschland vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen ist.“ (dpa)

Rundschau abonnieren