Weder Trump noch Netanjahu hätten Interesse an einem Regimewechsel in Teheran, erklärt der Deutsch-Iraner Navid Kermani.
Kölner Autor KermaniTrump will Mullah-Regime nicht stürzen – ihn „interessiert Demokratie nicht“

Der Schriftsteller Navid Kermani sitzt während einer Podiumsdiskussion auf der Bühne bei der Lit.Cologne im Sartory Saal in Köln. (Archivbild)
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Der Kölner Schriftsteller Navid Kermani hat sich kritisch über die Angriffe Israels und der USA auf den Iran geäußert und seiner Sorge Ausdruck verliehen, dass der Krieg der Bevölkerung dort keine Freiheit bringen werde – ebensowenig wie Israel Sicherheit. Der Deutsch-Iraner fürchtet im Gegenteil um die demokratische Entwicklung im Herkunftsland seiner Eltern.
Kermani, der seit über 20 Jahren in Köln lebt, betonte in der Vergangenheit immer wieder, auch israelische Freunde zu haben. Das islamistische Regime in Teheran bezeichnete er in einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ als „Hauptsponsor des Hamas-Terrors“ gegen den jüdischen Staat. Der Iran sei der Schlüssel für die Befriedung der gesamten Region, so Kermani. Den Westen kritisierte der Autor dafür, die iranische Demokratiebewegung nicht ausreichend in ihrem Widerstand gegen das Mullah-Regime gestärkt zu haben.
Kermani: Krieg macht alles „noch schlimmer“
Einen positiven Einfluss der Angriffe Israels und der USA auf den Iran sieht Kermani auch aktuell nicht. Er befürchtet, dass der Krieg alles „noch schlimmer“ machen werde. Von außen könne das Regime nicht gestürzt werden. Im ZDF kritisierte Kermani den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der die Zivilbevölkerung zum Widerstand aufgerufen habe. Dies sei kontraproduktiv, da es das Narrativ der Mullahs unterstütze, die iranische Demokratiebewegung sei von Israel gesteuert, glaubt der Autor. Er geht davon aus, dass das Regime die eigene Bevölkerung in der Folge des Krieges „massakrieren“ werde, der 57-Jährige spricht von mehr Repressionen und Hinrichtungen.
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Die Rolle Deutschlands sieht der Kölner ebenfalls kritisch. Es sei nicht der nötige Druck gegenüber den Islamisten in Teheran aufgebaut worden. Wenn sich Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nun hinstelle und sage, Israel würde die „Drecksarbeit“ verrichten, sei dies den zivilen Opfern gegenüber beleidigend und entmenschlichend. Zu diesen Leidtragenden gehörten auch viele Menschen, die im Kampf gegen das Regime immer wieder Opfer gebracht hätten, erklärt Kermani.
Trump verkündet Waffenstillstand im Nahen Osten – kein Interesse an Regimewechsel
Israel hatte am 13. Juni einen Großangriff auf den Iran gestartet und bombardierte seitdem insbesondere Atomanlagen und militärische Einrichtungen in dem Land. Der Iran attackierte Israel seither im Gegenzug mit Raketen und Drohnen. Die USA waren dann in der Nacht zum Sonntag in den Krieg eingetreten und hatten die iranischen Atomanlagen Fordo, Natans und Isfahan mit B-2-Kampfjets und bunkerbrechenden GBU-57-Bomben angegriffen. Inzwischen verkündete US-Präsident Donald Trump einen Waffenstillstand. Unklar ist jedoch bislang, ob sich der Iran und Israel daran halten werden.
Im Deutschlandfunk sagte Kermani am Dienstag, Trump wolle definitiv keinen „Regime Change“. Den US-Präsidenten interessiere die „Demokratie in der Welt nicht“, sondern er wolle als der Triumphator aus der Krise herausgehen. Die iranische Regierung werde die Bevölkerung stärker knechten als zuvor, es würde beispielsweise nach israelischen Spionen gesucht werden. Israel habe durch den Schlag gegen die Atomanlagen höchstens einige Jahre Sicherheit gewonnen, diese sei nicht nachhaltig.
Sicherheit werde Israel langfristig nur erreichen, wenn es Frieden mit seinen Nachbarn schließe, so Kermani. Eine Demokratisierung des Iran sei der Schlüssel für Stabilität in der Region – aber an dieser seit Israel nicht interessiert. Dies habe die Bombardierung des berüchtigten Evin-Gefängnisses gezeigt, in dem Oppositionelle gefangen gehalten werden. (mit dpa)