Gefälschte Rezepte, Spam-Mails und eine grauer Markt im Internet: Patienten versuchen, an Abnehm-Spritzen heranzukommen, auch wenn keine Arztpraxis sie verschrieben hat. Der Apothekerverband Nordrhein nennt einen möglichen Ausweg aus der Misere.
NRW-Apotheker warnen vor KriminalitätMit gefälschtem Rezept zur Abnehmspritze
Die Begeisterung für Abnehm-Spitzen ruft in NRW offenbar immer häufiger Kriminelle auf den Plan. Der Apothekerverband Nordrhein berichtet von Rezeptfälschungen, mit denen Menschen versuchten, eine Packung der begehrten Medikamente Ozempic oder Wegovy zu bekommen, die auf dem Schwarzmarkt hohe Verkaufspreise erzielen.
„In den Apotheken haben wir inzwischen vermehrt mit gefälschten Rezepten zu kämpfen“, sagte der Verbandsvorsitzende Thomas Preis dieser Redaktion. „Die Nachfrage nach Ozempic und Wegovy ist immer noch sehr hoch. Das wird so bleiben und eher noch ansteigen.“
Ozempic ist ein verschreibungspflichtiges Medikament für Typ-2-Diabetiker, mit dem sie weniger Insulin brauchen und als positiven Nebeneffekt auch Gewicht verlieren. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Wegovy ist ein neueres wirkstoffgleiches und ebenfalls verschreibungspflichtiges Präparat, das höher dosiert werden kann und zur Behandlung von Fettleibigkeit zugelassen ist. Als „Lifestyle-Medikament“ sind die Kosten ab etwa 170 Euro bislang selbst zu tragen.
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Um beide Präparate ist eine weltweite Euphorie entstanden, die den dänischen Pharmakonzern Novo Nordisk Ende 2023 zum wertvollsten Unternehmen an der Börse in Europa gemacht hat. Längst blüht der Schwarzmarkt. Auch in anderen Bundesländern fallen Rezeptfälschungen durch falsche Farben oder falsche Namen auf.
Der Kölner Apotheker Thomas Preis beobachtet zudem mit Sorge, dass immer mehr Medikamentenfälschungen online gehandelt würden. „Der Graumarkt und zweifelhafte Internetangebote für Schlankheitsmittel werden immer bedenklicher. Wir haben hier überhaupt keine Handhabe, Menschen fachlich zu beraten und auf Fälschungen hinzuweisen“, sagt der Verbandsvorsitzende.
Er wirbt dafür, Arzneien wie Wegovy aus der Verschreibungspflicht zu nehmen: „Mit einer guten Beratung in der Apotheke sind die Medikamente gut verträglich. So können wir den Graumarkt mit oft gesundheitsgefährdenden gefälschten Schlankheitsmitteln eindämmen.“
Jens Grothues, Allgemeinmediziner aus dem Sauerland und Vorstandsmitglied beim Hausärzteverband Westfalen-Lippe, erwartet das Gegenteil: „Die Spam-Mails mit vermeintlichen Top-Angeboten zu Wegovy werden dann doch nur noch mehr werden. Warum sollte jemand zur Apotheke gehen, wenn er kein Rezept mehr einlösen muss?“
Auch Grothues berichtet von einer anhaltend hohen Nachfrage nach den Abnehmspritzen. Zuletzt habe er an vier aufeinanderfolgenden Tagen Aufklärungsgespräche mit Patienten zu Wegovy geführt. Der Beratungsbedarf sei groß, weil sie oft falsche Erwartungen haben: „Die appetitzügelnde Wirkung dieses Medikament endet ja, wenn man aufhört, es sich zu spritzen.“